IASLonline NetArt: Theorie


Thomas Dreher

Partizipation mit Kamera:
Von der Video-Kamera zum Kamera-Handy


in English


 

Vom experimentellen Film zum Video

Künstler beleben seit den fünfziger Jahren den experimentellen Film der zwanziger und frühen dreißiger Jahre wieder. 1 Sie gewinnen aus der Zerlegung des Mediums Film in Basiselemente – bearbeitbarer Zelluloidträger, Einzelbild (Phasenbild, Kader) und Tonspur – neue Kompositions- beziehungsweise Kombinationsweisen. 2 Die Filmkamera verliert gegenüber dem Filmmaterial Zelluloid und seiner Bearbeitung an Bedeutung.

1965 ändern sich die künstlerischen Arbeitsweisen mit den ersten erwerbbaren Videokameras. Ab 1968 steht mit dem Sony Porta Pak Ensemble mit leichtem, über der Schulter tragbarem Videorecorder und Videokamera ein System für Live-Aufnahmen zur Verfügung, mit dem in Echtzeit das Aufgenommene am Aufnahmeort abgespielt und im Kamerasuchfeld betrachtet werden kann. 3 Der Datenträger Zelluloid, der sich Kader für Kader am Schneidetisch bearbeiten lässt, wird vom Prozessor für das elektronische Signal, vom Videoschnittrecorder und von "Tools" für "Electronic Image Processing" abgelöst. Die Transformation des elektronischen Signals durch Prozessoren wie Mixer, Sequencer, Switcher oder Keyer ersetzt Trickfilmtechniken, die seit Ende des 19. Jahrhunderts für Einzelbildbearbeitung und Montage entwickelt wurden.

In den sechziger und siebziger Jahren experimentierten Stephen Beck, Tom DeWitt, Ed Emshwiller, Ken Knowlton, Nam June Paik, Eric Siegel, Stan VanDerBeek, Steina und Woody Vasulka u. a. mit Prozessoren, Synthesizern sowie Analog- und Digitalcomputern. 4 Auch hier wurde die Kamera zur ersetzbaren Quelle, da Synthesizer Eingangssignale generieren konnten: Für "Electronic Image Processing" war die Kamera nur eine Datenquelle unter anderen.

Künstler integrieren ab 1966 Beobachter als Akteure in Installationen mit Videokameras und Monitorprojektionen. In diesen reaktiven Installationen ist die Kamera eine unersetzbare Komponente: Sie ist der Sensor, dessen Input die Zuschauer beeinflussen und in `Echtzeit´ auf dem Monitor sehen können. In der Closed-Circuit Installation "Participation TV II" verwendet Nam June Paik seit 1971 den Input von drei Kameras und führt Möglichkeiten der Bildbearbeitung mit einem Videosynthesizer vor. Auch durch die Thematisierung der Funktion von Video in Überwachungssystemen gewinnt die Kamera in einer medienkritischen Neo-Avantgarde wieder an Bedeutung. 5

 

TV-Sendung und Partizipation

Das Amerikanische Fernsehen der siebziger Jahre teilte sich in Fernsehsender, die Kanäle im Hochfrequenzspektrum für Antennenempfang nutzten, und das neue Kabelfernsehen. Die technische Infrastruktur für Kabelübertragung musste in den Siebziger Jahren aufgebaut werden.

Durch die Begrenzung der Kanäle im Hochfrequenzspektrum wurden Interferenzen vermieden. Durch die wenigen verfügbaren Kanäle entstand ein Verteilungskampf zwischen privaten Fernsehsendern. Die Kosten für Kanäle mussten die Sender über Werbung einspielen. Im Cable TV gab es diese Begrenzung nicht. Alternative Kabelsender boten Möglichkeiten zur Verbreitung von Videofilmen, die mit geringen Kosten produzierbar waren, während das Commercial Broadcast zu Beginn der Siebziger Jahre Videofilme noch ablehnte. 6

"Zwei-Weg-Kommunikation" 7 realisierten Douglas Davis und Stan VanDerBeek ab 1970 in experimentellen Sendungen – als Antwort auf die "Ein-Weg-Kommunikation" der Massenmedien. Hochfrequenz-Sender übertrugen in den Projekten von VanDerBeek und Davis ohne Zeitverzögerung Publikumsbeiträge, die während der Sendung entstanden.

VanDerBeek und Davis zeigten durch Bildbearbeitung stark verfremdete Videos, die das Publikum kommentieren konnte. VanDerBeek experimentierte 1970 in Violence Sonata mit zwei Kanälen eines Bostoner Senders, die mit zwei nebeneinander stehenden Fernsehern simultan betrachtet werden konnten. Auf einem Kanal liefen Filme über Gewalt im Amerikanischen Alltag (WGBH, Kanal 2), die mit Überblendung und Farbmanipulation bearbeitete Aufnahmen zeigten, während auf dem anderen Kanal (WGBH, Kanal 44) Live gezeigt wurde, wie geladene Gäste im Studio über das Filmmaterial diskutierten, das ihnen in Ausschnitten gezeigt wurde. Über die Frage "Can man communicate?" diskutierten die Studio-Gäste und Zuschauer der Sendung. Die Zuschauer wurden aufgefordert, via Telephon zu antworten. Auch Davis integrierte in zwei Sendungen 1971 und 1972 Zuschauerkommentare über Telefonschaltungen. 8

Im Community TV auf Kabel konnten sich nicht nur Zuschauer melden und soziale Probleme artikulieren, sondern sie konnten auch Filme selbst produzieren. In staatlich und privat geförderten Video Access Centers wurden sie in den siebziger Jahren im Umgang mit dem Video-Equipment geschult. Im Community TV konnten soziale Konflikte gezeigt werden, die in Programmen des Commercial Broadcast ignoriert wurden.

Im Community TV und Videoaktivismus war die Integration der Beteiligten in den Produktionsprozess ausschlaggebend. Sofort nach der Aufnahme konnten Filmer und Gefilmte das Resultat sehen und entscheiden, ob es neu aufgenommen werden sollte. Da die Fertigstellung eines Videobeitrags im Unterschied zur Filmbearbeitung in relativ kurzer Zeit möglich war, konnte auf aktuelle Situationen schnell reagiert werden.

Videoaktivismus wird in Netzplattformen zu einer Ausdrucksform unter vielen: Das Video bleibt als Dokumentationsmittel in aktivistischen Sites wie Indymedia 9 relevant, wird aber Teil einer multimedialen Vermittlung von Themen. 10 Videobeiträge von Aktivisten sind einerseits geschlossene Einheiten, andererseits sind sie auf eine Netzumgebung mit Texten, Fotos und anderen Videobeiträgen angewiesen.

 

Internet und WebCam

Die technische Basis früher Netzprojekte von Künstlern lieferte das Mailboxnetz ARTEX, das 1980/81 im I.P. Sharp Associates (IPSA) Computer Timesharing Network etabliert wurde. 11 Roy Ascotts «La Plissure du Texte» war eine "planetary fairy tale", die 1983 über ARTEX vernetzte Autoren in elf Städten schrieben. 12 In der Pariser Ausstellung "ELEKTRA" konnte das Publikum die Entstehung von «La Plissure du Texte» auf Projektoren verfolgen, die mit Terminals der Autoren verbunden waren. Märchen-Rollen wie Zauberer, Prinz und Hexe wurden zwar zwischen Autoren in Amsterdam, Bristol, Honolulu, Sydney, Toronto und anderen Orten verteilt, doch glich das Resultat eher einem experimentellen, Erzählstrukturen auflösenden «Cadavre exquis» 13 als einem Märchen.

Dieses und andere Mitschreibeprojekte der achtziger Jahre 14 übernehmen elektronische Textübertragung auf direkte Weise in die Form kollaborativer Projekte: Die Fernverbindung von Rechnern führt zur additiven Verbindung von Textbeiträgen, die weit entfernt voneinander lebende Autoren schreiben. In den sechziger und siebziger Jahren werden die Kontakte zwischen Autoren und Künstlern, die in verschiedenen Erdteilen wohnen, häufiger. Aus Entfernungen überbrückenden Kommunikationen zwischen Autoren werden in Mitschreibeprojekten der achtziger und neunziger Jahre telekommunikative Kooperationen an einem Werk, in dem die Beiträge nacheinander folgen: "Connectivity" als technische Voraussetzung und Werkform. 15

Nach den textgebundenen "Kommunikationssystemen" 16 entsteht in den neunziger Jahren eine Netzkunst, die Browser und World Wide Web Standards integriert und teilweise thematisiert. Browser zeigen ab 1993 (NCSA Mosaic) Bilder in Textseiten, ohne sie extra laden zu müssen. Mit den durch Browser erweiterten Standardfunktionen 17, mit Protokollen 18 und World Wide Web-Standards 19 bekommt das Internet Regeln und eine abgestimmte technische Infrastruktur. 20

Amy Alexander bietet seit Frühjahr 1997 in The Multi-Cultural Recycler WebCams, die in andere Websites integriert sind, zur Auswahl an. Bis zu drei WebCams können Teilnehmer wählen – oder sie lassen das System wählen. Dann kann ein bildverarbeitendes Programm gestartet werden, dessen Funktionen nicht modifizierbar sind. Gefällt einem Teilnehmer das Resultat nicht, dann kann er das Bildtransformationssystem neu starten. Resultate können in einer Galerie gespeichert werden, die allerdings nur die letzten sechs Beiträge konserviert.

Alexander modifiziert mit "The Multi-Cultural Recycler" Netzprojekte mit Archiven für Bildbeiträge. Sie verwendet WebCams statt Fotos als Ausgangspunkt für Transformationsprozesse und stellt den Sinn von Databases in Frage, die beliebig mit Beiträgen auffüllbar sind und expandieren, ohne ältere Beiträge zu tilgen. Aus Ketten modifizierter Bilder bestehende Projekte wie Bonnie Mitchells "Chain Art Project" (1993) 21 zeigen im Archiv Sequenzen mit Veränderungen, die eine begrenzte Anzahl von Teilnehmern mit Verfahren eigener Wahl an je einem Foto ausführten.

Alexander will offensichtlich die Erwartung der Zuschauer in der Frühphase der NetArt, etwas aktivieren können, mit dem Zwei-Schritt-Verfahren vom Überblenden der Bildquellen zur Transformation des Überblendeten zugleich befriedigen und ad absurdum führen. Im Prozess vom WebCam-Komposit zur Bildbearbeitung wird dem Teilnehmer die Initiative für eigene Bildgestaltung entzogen. Er erhält nur geringe Wahlmöglichkeiten: Er bleibt der WebCam-Adressen wählende – oder auf die Wahl verzichtende – und den Start-Botton des Recyclers anklickende Beobachter – wie partizipativ eingebunden er sich auch immer fühlt. "The Multi-Cultural Recycler" konterkariert durch funktionale und ästhetische Indifferenz den Digitalbild- und Software-Konsum der sich im Netz exponierenden Photoshop-Hobby-Fotografen, der Leitbildern der Kreativität folgt. Diese strategische Indifferenz stellt sowohl die Bildinformation – die Referenz auf das Dargestellte – als auch ästhetische Leitbilder der Bildbearbeitung in Frage.

 

Überwachung der Überwachung

Robert Adrian X installierte 1981 für sein Projekt Surveillance eine Fernsehkamera vor 24 Monitoren im Kontrollraum der Wiener U-Bahn am Karlsplatz. Der Kontrollraum enthielt Monitore, deren Bilder von Überwachungskameras stammten, die in U-Bahnhöfen installiert waren. Das Zweite Österreichische Fernsehen sendete in Pausen des Abendprogramms 20 bis 60 Sekunden lang die Live-Bilder aus dem Kontrollraum. Robert Adrian X wollte die Bilder ohne Kommentar senden, doch die Redaktion bestand auf der Einblendung eines informierenden Titels während der ersten zehn Sekunden. 22 Adrian X zeigte die Überwachung der U-Bahn-Passanten mit den Mitteln, mit denen sie seit 1979 überwacht wurden.

Allerdings wird die Kameraüberwachung mit der TV-Sendung in Privatwohnungen versetzt: Jetzt wird der Fernseher zum Monitor, dessen Bilder in Echtzeit zeigen, was eine Kamera anderswo `beobachtet´. Die Überwachung öffentlichen Stadtraums aus Positionen, die der Öffentlichkeit entzogen sind, wird jetzt zugleich im Wohnzimmer privat wie öffentlich, weil an beliebigen Österreichischen Orten empfangbar. Die Öffentlichkeit kann stichprobenartig kontrollieren, was zwar – angeblich – in ihrem Interesse, aber hinter ihrem Rücken geschieht. Der in Privaträumen vereinzelte Fernsehzuschauer kann sich ebenso als Überwacher fühlen und der Polizei melden, was er sieht, wie er sich gegen die neue Überwachung engagieren kann. 23

Heath Bunting führt seit 1997 in CCTV – world wide watch 24 auf einer Webseite vier WebCams als Überwachungsinstrumente vor: Die Beobachtungen, die Netzteilnehmer in ein Feld schreiben und – angeblich als Fax – an Polizeistationen in den Kamerastandorten abschicken können, landen in einem Archiv. Das Archiv besteht aus vier Webseiten – für jede Kamera eine – mit in chronologischer Folge aufgelisteten Beiträgen. Die Archivseiten zeigen, ob der Umgang des Projektes mit Elementen der "Kontrollgesellschaft" 25 von den Teilnehmern als Maskerade erkannt wurde.

Alexander kappt in "The Multi-Cultural Recycler" – im Gegensatz zu Bunting – den Wirklichkeitsbezug bereits in der Überblendung der Kamerabilder und betont ihren Charakter als manipulierbare Daten. Die Differenz zwischen Videoaktivismus und Video Art bestand in aktionistisch-kamerabetonten Strategien einerseits und in künstlerisch-bildtransformatorisch die Kamera relativierenden Ansätzen andererseits. Diese Differenz kehrt im Einsatz der WebCams in Netzprojekten wieder. Allerdings stellen die Netzprojekte nicht mehr zwei Strategien eines alternativen Kameragebrauchs vor, sondern sie thematisieren einen vorgefundenen Mediengebrauch, indem sie ihn auf verschiedene Weise integrieren. Diesen Strategiewechsel zum Einsatz vorgefundenen Kameragebrauchs antizipiert Robert Adrian X: Da er – anders als Alexander und Bunting – die Kamera nicht direkt als gefundene Bildquelle verwendet, sondern die Überwachung mit einer extra installierten Kamera überwacht, nimmt er auch eine im Folgenden vorgestellte Strategie der `Überwachung der Überwachung´ vorweg.

Die Videokamera wird in zwei Projekten von 2002 und 2003 als Überwachungsinstrument thematisiert, das den öffentlichen Stadtraum und die auch dort zu achtende Privatsphäre der Passanten unterwandert. Das Sichtfeld privater Kameras erstreckt sich teilweise ebenso auf öffentliche Bereiche wie die Videoüberwachung der Polizei, deren Berechtigung und Effektivität bestritten wird.

Das Institute for Applied Autonomy (IAA) und Hactivist.com ermöglichen es in einem Gegenüberwachungsprojekt seit 2002 Passanten und Demonstranten, mit PDA 26 und GPS-Empfänger so viel Überwachungskameras 27 wie möglich zu umgehen. Das Projekt verbindet Maptivist 2.0, das drahtlose Zugänge zum Internet und die GPS-Ortung liefert, mit dem Programm iSee. Letzteres enthält Karten (von Manhattan, Amsterdam und Ljubljana) mit den Standorten von Überwachungskameras und bietet für ein Ziel die am wenigsten bewachten Wege an. Außerdem können Informationen über Absperrungen, die von der Polizei errichtet wurden oder werden, an die PDAs von Teilnehmern geschickt werden.

Die Erstellung von Stadtkarten mit Überwachungskameras für "iSee" setzt Autopsie voraus: Das Projekt bietet eine Strategie, die von Aktivisten ausgeführte Protokollierung der Überwachung zu nutzen. Die Aktivisten von IAA verstehen "iSee" nicht nur als Instrument, sondern auch als Provokation, öffentliches Interesse für die praktizierte Überwachung zu wecken.

Michelle Teran verteilte in Aktionen seit Januar 2003 (Life: A User´s Manual) schnurlose Videoscanner und Aufnahmegeräte an Teilnehmer. 28 Die Videoscanner wurden zum Aufspüren drahtloser privater Verbindungen zwischen Überwachungskameras und Monitoren (CCTV) eingesetzt. Teilnehmer fanden bei Stadtrundgängen mit Videoscannern Aufnahmen von Überwachungskameras: Die alltäglich gewordenen Verstöße gegen die Privatsphäre in Geschäftsbereichen und deren öffentlichen Umgebungen wurden Passanten an den Fundorten – also vor den Geschäften – auf den kleinen Monitoren der Videoscanner präsentiert. Außerdem dokumentiert eine Website die aufgenommenen Videos und lokalisiert die Fundorte auf Karten.

In Rundgängen zeigte Teran (zum Beispiel in Brüssel, Argos Walk, 23.10.2003) auf Monitoren, die sie in einem Einkaufswagen vor Geschäfte schob, was ihr Videoscanner aufnahm.

Die Projekte "iSee und Maptivist 2.0: Surveillance" sowie Terans "Life: A User´s Manual" führen den aktuellen Gebrauch von Überwachungskameras vor. Mit dieser Vorführung demonstrieren das Institute for Applied Autonomy und Hactivist.com, wie dieser Kameraeinsatz registrier- und umgehbar ist, während Teran zeigt, wie Überwachung mit den Kamera-Mitteln der Überwachung aufgedeckt werden kann. Die häufig ohne Rücksicht auf gesetzliche Restriktionen ausgeführte Überwachungspraxis wird mit Mitteln der Überwachung in den vier zuletzt vorgestellten Projekten vorgeführt, um öffentliche Diskussionen zu provozieren. 29 In den Projekten von Teran und dem Institute for Applied Autonomy mit Hactivist.com kehrt Aktivismus von im Internet abrufbaren WebCam-Bildern zurück an die Aufnahmeorte von Überwachungskameras.

Die Überwachung durch den überwachten Bürger entzieht den Überwachern die Möglichkeit, im Verborgenen, also von der Öffentlichkeit unbemerkt zu agieren. Die `Überwachung der Überwachung´ erhebt den Anspruch, die Kontrollierenden einer öffentlichen Kontrolle zu unterziehen und fordert, den "Silent Theft" 30 an der Privatsphäre zu beenden.

 

Interaktive Stadterfahrung

In aktuellen Projekten werden – mit GPS, Mobilfunk und WiFi – neue technische Netze und Systeme mit lokaler und globaler Reichweite in netzbasierte Systeme integriert. In anderen Projekten wird Mobilfunk als zentrales Medium eingesetzt, an das GPS und Eingaben über Internet angeschlossen sind. 31

Teilweise werden die Nutzungsmöglichkeiten mit Computer, PDA, Mobiltelefon, Kamera-Handy, Kamera und GPS-Empfänger in den Anleitungen nicht detailliert ausgeführt. Mobiltelefon, Kamera und GPS-Empfänger können in einem Gerät zusammengefasst sein, müssen aber nicht. Kenntnisse der technischen Möglichkeiten werden von Teilnehmern vorausgesetzt, um die von ihnen erwarteten Aktionen ausführen zu können. Viele Projekte lassen offen, wie die Lokalisierung von Kamerabeiträgen ausgeführt wird: Sie kann am Aufnahmeort mit einem GPS-Empfänger im Mobiltelefon oder nachträglich auf verschiedene Arten erfolgen. Außerdem gibt es verschiedene Möglichkeiten, Bildbeiträge und Texte während eines Stadtrundgangs oder hinterher in die Database eines Projektes einzubringen, da Mobilfunk und Internet alternative Zugänge bieten.

In Yellow Arrow 32 von Counts Media können Teilnehmer gelbe Pfeile an Orten ihrer Wahl anbringen. Einem Teilnehmer werden auf Bestellung Pfeile mit aufgedruckten Pfeilcodes zugeschickt. Er befestigt die Pfeile mit ihrer klebenden Rückseite an ausgewählten Orten und schickt pro Pfeil eine SMS mit dem Pfeilcode und seinem Kommentar an eine Mobiltelefonnummer von "Yellow Arrow", die von Land zu Land variiert. Den Kommentar können Passanten auf dieselbe Weise abrufen. Die Website des Projektes stellt Fotografien der Pfeile und die eingesandten Texte neben einer Straßenkarte von MapQuest vor, auf der die Orte markiert sind. Alle Pfeile eines "Featured Place" werden in der Webpräsentation oben auf Aufnahmen (so weit vorhanden) der "Google Maps" präsentiert. Darunter erscheint die Dokumentation der ausgewählten Pfeile. Außer Fotos können auch Film- und Tondokumente auf (dem Server) der Website gespeichert und abgerufen werden. Es ist möglich, die hinterlegten Texte auf der Website zu kommentieren: Kommentare können über Mobiltelefon oder einen Rechner mit Netzanschluss eingesandt werden. Die Autoren des Kommentierten wiederum können die Kommentare löschen.

"Yellow Arrow" umgeht Ortungstechniken wie GPS oder Funkzellenlokalisierung durch die Pfeile (bzw. Pfeilcodes) vor Ort und durch ihre Lokalisierung auf Netzkarten. Weitere, unten vorgestellte Projekte verwenden Ortungstechniken und verzichten auf Markierungen "in situ".

Die Bild- und Textbeiträge von Teilnehmern werden heute in Webpräsentationen meist in GeoTags auf Google Maps vorgestellt. "Yellow Arow" integriert die Lokalisierung via "GeoTagging" nachträglich: Die Umsetzung der Eingaben von Straßennamen mit Hausnummern in Tags auf Karten bieten Google Maps und – vom JavaScript mit der Applikation für Google Maps (API) aus – der "Maps API geocoder". 33

 

Weg und Karte

Karten zeigten Wege und Wegmarkierungen als "Wegtagebuch", bevor im 16. Jhdt. Weltkarten entwickelt wurden. In Weltkarten ist die Erdkugel nach geodätischen Kriterien aufgeteilt und jeder Ort ist mit Längen- und Breitengraden indexierbar: Was im "Wegtagebuch" noch "disparate Elemente" sind, wird auf der Weltkarte in einen "Gesamt-Schauplatz" integriert. Die Entwicklung der Kartographie führt zu einer "totalisierende[n] Planierung der Beobachtungen." So stellt Michel de Certeau den historischen Zusammenhang von Weg und Karte vor. 34

In Rastern der "Google Maps" werden Satelliten- und Luftaufnahmen geladen, welche die Welt noch einmal und jetzt fotografisch erfassen. Im "Hybrid" der Google Maps werden auf die Aufnahmen aus der Vogelperspektive Orts- und Straßennamen projiziert.

Das Gegenstück zum "Gesamt-Schauplatz" der Weltkarten sind die Wegspuren, die GPS-Zeichnungen zeigen. In Jeremy Woods und Hugh Pryors Plattform GPS Drawing können Teilnehmer Wegzeichnungen speichern, die mit der Track-Aufzeichnung des GPS-Empfängers entstanden. Tom Carden und Steve Coast installierten im Dezember 2004 die Plattform Open Street Map (OSM). In "OSM" fügen sich die GPS-Spuren vieler Beteiligter zu Wegkarten. Die Wege sind Teile einer Weltkarte, die in der Website auf im `Tiefflug´ unscharfen Google Maps erscheinen. Weil sich die GPS-Spuren auf der Karte überlagern, sind häufig begangene Wege dicker als andere (Stand: September 2006).

Den Anlass für dieses Projekt lieferte ein Europäisches Problem: Während für digitale Karten und Luftaufnahmen der Amerikanischen Regierung der "Freedom of Information Act" gilt und sie frei verfügbar sind, sind Karten europäischer Länder Urheber- und Verwertungsbeschränkungen unterworfen. "OSM"-Karten sind frei verfügbar. 35

Zu den schwerer lösbaren technischen Aufgaben gehören Darstellungen von Wegen auf Karten, die in Ausschnitten mit Mobiltelefon vor Ort abgerufen werden können. Street Stories, ein von Warren Sack und Studenten seit Frühjahr 2002 in San Francisco zum Teil ausgearbeitetes Projekt, sieht in Version 2.0 (2004) vor, in Mobiltelefonen mit GPS-Empfang Wege (und im Webinterface mit den Pfeiltasten) auf Luftaufnahmen zu zeichnen und einzelne Wegpositionen mit abhörbaren "Geonotes" zu versehen. 36 So aufgezeichnete Rundgänge sollen dann auf dem Mobiltelefon eingesehen und die "Geonotes" abgehört werden können.

In Kartensysteme integrieren aktuelle Projekte Orte und Wege, die durch GPS-Messung oder alternative Ortungstechniken 37 erfasst werden. Orte auf diesen Wegen sind annotiert und annotierbar. Die Annotationen bestehen aus Beiträgen von Teilnehmern mit Fotos oder Filmen und Texten, die über Mobilfunk oder Internet eingesandt wurden.

Eine anschauliche Wegedarstellung auf einer Website gelang Just van den Broecke 2006 in Sense of the City. Karten oder Aufnahmen von Eindhoven aus der Vogelpespektive zeigen Wege, die zehn Vertreter verschiedener Berufsgruppen in täglichen Rundgängen zurück legten. Wegstationen sind mit Fotos und Kommentaren der Teilnehmer versehen. Van den Broecke setzte in diesem für weitere Beiträge nicht mehr offenen Projekt die Software GeoTracing ein. Er entwickelte "GeoTracing" auf der Basis der Multimedia-Plattform KeyWorx, die von Mitgliedern der Amsterdamer Waag Society ausgearbeitet wurde.

Ein Server mit der Software "GeoTracing" steht für Projekte wie GeoBiking, GeoSailing und GeoSkating zur Verfügung 38: Teilnehmer können in diesen Websites Wege und annotierte Wegstationen – Fotos und Kurztexte – speichern. Fotos und Annotationen können mit Mobiltelefon (Bluetooth) und GPS-Empfangsgerät via MobiTracer-Applikation während einer Tour erstellt werden. Ein WebEditor für die nachträgliche Bearbeitung ist verfügbar, der die Zusammenführung von GPS-Daten, Text und digitalen Fotos (oder Videos) erleichtert. Die archivierten Wege sind auf Karten und Satelliten- sowie Luftaufnahmen einsehbar.

Im N8spel der Waag Society 39 konkurrierten im November 2005 Teilnehmer mit GPS-Empfänger und Kamera-Handy im Erstellen einer Acht als GPS-Zeichnung. Der Server von "GeoTracing" wurde im "N8spel" ohne Modifikationen eingesetzt. Eine Jury begutachtete nach Spielende die eingesandten GPS-Zeichnungen. Sie wählte in kurzer Zeit die beste Acht und bewertete die Filme und Fotos, die während der Stadtrundgänge in das Amsterdamer Spielzentrum in De Waag (ehemaliges Stadttor Sint Antoniespoort, 1488, Nieuwmarkt) geschickt wurden. Die mit Kamera-Handys erstellten Dateien mussten per e-mail mit Lokalisationsdaten an die Website des Spieles übertragen werden.

 

Urbane Räume und Datenräume

Die vorgestellten aktuellen Kommunikationssysteme mit GeoTagging oder GeoTracing (beide ab 2005) weisen ein "komplexeres Netz von Differenzierungen" 40 auf als dies noch im Videoaktivismus der Siebziger Jahre und in der Netzkommunikation mit WebCam Mitte der Neunziger Jahre konzipierbar war. Der individuelle Beitrag mit seiner lokalen Kameraposition erscheint auf Karten, die aus `fliegenden´ Kamerapositionen zusammengesetzt sind. Diese Satelliten- und Luftbilder `füllen´ den "geometrischen Raum" der Weltkarte mit aktualisierbaren Bildern eines `Weltzustands´.

In über Internet überregional auf der Basis von Google Maps organisierten Projekten mit annotierten Orten wird das Verhältnis von "anthropologischem" und "geometrischem Raum" 41 prekär: Aspekte des erlebten und erlebbaren regional begrenzten "anthropologischen Raums" werden zwischen Teilnehmern zwar in Bild und Text kommunizierbar, doch geschieht dies im überregionalen Kommunikationsrahmen mit der Weltkarte, in der regionale "Projekte" oder "Galerien" und andere Rahmen-im-Rahmen ausgegrenzt werden müssen: Lokalisierung im "Gesamt-Schauplatz" Welt.

Anab Jain setzt in Yellow Chair Stories, die sie im Juni 2005 zum ersten Mal in London realisierte, weder Kamera noch Karten ein. 42 Das Projekt dient in der folgenden Argumentation als Komplement zu Netzprojekten mit Karten und lokalisierten Foto- oder Filmbeiträgen.

Jain stellt einen gelben Stuhl vor ihren Hauseingang (43, Sinclair Road). Hinter dem Stuhl ist ein Schild mit folgender Aufschrift befestigt: "My WiFi network is open for neighbours and passersby. Free access from this chair!" Die Aufschrift lädt Passanten dazu ein, mit ihrem Laptop (mit WiFi-Karte) Jains Rechner und seinen offenen WiFi-Zugang nicht nur als Zugang zum Internet zu verwenden, sondern auch ihr Today´s Offer im "shared folder" zu lesen oder zu hören und Kommentare zu hinterlassen – Jain: "Both the sign and the chair defined a 'real world blog space' – a territory for conversation between neighbours." 43

Die in Jains Rechner hinterlassenen Kommentare können Teilnehmer im Umkreis ihres offenen drahtlosen Zugangs einsehen. Der Rechner ist die Basis für ein lokales Netzwerk zwischen Nachbarn, das nicht wie Newsgroups, Mailing Lists und Blogs überregional verfügbar ist. Jain verknüpft den markierten `Ort´ im Stadtraum mit zwei Datenräumen – ihrem Rechner für das Nachbarschaftsnetz und dem Internet. 44

Auf Jains Art der Regionalisierung via Nachbarschaftsnetz verzichten Projekte, die Karten, Kameras und Übertragungen zwischen Mobilfunk und Internet in den Vordergrund ihrer Offerten für interaktive Stadterfahrung stellen. Die von Teilnehmern in Beiträgen berichtete Stadterfahrung und verschiedene Organisationen der Database nach Kriterien der Beitragszuordnung verbinden sich je nach Projekt verschieden in der Präsentation auf überregionalen Kartensystemen.

So können in MapHub der Carbon Defense League 45 Gruppen "Hubs" im Archiv installieren. In einem "Hub" können Tags für ein Thema im Archiv gespeichert werden. Die Tags eines "Hubs" erscheinen auf der Karte von Pittsburgh mit einem eigenen Signet: Die Stadtkarte wird zur Datenlandschaft, sortiert nach Referenzen auf Charakteristika des Stadtraums. Das Projekt wurde zwar nur für Pittsburgh eingerichtet, das als Open Source verfügbare System (Creative Commons Attribution-ShareAlike 2.0) kann aber für Projekte in anderen Städten übernommen werden.

Projekte für interaktive Stadterfahrung liefern Kommunikationssysteme, deren Bekanntheit und Nutzung auch von Bemühungen einiger Organisatoren abhängt, Teilnehmer zu gewinnen. Projekte, die sich in der sozialen Praxis in einer Stadt unter anderem durch rege Teilnahme bestätigt haben, sind von anderen Städten übernommen worden. "Yellow Arrow" startete 2004 als Website für New York. Nachdem eine Website 2004 für Boston und 2005 länderspezifische Sites für Deutschland, England und Dänemark eingerichtet wurden, sind diese Sites in eine übergreifende Plattform (Version 2.0, November 2005) integriert worden, die heute Pfeile aus 38 Ländern dokumentiert. "Yellow Arrow" stieg vom lokalen zum überregional organisierten Projekt auf, in dem Zuschauer zwischen "Galleries" wählen können, die nach Ländern, Städten, Projekten und Teilnehmern sortiert sind.

Das in einem Beitrag in Bild und Text Dokumentierte kann in Projekten mit Karten und ortssensitiven Medien an Kontur gewinnen in Relation zu der Dichte an Daten, für die andere Beiträge sorgen. Das Archiv mit allen Beiträgen bildet einen Datenpool, der einzelne Beiträge gleichzeitig stützt und relativiert. Vor dem Hintergrund des "geometrischen Raums" der Kartensysteme erscheint der Datenpool eines Projektes als kollektiver Erfahrungshorizont, der kooperativ erarbeitet wird, und der sich mit den lokalen Schwerpunkten und den Beiträgen verändert.

Die relativ beliebige Rolle des eigenen Beitrags in `unbegrenzt´ offenen und viele Städte umfassenden Projekten wie "Yellow Arrow" einerseits und sein Gewicht in geschlossenen Projekten wie "Sense of the City" (s. o.) andererseits markieren zwei Pole auf einer Skala an Möglichkeiten für Mapping mit Ortungstechniken. Da in "Yellow Arrow" innerhalb der "Featured Places" "Projects" gebildet werden können, und deren Entwicklungsstand überschaubar ist, arbeitet die Website der Beliebigkeit einzelner Beiträge durch Rahmen-im-Rahmen entgegen.

Unter den Mitschreibeprojekten der Neunziger Jahre wurde und ist der Link und Filter verbindende Assoziations-Blaster von Dragan Espenschied und Alvar C. Freude das populärste Projekt, in dem viele Teilnehmer seit 1999 Beiträge speichern. 46 Die dezentriert-horizontale Ausbreitung des "Assoziations-Blaster" ist von der Schichtung von Daten in Archiven, die sich teilweise aus verteilten Databases – zum Beispiel Google Maps und Flickr.com 47 – zusammensetzen, abgelöst worden. Die vertikale Gliederung über einigen Stützpunkten und die Fokussierung auf lokale Schwerpunkte sind seit 2005 Charakteristika neuer Formen der Organisation von Informationen. Die `Stützpunkte´ eines Projektes liefern die Organisation der Medienkombination (inklusive Lokalisierung) und der Informationsebenen des Beitragsarchivs.

 

Die Kunst des Handelns: nur lokal?

Michel Foucaults Untersuchungen von "Dispositiven" der "Disziplinargesellschaften" 48 und Gilles Deleuzes kurze Skizze eines Wandels zu "Kontrollgesellschaften" 49 verband William T. Cavanaugh mit Michel de Certeaus Kriterien des "Raums" zu einer Kritik der Globalisierung: Als Kennzeichen der Globalisierung werden universelle oder universalisierte, von lokalen Besonderheiten und individuellen Erlebnisräumen absehende "geometrische Räume" ausgewiesen. 50 Globalisierung erscheint als von den "Disziplinar-" und "Überwachungsgesellschaften" betriebene und in den "Kontrollgesellschaften" fortgesetzte Subordination des "anthropologischen Raums" unter den "geometrischen Raum".

Als Kennzeichen der Dominanz des "geometrischen Raums" in "Überwachungs-" und "Kontrollgesellschaften" lassen sich ausweisen:

  • die geodätische Einteilung der Weltkarten zur Lokalisierung aller auf der Erde möglichen Orte,
  • die Beobachterposition von Kameras aus der Vogelperspektive von Satelliten und Flugzeugen,
  • die Raster von Google Maps für kartographisches Bildmaterial, und
  • die seit 2000 für zivile Nutzung verfügbaren GPS-Signale von Satelliten des U.S. Verteidigungsministeriums.

Gegen diese Raumauffassung der "Überwachungs-" und "Kontrollgesellschaften" lässt sich Handeln im "anthropologischen Raum" als Idealvorstellung einer von Globalisierung freien oder befreiten Umwelt ausspielen.

So bezeichnet Brian Holmes in "Durch das Raster schweifen" den "geometrischen Raum" der nach geodätischen Kriterien gegliederten Weltkarten und die technische Infrastruktur des GPS als Bestandteil des "hyper-rationalistische[n] Rasters der imperialen Infrastruktur", von der er die "Psychogeographie" der Situationisten absetzt. "Mapping" mit Ortungstechniken erscheint Holmes in "Durch das Raster schweifen" im besten Fall als "eine Festschreibung des Individuums, ein geodätisches Maßwerk individueller Unterschiede", das in relevanten Projekten nur eine "fragile, mit Mehrdeutigkeiten gespickte Geste" bilden kann. 51

Mit Versuchen der Übertragung von Bedeutungsfeldern des situationistischen Begriffs "Psychogeographie" auf Eigenschaften von Projekten mit "Collaborative Mapping" und Ortungstechniken, liefern Autoren wie Chris Byrne, Ben Russell, Alison Sant, Marc Tuters, Kazys Varnelis und Tobias C. van Veen 52 einer Kritik, wie sie Brian Holmes vorführt, Anlässe, die offensichtlichen Abweichungen dieser Projekte von situationistischem Umherschweifen als Globalisierungsfolgen zu kritisieren. 53

Der Begriff "Psychogeographie" kennzeichnete in der Lettristischen Internationale (1952-57) und im Situationismus (1957-72) die Protokollierung einer Stadterfahrung, die durch gezielt zielloses Umherschweifen provoziert wurde. Der Begriff müsste, wenn er bei Projekten für "Collaborative Mapping" mit Ortungstechniken und Kamera sinnvoll sein soll, mittels "Environmental Psychology" neu definiert werden: Die im urbanen Alltag relevanten Beobachtungsweisen, nicht ihre situationistische Auflösung, sind Thema dieser Projekte. Was im Situationismus als eindimensionaler Alltag entlarvt werden sollte, erweist sich als vielgestaltig: die Schemata der Selbstorientierung in sozial vorcodierter urbaner Umwelt. 54

Es gibt einen anderen Ansatz, mit dem Aspekte von "Kontrollgesellschaften" erst untersucht und dann bewertet werden. Allerdings war dies Resultat eines Fehlstarts:

Alexander R. Galloway und Eugene Thacker interpretieren in "The Limits of Networking" die Protokolle des Internet, welche die technischen Voraussetzungen der Datenübertragung zwischen Rechnern regeln, als Teil einer "techno-culture", die "a totalizing control apparatus" bilde. Das Konzept eines geschlossenen Blocks, der mit einer "counterprotocol practice" anzugreifen sei 55, weicht in Galloways Buch "Protocol" einer mehrschichtigen Analyse. Protokolle konstituieren in Galloways revidiertem Ansatz zwar Möglichkeiten der Kontrolle des Internet 56 und sie werden als Charakteristikum einer "Kontrollgesellschaft" ausgewiesen, doch ist damit nicht gesagt, ob und wie Macht mit technisch erweiterten Mitteln der Kontrolle ausgeübt wird. 57

In den oben vorgestellten Projekten für Ortungstechniken werden weitere Technologien der "Kontrollgesellschaften" eingesetzt. In Plattformen für "Collaborative Mapping" mit Ortungstechniken lassen sich Beobachtungsweisen des Urbanen artikulieren, die weder von Stadtbilder prägenden Entscheidungsträgern in Hochbauämtern noch von Architekten oder Investoren ausreichend berücksichtigt wurden und werden. Die Aufmerksamkeit der Stadtbewohner richtet sich nicht nur auf die Spuren von Regulierungsmaßnahmen und auf Neubauten, sondern auch auf Konglomerate aus verschiedenen Bau- und Nutzungsphasen, die häufig von besagten Aktivitäten bedroht sind, obwohl sie als "Vorstellungsbild" 58 und wichtiger Bestandteil einer sozialen Struktur im Gedächtnis bleiben.

Städte sind auf eine Balance zwischen sozialer, ökonomischer und ökologisch bedingter Infrastruktur angewiesen. Der Erhalt dieser Balance zwingt zur Regulierung. Mit ihrer Artikulation von Stadterlebnissen und Stadtvorstellungen in Projekten, die dafür Plattformen schaffen, fordern Teilnehmer die laufende Wiederherstellung des Gleichgewichts. Die Projekte fordern diese Ausbalancierung nicht nur direkt über Kritik der Beitragenden an der Gefährdung urbaner Infrastruktur, sondern auch indirekt über Verweise auf die Rolle urbaner Vielfalt. Beiträge über (Erinnerungen an) Verkehr, Geschäfte, Einwohner und Passanten erzählen über Kulturen und soziale Schichten, die ein Stadtviertel bestimmen und bestimmt haben. Zu einfache Globalisierungskritik gibt mit der Kritik an "geometrischen Räumen" diese Artikulationsmöglichkeit für urbane Vielfalt und Ausbalancierung auf, die Projekte für "Collaborative Mapping" mit Ortungstechniken schaffen. 59

Die Projekte sollten Stadt im Wandel nicht nur archivieren, sondern gemeinsam mit Projekten, die `Überwachung durch Überwachung´ thematisieren, zum Wandel des Wandels beitragen können: Wird der Stadtraum zum lokalen Spiegel von globalen Investorenaktivitäten und wird er von Besitzstandwahrung via Videoüberwachung als öffentlicher Raum ausgehöhlt, oder kann er als öffentlich-urbaner Raum laufend wieder belebt werden?

 

"Cognitive" und "Collaborative Mapping"

Brian Holmes´ Vorliebe für "Cognitive Mapping" 60 von Denkweisen und Machtstrukturen sowie seine Reserve gegenüber "Collaborative Mapping" mit Ortungstechniken, vor allem mit GPS, provoziert zu folgender Überlegung:

Unter "Cognitive Mapping" können sowohl Beobachtungsoperationen, die Zusammenhänge gliedern, als auch deren Resultate in Form von Diagrammen (z. B. Concept Maps) verstanden werden. Der Leser wird diesen Diagrammen die Doppelrolle der Rekonstruktion von Strukturen und des Einflusses auf seine Vorstellungen von diesen Strukturen zugestehen. Diagramme `strukturieren´: Sie veranschaulichen Zusammenhänge auf der Basis vergangener Erfahrungen, und beeinflussen damit Vorstellungen und Planungen, in denen entschieden wird, was möglich sein wird.

"Collaborative Mapping" mit Ortungstechniken nutzt die Möglichkeiten, Texte, Fotos und Filme auf Karten zu präsentieren, um Datenfigurationen entstehen zu lassen, die vorhandene Vorstellungen der `Kartenleser´ vom Stadterleben und Leben in der Stadt bestätigen, ergänzen, modifizieren und überschreiten können. Aus den auf Karten projizierten Beiträgen ergeben sich Beobachtungsweisen, die selbst Anlässe für "Cognitive Mapping" liefern: Es geht nicht darum, das soziale Leben einer Stadt abzubilden, wie es `real´ `ist´, sondern darum, wie auf diesen Realitätswiedergabe- und Ganzheitsanspruch verzichtet wird. Wie es war, ist und nach Vorstellungen der Beteiligten sein kann – Gedächtnisprotokoll und Imagination – diese Zusammenhänge können weder in den Einzelkommentaren oder in der Bildauswahl, noch in den Konfigurationen, welche die Beitrage im Projekt bilden, scharf voneinander trennbare Ebenen sein. Das Spielfeld für diese Konfigurationen, die individuelle Leseweisen provozieren, liefern digitale Informationssysteme für den Gebrauch von die Welt umfassenden Karten, Satelliten- und Luftbildern.

Der "anthropologische Raum" erschließt sich auch über den "geometrischen Raum": Mit globaler Raumorganisation wird eine mehrschichtige lokale Selbstorientierung möglich. "Collaborative Mapping" mit Ortungstechniken ist eine der Möglichkeiten, diesen Zusammenhang zur Grundlage der Artikulation interaktiver Stadterfahrung zu machen. Eine Ebene für die Relationierung von Globalem mit Lokalem liefert die Ortung auf Weltkarten, eine weitere Ebene liefern die Beiträge, in denen die Erfahrung des Globalen im Lokalen direkt oder indirekt in Bild und Text ausgedrückt wird.

Während Holmes mit de Certeau abweichendes Verhalten von Passanten als «détournement» der Ordnung des Städtebaus und des Stadtlebens ausweist 61, lassen sich mit Fredric Jameson auch noch in Versuchen der "Entwendung" die Folgen der Organisation des "geometrischen Raums" aufzeigen. An der Rekonstruktion des Zusammenspiels von überregional organisierten Systemen, die Alltagspraxis erleichtern, mit solchen, die es erschweren oder behindern, und an der Analyse, warum dies der Fall ist, führt kein Weg vorbei: Globalisierungskritik ohne Fluchtpunkt. 62

Wenn – mit Fredric Jameson – "the project of cognitive mapping obviously stands or falls with the conception of some (unrepresentable, imaginary) global social totality that was to have been mapped" 63, dann sind Vermittlungen zwischen globalen und lokalen Prozessen Konstituens einer "Geschichte in Arbeit" 64, die im Lokalen das Globale erkennen und kritisieren will. 65



Dr. Thomas Dreher
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Homepage mit zahlreichen kunstkritischen Texten, u.a. zur Konzeptuellen Kunst und Intermedia Art.

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Anmerkungen:

1 Die Künstler sind "Filmemacher", die mit dem Material Film arbeiten.
Geschichte des experimentellen Films der Zwanziger und Dreißiger Jahre: Drummond, Philip u.a.: Film as Film. Formal Experiment in Film 1910-1975. Kat. Ausst. Hayward Gallery. London 1979, S.17-89; Hein, Birgit: Film im Underground. Von seinen Anfängen bis zum Unabhängigen Kino. Frankfurt am Main u.a. 1971, S.24-55; Russett, Robert/Starr, Cecile: Experimental Animation. Origins of a New Art. New York 1976/Zweite Auflage 1988, S.33-71.
Zu den Lettristischen Filmen ab 1950: Debord, Guy: Gegen den Film. Filmskripte. Hamburg 1978 (i.O.m.d.T. Contre le cinema. Aarhus 1964), S.17ff.; Drummond, Philip u.a.: Film as Film, s.o., S.142f.; Ohrt, Roberto: Phantom Avantgarde. Eine Geschichte der Situationistischen Internationale und der modernen Kunst. Hamburg 1990, S.26-42.
Abbildungen zu den besprochenen Werken: siehe die Bildstrecke (ppt mit 6 MB oder pdf mit 5 MB).
Begriffe wie Künstler, Akteur, Aktivist u. a. stehen auch für die femininen Formen Künstlerin, Aktrice, Aktivistin u. a. Dies geschieht aus praktischen Gründen, weil Alternativen wie "der/die KünstlerIn" oder "der Akteur/die Aktrice" Sätze besonders dann unlesbar machen, wenn die Maskulin/Feminin-Varianten mehrfach in einem Satz durchgespielt werden müssen. zurück

2 Die experimentellen Filme, die 1957 in Wien Marc Adrian, Kurt Kren und Peter Kubelka und 1958 in New York Bruce Conner und Raphael Montañez Ortiz ausführen, konzentrieren sich auf das Filmmaterial – auf das Einzelbild beziehungsweise den Kader – und seine Bearbeitbarkeit mittels Montage. Die Wiener konstruieren abstrakte Filme und die New Yorker zerlegen gefundene Filme ("Found Footage").
Wien 1957: Adrian, Marc/Kren, Kurt: Black Movie, 1957; Kren, Kurt: Versuch mit synthetischem Ton, 1957; Kubelka, Peter: Adebar, 1957. Alle in: Horweth, Alexander/Ponger, Lisl/Schlemmer, Gottfried (Hg.): Avantgardefilm Österreich. 1950 bis heute. Wien 1995, S.40-44,116f.,143f.; Scheugl, Hans: Erweitertes Kino. Die Wiener Filme der 60er Jahre. Wien 2002, S.25f.,32,194.
New York 1958: Conner, Bruce: A Movie, 1958. In: Haskell, Barbara/Hanhardt, John G.: Blam! The Explosion of Pop, Minimalism and Performance 1958-1964. Kat. Ausst. Whitney Museum of American Art, New York 1984, S.122f.; Hein, Birgit: Film im Untergrund. Von seinen Anfängen bis zum Unabhängigen Kino. Frankfurt am Main u.a. 1971, S.78; Sitney, P. Adams: Visionary Film. The American Avant-Garde. Oxford 1974, S.348f. Ortiz, Raphael Montañez: Cowboys and Indians, 1958. In: Dreher, Thomas: Destruktionskunst für und in selbstinstituierender Gesellschaft. In: neue bildende kunst. Nr.1/Februar-März 1998, S.57f. Neu in: URL: http://dreher.netzliteratur.net/ 2_Performance_Ortiz_Text.html (27.7.2006). zurück

3 Sony CV-2400 Porta Pak, ab 1968. In: o.A.: Sony CV-2400 Porta Pak. In: Video History Project: Resources – Tools – Texts. Experimental Television Center Ltd., Binghamton University, Newark Valley. URL: http://www.experimentaltvcenter.org/ history/ tools/ ttool.php3?id=54&page=1 (27.7.2006); Miller Hocking, Sherry: Two Texts Concerning Portable Video (1992). In: Video History Project, s.o. URL: http://www.experimentaltvcenter.org/ history/ tools/ ttext.php3?id=1 7&page= 1#Chronology%20of%20the %20Portable%20Videotape (11.9.2006).
Les Levine (Bum) und Nam June Paik (Papstbesuch in New York, vorgeführt im Café a Go Go, New York, 4.10.1965) begannen 1965 in Amerika, mit Video zu arbeiten (Hall, Doug/Fifer, Sally Jo (Hg.): Illuminating Video. An Essential Guide to Video Art. New York 1990, S.51; Herzogenrath, Wulf/Decker, Edith (Hg.): Video-Skulptur. Retrospektiv und aktuell 1963-1989. Köln 1989, S.195,239; Spielmann, Yvonne: Video. Das reflexive Medium. Frankfurt am Main 2005, S.126-132 mit weiteren Fakten zum ersten künstlerischen Einsatz von Video. Tom Sherman falsifiziert in "The Primature Birth of Video Art" Paiks Aussage, bereits 1965 eine Porta Pak eingesetzt zu haben (In: iDC Digest. Vol.27/issue 17. 9.1.2007. URL: http://mailman.thing.net/ pipermail/ idc/ 2007-January/ 000949.html (21.1.2007)). zurück

4 Miller Hocking, Sherry: Principles of Electronic Image Processing – Image Processing Systems (1978-1980). In: Video History Project: Resources – Tools – Texts. Experimental Television Center Ltd., Bingham University, Newark Valley. URL: http://www.experimentaltvcenter.org/ history/ tools/ ttext.php3?id=15&page=1 (6.9.2006); Russett, Robert/Starr, Cecile: Experimental Animation, s. Anm.1, S.178-210; Spielmann, Yvonne: Video, s. Anm.3, S.78-96,151-191; Vasulka, Steina und Woody: Eigenwelt der Apparatewelt. Pioneers of Electronic Art. Kat. Ausst. Oberösterreichisches Landesmuseum Francisco Carolinum. Linz 1992. Neu in: URL: http://vasulka.org/ Kitchen/ PDF_Eigenwelt/ Eigenwelt.htm (3.8.2006). zurück

5 Erste Closed-Circuit Installation: Levine, Les: Slipcover, 1966. In: Herzogenrath, Wulf/Decker, Edith (Hg.): Video-Skulptur, s. Anm.3, S.195f.; Kacunko, Slavo: Closed Circuit Videoinstallationen. Berlin 2004, S.160-163.
Paik, Nam June: Participation TV II, Howard Wise Gallery, New York 1969 (Neuinstallation mit Videosynthesizer: Galleria Bonino, New York 1971). In: Decker, Edith: Paik Video. Köln 1988, S.65f.; Herzogenrath, Wulf: Nam June Paik. Fluxus, Video. München 1983, S.56f.; Kacunko, Slavo: Closed Circuit Videoinstallationen, s.o., S.187f.
Video in Überwachungsfunktionen als Thema von Closed-Circuit Videoinstallationen und Performances mit Video-Closed-Circuits: Nauman, Bruce: Live/Taped Video Corridor, 1969. In: Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945. Aktionstheater und Intermedia. München 2001, S.343, Anm.567; Herzogenrath, Wulf/Decker, Edith (Hg.): Video-Skulptur, s. Anm.3, S.43,164f. (Farbabb.24),216,218; Acconci, Vito: Claim, 1971. In: Dreher, Thomas: Performance Art nach 1945, s.o., S.351f. mit Anm.572 und Abb.40; Hall, Doug/Fifer, Sally Jo (Hg.): Illuminating Video, s. Anm.3, S.136f. zurück

6 Zur Notwendigkeit und Zukunft des Cable TV als Community TV: Sutton, Percy E.: Community Control of Television. In: Radical Software, Vol.1/Nr.4, Summer 1971, S.24. URL: http://www.radicalsoftware.org/ volume1nr4/pdf/ VOLUME1NR4_0026.pdf (29.12.2003).
Über Videokollektive, Cable und Community TV: Hill, Christine: Attention! Attention! Audience! Performing Video in its First Decade, 1968-1980, Kap. 1 b. In: Horsfield, Kate/Hill, Christine/Troy, Maria: Surveying the First Decade. Video Art and Alternative Media in the United States. URL: http://www.vdb.org/ resources/ chrishill.html (30.8.2006). Commercial Broadcast akzeptierte Video erst, nachdem es sich im Cable TV bewährte. Mitte der siebziger Jahre verdrängte Video die Filmspule vollständig und die Fernsehsender lösten ihre Nachrichtenarchive mit Filmspulen auf (Hall, Doug/Fifer, Sally Jo (Hg.): Illuminating Video, s. Anm.3, S.58f.; Murphy, William Thomas: Television and Video Preservation. A Report on the Current State of American Television and Video Preservation. Vol.1. Report of the Librarian of Congress. Washington D.C. October 1997. Chap. Preface (by James H. Billington): [Untertitel] Major Findings. In: URL: http://www.loc.gov/ film/ tvstudy.html (28.1.2007)). zurück

7 Paik, Nam June: o.T. In: Beeren, Wim (Hg.): Sonsbeek `71. Sonsbeek buiten de perken, Deel 1. Sonsbeek 1971, S.84: "Communication means two-way communication. One-way communication is simply a notification…like a draft call. TV has been a typical case of this non communication and mass audience had only one kind of freedom, that is, to turn on or off the TV." zurück

8 Davis, Douglas: Electronic Hokkadim, WTOP-TV, Washington D.C., 12.6.1971; Davis, Douglas: Talk Out: A Telethon, WCNY-TV, Syracuse/New York, 1.12.1972. Beide in: Dreher, Thomas: Von "Radical Software" zum Netzaktivismus (2004). Kap. Video und TV, Anm.19. In: IASLonline Lektionen in NetArt. URL: http://iasl.uni-muenchen.de/ links/ NARS.html#19 (28.7.2006. Mit Lit.angaben).
VanDerBeek, Stan: Violence Sonata, WGBH, Boston/Mass. 1970 (Videos, 60 Min. und 12 Min.): Davis, Douglas: Art and the Future. New York 1973, S.91; WGBH New Television Workshop Collection: Violence Sonata. In: URL: http://main.wgbh.org/ wgbh/ NTW/ FA/ TITLES/ Violence201.HTML (21.8.2006). zurück

9 Z. B. Indymedia Washington D.C. In: URL: http://dc.indymedia.org/ (19.7.2006); Indymedia Deutschland. In: URL: http://germany.indymedia.org/ video/ (29.7.2006). Vgl. Website von Freespeech TV. In: URL: http://www.freespeech.org/ fscm2/ genx.php? name=home (12.8.2006). zurück

10 Harding, Thomas: The Video Activist Handbook. London, Second Edition 2001, S.207-216. zurück

11 Adrian X, Robert: Kunst und Telekommunikation. 1979-1986: Die Pionierzeit. In: Springer. Bd.1/Heft 1. April 1995, S.10f.; Breitwieser, Sabine (Hg.): Re-Play. Anfänge internationaler Medienkunst in Österreich. Generali Foundation. Wien/Köln 2000, S.49f.,300ff.,304; o. A.: ARTEX: Artist´s Electronic Exchange Network, 1981-1991. In: Mediafiles.at. URL: http://www.mediafiles.at/ php/ content.php?kat=1&ID=15 (28.7.2006). Das Mailbox-Programm ARTBOX wurde von Gottfried Bach, dem Leiter der Wiener IPSA-Filiale, für ARTEX entwickelt. ARTEX war eine "User-Group" im IPSA-Netz. Ab 1983 wurde das weiter entwickelte Programm als ARTEX (The Artist´s Electronic Exchange Program) bezeichnet. Bachs Programm und die es anwendende "User-Group" trugen dieselbe Bezeichnung. zurück

12 Ascott, Roy: La Plissure du Texte, ARTEX, 11.-23.12.1983. Dokumentation: URL: http://alien.mur.at/ rax/ ARTEX/ PLISSURE/ plissure.html (28.7.2006). Text: URL: http://www.normill.ca/ Text/ plissure.txt (28.7.2006); http://telematic.walkerart.org/ timeline/timeline_ascott.html (26.8.2006). In: Adrian X, Robert: Kunst und Telekommunikation, s. Anm.11, S.11; Ascott, Roy: Distance Makes the Art Grow Further:...La Plissure du Texte. In: Chandler, Annemarie/Neumark, Norie (Hg.): At a Distance. Precursors to Art and Activism in the Internet. Cambridge/Massachusetts 2005, S.282-296; Ders.: Gesamtdatenwerk. In: Kunstforum Bd.103. September-Oktober 1989, S.104,106; Grundmann, Heidi (Hg.): Art + Telecommunication. Vancouver 1984, S.35f.,59-67; Popper, Frank (Hg.): ELEKTRA. Kat. Ausst. Musée d´Art Moderne de la Ville de Paris. Paris 1983, S.398. zurück

13 "Cadavre exquis": Surrealistisches Verfahren der kollaborativen Text- und Bildproduktion. Während die Surrealisten dem nächsten Autor nur die Anschlussstellen zeigten, kennen die Autoren von kollaborativen Bildprojekten im Internet häufig die vorangegangenen Beiträge und erweitern ein mehrteiliges Bild um einen weiteren Bildbeitrag (z. B. SITOs "Corpse", 1993. In: URL: http://www.sito.org/ synergy/ corpse/ (6.9.2003)). In Gil Mina Moras "Exquisite Corpse" für ACEN (o. J., s. Anm.14) sahen Autoren nur die letzte Zeile des letzten Textbeitrags (Couey, Anna: Art Works as Organic Communication Systems, s. Anm.14, S.128f.; Loeffler, Carl: Telecomputing und digitale Kultur, s. Anm.14, S.132). zurück

14 Projekte von ACEN (Art Com Electronic Network) wurden ab 1986 auf WELL (Whole Earth `Lectronic Link) und USENET realisiert (Couey, Anna: Art Works as Organic Communication Systems. In: Leonardo. Vol.24/No.2. Cambridge/Massachusetts 1991, S.127-130. Neu in: URL: http://www.well.com/ ~couey/ artcom/ leonardo91.html (28.7.2006); Dies.: The Art of Communication Systems. In: MATRIX News. Vol.1/Nr.4, July 1991. Neu in: URL: http://gopher.well.sf.ca.us:70/ 0/ Communications/ couey.104 (28.7.2006); http://art.eserver.org/ art-of-comm-systems.txt (28.6.2006); Loeffler, Carl: Telecomputing und digitale Kultur. In: Kunstforum Bd. 103. September-Oktober 1989, S.128-133). zurück

15 Vgl. Ascott, Roy/Loeffler, Carl Eugene (Hg.): Connectivity: Art and Interactive Telecommunications (Special Issue). In: Leonardo. Vol. 24/No. 2. Cambridge/Massachusetts 1991.
Von der "Mail Art" und "Correspondence Art" zu Telekommunikationsprojekten: Möller, Klaus: Kunst im Internet – Netzkunst, Untersuchungen zur ästhetischen Bildung. Diplomarbeit. Fakultät für Erziehungswissenschaften. Universität Bielefeld 1999, Kap. 2.2.3.2 Mail Art. In: URL: http://screenshock.com/theory/kmdipl/netzk2.htm (16.4.2001). zurück

16 Couey, Anna: Art Works as Organic Communication Systems, s. Anm.14; Dies.: The Art of Communication Systems, s. Anm.14. zurück

17 NCSA (National Center for Supercomputing Applications, University of Illinois) Mosaic für Unix, Macintosh und Windows, 1993 (Download: URL: http://browsers.evolt.org/ ?mosaic-ncsa/ (6.8.2006). Über die Geschichte von "Mosaic": Berners-Lee, Tim: Der Web-Report. München 1999 (i.O.m.d.T. Weaving the Web. San Francisco 1999), S.107-113). Der Mosaic-Browser hatte Vorläufer, war aber entscheidend für die Popularität, die das Internet um 1994 erlangte. zurück

18 Über IP, TCP/IP, DNS und HTTP: Becker, Konrad u.a.: Die Politik der Infosphäre. World-Information.Org. Bundeszentrale für politische Bildung. Bonn 2003, S.31-34. URL: http://www.bpb.de/ files/ HYJPCR.pdf (12.8.2006); Galloway, Alexander R.: Protocol. How Control Exists after Decentralization. Cambridge/Massachusetts 2004, S.6-12: "Without a shared protocol, there is no network." (S.12) zurück

19 Festgelegt vom World Wide Web Consortium, URL: http://www.w3.org/ (28.7.2006). Über HTTP und HTML: Berners-Lee, Tim: Der Web-Report, s. Anm.17, S.66-72. Über das Konsortium: ebda, S.137-153. zurück

20 Galloway, Alexander R.: Protocol, s. Anm.18, S.25: "I argue that Internet is distributed not decentralized and that it is in fact controlled despite having few if any central points of control." zurück

21 Alexander, Amy: The Multi-Cultural Recycler. In: Werkleitz Biennale 1998: subfiction. Internetpräsentation 1. Konsumgebäude Tornitz, 4.9.1998. URL: http://www.werkleitz.de/ events/ biennale1998/ text/ cat/ alexander.html (29.7.2008); Dies.: The Multi-Cultural Collider. In: Leopoldseder, Hannes/Schöpf, Christine (Hg.): Cyberarts. Prix Ars Electronica. Edition 1997. Wien/New York 1997, S.82f. URL: http://www.aec.at/ de/ archives/ prix_archive/ prix_projekt.asp? iProjectID=10962 (28.8.2006).
Mitchell, Bonnie: International Internet Chain Art Project, mit Studenten der Klasse Computers in Art, University of Oregon, Eugene, 5.4.-28.5.1993. Ursprünglich in: http://ziris.syr.edu/chainartdocs/chainart.html (3.5.1999, nicht mehr im Internet).
Mitchell, Bonnie: Exploring visual influences. In: National Forum. Fall 1998. Neu in: URL: http://www.findarticles.com/ p/ articles/ Mi_qa3651/ is_199810/ ai_n8823698 (27.8.2006). zurück

22 Adrian X, Robert: Überwachung/Surveillance 2, Wien, Karlsplatz, U-Bahn Station (1979 neue U-Bahn, mit Überwachungskameras). Ausstrahlung ORF, FS 2, 16. Juni 1981 und Ausstellung ARTIG, 80er Haus, Wiener Festwochen 81, Wien 1981. In: Adrian X, Robert: Surveillance. In: Mediafiles.at. URL: http://www.mediafiles.at/ php/ content.php?kat=1&ID=4 (29.7.2006); Breitwieser, Sabine (Hg.): Re-Play, s. Anm.11, S.156,368; Gehrmann, Lucas/Matt, Gerald (Hg.): Robert Adrian X. Kat. Ausst. Kunsthalle Wien. Wien 2001, S.33-37,80f.,144f.,147. zurück

23 Vgl. Braun, Reinhard: Surveillance. In: Mediafiles.at. URL: http://www.mediafiles.at/ php/ content_texte.php?kat=3&ID=28 (29.7.2006). zurück

24 Zwei Links zu WebCams sind heute nicht mehr dieselben wie zu Beginn des Projektes. Über "CCTV – world wide watch": Fuller, Matthew: Media Ecologies. Cambridge/Massachusetts 2005, S.9-12,110-164; Hunger, Francis: CCTV. In: Ackers, Susanne/Arns, Inke/Hunger, Francis/Lillemose, Jacob (Hg.): The Hartware Guide to Irational. Hartware Medienkunst Verein. Dortmund 2006, S.17,85. zurück

25 Deleuze, Gilles: Postskriptum über Kontrollgesellschaften. In: Ders.: Unterhandlungen 1972-1990. Frankfurt a. M. 1993 (i.O.m.d.T. Pourparlers 1972-1990. Paris 1990), S.254-262. URL: http://www.nadir.org/ nadir/ archiv/ netzkritik/ postskriptum.html (27.1.2007). Französisches Original: Post-scriptum sur les sociétés du contrôle. In: L´autre journal. Nr.1. Mai 1990. URL: http://aejcpp.free.fr/ articles/ controle_deleuze.htm (27.1.2007). zurück

26 PDA (Personal Digital Assistant): Palm Pilot. zurück

27 GPS: Global Positionioning System. In: o. A.: Global Positioning System. In: Wikipedia. Die freie Enzyklopädie. URL: http://de.wikipedia.org/ wiki/ Global_Positioning_System (15.9.2006). Dem Closed-Circuit Television (CCTV) widmen sich The Surveillance Camera Players, die auch an der Erstellung der in "iSee" integrierten Karte mit 2400 Überwachungskameras in Manhattan beteiligt waren (Siehe "Growth of Surveillance in Public Space. Manhattan 1998-2002". In: URL: http://www.appliedautonomy.com/ isee/ centerfoldmap02.pdf (30.7.2006). Vgl. Zaremba, Jutta: New York und Tokio in der Medienkunst. Urbane Mythen zwischen Musealisierung und Mediatisierung. Bielefeld 2006, S.115-130,204; Zuñiga, Ricardo Miranda: The Work of Artists in a Databased Society: net.art as on-line activism (2002). In: Soundtoys Journal. URL: http://soundtoys.net/ journals/ the-work-of-artists (23.2.2004)). zurück

28 Teran, Michelle: Life: A User´s Manual, Radio 100, Amsterdam, Januar 2003/Impakt Festival, Utrecht, Juni 2003 u.a. In: Dreher, Thomas: Sammeltipp 1: Stadterfahrung mit ortssensitiven Medien, Teil 1 (Juni 2005-November 2006). In: IASLonline Lektionen in NetArt: Tipp. URL: http://iasl.uni-muenchen.de/ links/ TippSammel1.html (30.7.2006. Projektbeschreibungen in chronologischer Ordnung). zurück

29 Bei "iSee und Maptivist 2.0" geschieht die Überwachung mittels Registrierung der Kamerastandorte. Bei Huntings "CCTV-world wide watch" darf sie der Teilnehmer durch Protokollierung ausführen – oder verweigern, da sie angeblich bei der Polizei landet. Zur Notwendigkeit für Anti-Überwachungsaktivisten, Journalisten Möglichkeiten zu liefern, über Überwachungskameras berichten zu können: Schienke, Erich W./IAA: On the Outside Looking Out: An Interview with the Institute for Applied Autonomy. In: Surveillance & Society. Vol.1/Nr.1, 2002, S.106. Neu in: URL: http://www.surveillance-and-society.org/ articles1/ iaa.pdf (30.7.2006).
Über Grundrechtsverstöße durch Videoüberwachung: Becker, Konrad u.a.: Die Politik der Infosphäre, s. Anm.18, S.151: "Das Prinzip dieser Überwachungstechnologien ist..., dass nicht nur Verdächtige beobachtet werden, sondern alle, die sich in den überwachten Bereichen aufhalten; letztendlich bedeutet das, dass jeder, der Grundrechte wie freie Wahl des Aufenthaltsortes, Versammlungsfreiheit, Reisefreiheit etc. in Anspruch nimmt, grundsätzlich verdächtig ist – womit der `freie Bürger´ von einer Neuauflage des `disziplinierten Untertans´ abgelöst wird. Der Grundsatz der Unschuldsannahme wird aufgeweicht und technisch unterlaufen." zurück

30 Bollier, David: Silent Theft. The Private Plunder of Our Common Wealth. New York 2003. zurück

31 Dreher, Thomas: Interaktive Stadterfahrung mit digitalen Medien (Internet, Mobiltelefon und Locative Media) (Juni 2005-Januar 2007). In: IASLonline Lektionen in NetArt: Tipp. URL: http://iasl.uni-muenchen.de/ links/ TippSammel1-3.html (28.1.2007). zurück

32 Counts Media Inc.: Yellow Arrow, New York u.a., ab September 2004. In: Dreher, Thomas: Sammeltipp 1, s. Anm.28. zurück

33 GeoTags auf Google Maps: Z. B. Nachlin, James Morris: Garbage Scout, New York, Januar 2006/San Francisco und Philadelphia, ab April 2006; ckyuan: Yuan.CC Maps, ab März 2006. Beide in: Dreher, Thomas: Sammeltipp 1, s. Anm.28, Teil 3. URL: http://iasl.uni-muenchen.de/ links/ TippSammel1C.html (8.10.2007); Elleryq: How to Geotagg with Yuan.CC Maps. In: Elleryq: Thinking More Blog, 7.3.2006. In: URL: http://thinkingmore.blogspot.com/ 2006/ 03/ how-to-geotagg-with-yuancc-maps.html (6.8.2006). Vgl. über GeoTagging: o.A.: GeoTagging Flickr. In: Flickr.com. URL: http://www.flickr.com/ groups/ geotagging (4.8.2006); MP:Ole: Fotos geotaggen! In: MP:Blog – Mediaprojekte, 19.12.2005. URL: http://www.blog.mediaprojekte.de/ internet/ fotos-geotaggen (24.8.2006); Torrone, Phillip: How to GPS Tag Photos: Flickr, Mappr, Google Earth...In: Make Blog, 3. Juli 2005. URL: http://www.makezine.com/ blog/ archive/ 2005/07/ how_to_gps_tag.html (21.5.2006).
API=Application Programming Interface, offene Schnittstelle für Google Maps, seit Februar 2005. In: o. A.: Google Maps API. In: URL: http://www.google.com/ apis/ maps/ faq.html (30.7.2006).
Maps API geocoder: o. A.: Google Maps API Version 2 Documentation. In: URL: http://www.google.de/ apis/ maps/ documentation/ #Geocoding_Etc (12.9.2006). zurück

34 Certeau, Michel de: Kunst des Handelns. Berlin 1988 (i.O.m.d.T. L´invention du quotidien. Vol.1: Arts de faire. Paris 1980), S.220-226, bes. S.222ff. mit Anm.12 (Hinweis auf Aztekische Karte, Auszug Totomihuacas). Neu in: URL: http://www.culture.hu-berlin.de/ sp/WS_00_01/ tempeldad/ certeau.html (7.8.2006).
Über Aztekische Karten, 16. Jhdt.: Aguilar, Manuel/Brady, James E.: The Historicity of the Map of Cuauhtinchan #2 and A Man-Made Chicomoztoc Complex at Acatzingo Viejo. In: Traditional High Cultures. URL: http://www.traditionalhighcultures.com/ Acatzingo.htm (7.8.2006); Mesoamerican Research Foundation: Map of Cuauhtinchan (MC2). In: URL: http://www.mc2-map.org/ mc2.htm (7.8.2006). zurück

35 Wood, Jeremy/Pryor, Hugh: GPS Drawing, ab 2000. In: URL: http://www.gpsdrawing.com/ (16.8.2006).
Carden, Tom/Coast, Steve: OpenStreetMap (OSM). The Free Wiki World Map, ab Dezember 2004. In: Dreher, Thomas: Sammeltipp 1, s. Anm.28, Teil 2. URL: http://iasl.uni-muenchen.de/ links/ TippSammel1B.html (8.2.2007).
Freedom of Information Act (FOIA) des U.S. Census Bureau, U.S. Department of Commerce: URL: http://www.census.gov/ po/ www/ foia/ foiaweb.htm (17.8.2006). zurück

36 Das Einspielen von Wegstrecken ist zu einem Zeitpunkt erprobt worden, als die Aufnahmen aus der Vogelperspektive noch nicht von Google Maps über API (s. Anm.33) in verschiedene Projekte integriert werden konnten, sondern dafür ein eigener Server mit Satelliten- oder Flugzeugaufnahmen integriert werden musste (Sack, Warren und Studenten: Street Stories, Projekt, San Francisco, Version 1 ab Frühjahr 2002 (mit Craig Rixford, Mahad Ibrahim und Michael Kim) und Version 2.0, 2004 (mit Michael Dale). In: Dreher, Thomas: Sammeltipp 1, s. Anm.28). zurück

37 Cookson, Will: Urban Beach, Frühjahr 2003. Massage Degradation System | Technical Study v1.0 | Positioning Methods. In: URL: http://theurbanbeach.co.uk/ technical/ 10.htm (7.8.2006). zurück

38 Links zu "GeoBiking", "GeoSailing" und "GeoSkating" in: Broecke, Just van den: GeoTracing (ab September 2005). In: URL: http://www.geotracing.com/ (30.7.2006). zurück

39 Waag Society: N8spel (Game n8), Amsterdam, November 2005. In: Dreher, Thomas: Sammeltipp 2: Spiele im Stadtraum, Teil 3 (August 2005-September 2006). URL: http://iasl.uni-muenchen.de/ links/ TippSammel2C.html (22.10.2008). zurück

40 Certeau, Michel de: Kunst des Handelns, s. Anm.34, S.233. zurück

41 Das "komplexere Netz von Differenzierungen" besteht aus "komplexeren Kombination[en] von [anthropologischen und geometrischen] Räumen" (Certeau, Michel, de: Kunst des Handelns, s. Anm.34, S.233).
"Anthropologischer" und "geometrischer Raum": Merleau-Ponty, Maurice: Phänomenologie der Wahrnehmung. Berlin 1966 (i.O.m.d.T. Phénoménologie de la Perception. Paris 1945), S.334f.; Certeau, Michel de: Kunst des Handelns, s. Anm.34, S.182,218f. Die Begriffsverwendung hier folgt nicht Merleaus-Pontys Phänomenologie. Der Begriff "Raum" lässt sich als Vorstellungsraum, der sich mit technischen Innovationen ändern kann, weil neuartige Anregungen zu integrieren sind, in Niklas Luhmanns "Theorie der Beobachtung" als "Zwei-Seiten-Form" rekonstruieren. Unter "Raum" kann mit Luhmanns Terminologie die weitere, umfassendere "Form" bzw. das "Medium" verstanden werden, die bzw. das verschiedene Anwendungsweisen bzw. "Formen" im engeren, in die umfassendere "Form"-"Kontextur" integrierten Sinn auszudifferenzieren erlaubt. Diese "Kontexturen" können allerdings den umfassenderen Rahmen überschreiten und seine Neubestimmung provozieren ("Medium" und "Form": Luhmann, Niklas: Die Kunst der Gesellschaft. Frankfurt am Main 1995, S.165-214; Ders.: Das Medium der Kunst. In: Delfin. Bd. VII/1986, S.6ff.; Ders.: Weltkunst. In: Baecker, Dirk/Bunsen, Frederick D./Luhmann, Niklas: Unbeobachtbare Welt. Über Kunst und Architektur. Bielefeld 1990, S.18,20). "Raum" kennzeichnet dann nicht nur Vorgänge im Bewusstsein, sondern auch, wie und mit welchen Mitteln über diese Vorgänge kommuniziert wird, da nur von der Kommunikation in einem Medium bzw. einer Kontextur auf das Bewusstsein geschlossen werden kann, und im Bewusstsein Systeme nicht kontextlos, ohne von Kommunikation(smedien) vermittelte Anregungen ausdifferenziert werden (Luhmann über "Bewußtsein" und "Kommunikation": Luhmann, Niklas: Die Kunst der Gesellschaft, s.o., S.19-26,34ff.; Ders.: Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. Frankfurt am Main 1984, S.142f. Vgl. Jahraus, Oliver: Bewußtsein und Kommunikation. In: IASL Diskussionsforum online: Bewußtsein und Kommunikation. URL: http://iasl.uni-muenchen.de/ discuss/ lisforen/ jahraus1.htm (12.9.2006)). zurück

42 Jain, Anab: Yellow Chair Stories, London, Juni 2005. In: Dreher, Thomas: Sammeltipp 1, s. Anm.28, Teil 2. URL: http://iasl.uni-muenchen.de/ links/ TippSammel1B.html (8.2.2007). zurück

43 Anab Jain in: Debatty, Regine: Yellow chairs seek households with wifi. In: We make money not art, 12.6.2006. URL: http://www.we-make-money-not-art.com/ archives/ 008641.php (7.8.2006). zurück

44 Über die Relationen zwischen "Ort" und "Raum": Certeau, Michel de: Kunst des Handelns, s. Anm.34, S.217-220. Vgl. Brown, Barry: Geographies of Technology. Some Comments on Place, Space and Technology. In: URL: http://www.dcs.gla.ac.uk/ ~barry/ papers/ place%20and%20space.pdf (25.8.2006); Pope, Simon: The Shape of Locative Media. In: The Mute. Nr.29. Winter 2004/Spring 2005, S.54f. URL: http://www.metamute.com/ look/ article.tpl?IdLanguage= 1&IdPublication= 1&NrIssue= 29&NrSection= 10&NrArticle= 1477 (7.8.2006). zurück

45 Carbon Defense League: MapHub, Projekt, Pittsburgh, ab 2001, Testphasen 2004-2005, letzter Stand mit neuer Website März 2006. In: Dreher, Thomas: Sammeltipp 1, s. Anm.28. zurück

46 Dreher, Thomas: Link, Filter und Informationsfreiheit, Kap. Assoziations-Blaster. In: IASLonline Lektionen in NetArt, Lektion 12 (November 2002/Juni 2004). URL: http://iasl.uni-muenchen.de/ links/ lektion12.html#Blaster (28.7.2006); o. A.: Assoziations-Blaster. In: Wikipedia. Die freie Enyklopädie. URL: http://de.wikipedia.org/ wiki/ Assoziations-Blaster (28.7.2006). zurück

47 Zum Beispiel ckyuan: Yuan.CC Maps, ab März 2006, s. Anm.33. zurück

48 "Disziplinargesellschaft", "Gesellschaft der Überwachung": Foucault, Michel: Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt am Main 1976 (i.O.m.d.T. Surveiller et punir. Naissance de la maison. Paris 1975), z. B. Kap. III.3, S.251-292.
"Dispositive": Foucault, Michel: Ein Spiel um die Psychoanalyse (Interview 1977). In: Ders.: Dispositive der Macht. Über Sexualität, Wissen und Wahrheit. Berlin 1978, S.118-175 (i.Om.d.T. Le jeu de Michel Foucault. In: Ornicar. Nr.10. Juillet 1977, p.62-93). zurück

49 Deleuze, Gilles: Postskriptum über die Kontrollgesellschaften, s. Anm.25. zurück

50 Cavanaugh, William T.: The World in a Wafer: A Geography of the Eucharist as Resistance to Globalization. In: Modern Theology. Vol.15/Nr.2. April 1999, S.182-188. URL: http://www.jesusradicals.com/ wp-content/ uploads/ wafer.pdf (12.3.2009 [Link aktualisiert]. Cavanaughs theologisch motiviertes drittes Kapitel über "The Eucharist" wird hier ausgeklammert). Vgl. Galloway, Alexander R.: Protocol, s. Anm.18, S.2-27; Tuters, Marc: The Locative Utopia, Chapter "The Control Societies Debate". In: TCM [Transcultural Mapping] Locative Reader. URL: http://locative.net/ tcmreader/ index.php? endo;tuters (25.8.2006). zurück

51 Holmes, Brian: Durch das Raster schweifen. Psychogeographie und imperiale Infrastruktur. In: Springerin. Bd. X/Heft 3. Herbst 2004, S.21. URL: http://www.springerin.at/ dyn/ heft_text.php? textid= 1523& (13.8.2006). Das Englische Original in: URL: http://www.springerin.at/ dyn/ heft_text.php? textid= 1523& lang=en (13.8.2006). Holmes wendet sich mit dieser Äußerung explizit gegen das Projekt Klee, Jeron/Polak, Esther/Waag Society: Amsterdam RealTime, Amsterdam, Oktober 2002 (Projektbeschreibung und Bibliographie in: Dreher, Thomas: Sammeltipp 1, s. Anm.28), erwähnt aber kein anderes Projekt, und vermittelt den Eindruck, dass er es stellvertretend für "alternative Projekte oder Kunstwerke, die mit GPS arbeiten", einsetzt. zurück

52 Byrne, Chris: Mobile Realism? In: Art Research Communication, 12.1.2005. URL: http://www.art-research-communication.net/ weblog/ ?p=17 (20.8.2006); Russell, Ben: Headmap. Know Your Place. Location Aware Devices. London/New York 1999, S.44-48. In: Headmap 3 Redux. URL: http://www.headmap.org/ headmap.pdf (4.12.2004, nicht mehr im Internet); Sant, Alison: Redefining the Basemap. In: TCM [Transcultural Mapping] Locative Reader. July 2004. URL: http://locative.net/ tcmreader/ index.php? mapping;sant (13.8.2006. Auch wenn Alison Sant, Ryan Shaw und Michel Swaine sich in Trace (San Francisco, Basel, 2004. In: Dreher, Thomas: Sammeltipps 1, s. Anm.28) unabhängig von kartografischen Vorgaben machen, bleiben sie auf Zonierungsverfahren in der Mobilfunktechnik angewiesen.); Tuters, Marc/Varnelis, Kazys: Beyond Locative Media. In: Networked Publics. The Annenberg Center for Communication. The University of Southern California. Los Angeles 2006. URL: http://netpublics.annenberg.edu/ locative_media/ beyond:locative_media (13.8.2006/nicht mehr erreichbar am 12.10.2009. Neu in: URL: http://networkedpublics.org/locative_media/beyond_locative_media); Veen, Tobias C. van: New Movements. Sound Tracks and Data Footprints. In: Horizon Zero. Issue 15. Toronto, May-June 2004. URL: http://www.horizonzero.ca/ textsite/ flow.php?is= 15&file= 6&tlang=0 (13.8.2006). zurück

53 Vgl. Holmes, Brian: Durch das Raster schweifen, s. Anm.51: "Die ästhetische Form der dérive [als Dekor-Politik] ist [in GPS-Projekten] überall." – und die sozialkritische Funktion der Dekonditionierung durch "Umherscheifen" wird wirkungslos.
Wenn Brian Holmes in "Counter Cartographies" Christians Nolds Projekt Biomapping (erste Phase: ab Mai 2004, zweite Phase: ab Oktober 2005. In: Dreher, Thomas: Sammeltipp 1, s. Anm.28) als "psychogeography goes automatic" (aus anderen Gründen als den der automatisierten Wegfindung) beschreibt, ohne dies zu kritisieren, deutet er selbst den Begriff "Psychogeographie" in einer Weise um, die situationistischen Kriterien nicht mehr entspricht (Holmes, Brian: Counter Cartographies. In: Abrams, Janet/Hall, Peter (Hg.): Else/Where: Mapping. New Cartographies of Networks and Territories. University of Minnesota Design Institute, Minneapolis 2006, S.24f.).
"Umherschweifen" («dérive») und "Psychogeographie": Debord, Guy-Ernest: Introduction to a Critique of Urban Geography. Zuerst auf Französisch in: Les Lèvres Nues # 6. September 1955. Englische Übers. in: URL: http://www.cddc.vt.edu/ sionline/ presitu/ geography.html (16.11.2005); Ders.: Théorie de la dérive. Zuerst auf Französisch in: Les Lèvres Nues #9. Novembre 1956. Englische Übersetzung in: URL: http://www.cddc.vt.edu/ sionline/ si/ theory.html (9.9.2006). Vgl. Dreher, Thomas: Konzeptuelle Kunst und Software Art: Notationen, Algorithmen und Codes. In: IASLonline Lektionen in NetArt: Theorie. URL: http://iasl.uni-muenchen.de/ links/ NAKS.html#Psychogeography (16.8.2006); Ohrt, Roberto: Phantom Avantgarde, s. Anm.1, S.75f.,79,83ff. zurück

54 Lynch, Kevin: Das Bild der Stadt. Braunschweig 1965/2. Auflage 1989 (i.O.m.d.T. The Image of the City. Cambridge/Massachusetts 1960); Batty, Michael: Thinking about Cities as Spatial Events. In: Environment and Planning B: Planning and Design. Vol.29/Nr.1, 2002, S.1f. URL: http://www.envplan.com/ epb/ editorials/ b2901ed.pdf (28.1.2007); Milgram, Stanley/Jodelet, Denise: Psychological Maps of Paris. In: Proshansky, Harold M./Ittelson, W.H./Rivlin, Leanne (Hg.): Environmental Psychology. Man and his Physical Setting. New York 1970, 2. Aufl. 1976, S.104-124; Ramadier, Thierry/Moser, Gabriel: Social Legibility. The Cognitive Map and Urban Behaviour. In: Journal of Environmental Psychology. Nr. 18/1998, S. 307-319. URL: http://www.girba.crad.ulaval.ca/ Articles/ JEP1998-09_P307.pdf (20.12.2005). zurück

55 Galloway, Alexander R./Thacker, Eugene: The Limits of Networking. In: Nettime, 24.3.2004 (als Folge eines Fehlers nicht am 15.3.2004 gespeichert). URL: http://www.nettime.org/ Lists-Archives/ nettime-l-0403/ msg00090.html (25.8.2006). Vgl. Cramer, Florian: Re: The Limits of Networking. In: Nettime, 15.3.2004. URL: http://www.nettime.org/Lists-Archives/ nettime-l-0403/ msg00061.html (25.8.2006). zurück

56 Galloway, Alexander R.: Protocol, s. Anm.18, S.143: "…control in distributed networks is not monolithic…It is a complex of interrelated currents and counter-currents." zurück

57 Galloway, Alexander R.: Protocol, s. Anm.18, S.246: "My goal here in this book has been not to come down cleanly and say that protocol is either good or bad - because clearly it is both, in varying degrees and contexts…" zurück

58 "Vorstellungsbild": Lynch, Kevin: Das Bild der Stadt, s. Anm.54, S.12-24,107ff. zurück

59 Bei "Collaborative Mapping" tauchen Aspekte der Einmischung von Betroffenen in die Stadtpolitik wieder auf, wie sie schon pädagogische Projekte der siebziger Jahre in London praktizierten, in denen die Einwohner ihre Situation mit Foto- oder Videokamera darstellten. Viele Probleme im London der siebziger Jahre verursachte Abriss und Umbau in einem Umfang, der den Charakter von Stadtvierteln änderte und dem die ärmere Bevölkerung, die sich dagegen wehrte, schließlich weichen musste (Nigg, Heinz: Eine neue Kunst mit sozialer und politischer Bedeutung: Die Verwendung von Foto und Video in der Quartierarbeit. In: Kunstnachrichten. März 1977, S.61ff., Mai 1977, S.85-89, Mai 1978, S.57-64; Walker, John A.: Left Shift. Radical Art in 1970s Britain. London 2002, S.153f.). zurück

60 Holmes, Brian: Imaginary Maps, Global Solidarities. In: Piet Zwart Institutie, Rotterdam. Publications. URL: http://pzwart.wdka.hro.nl/ mdr/ pubsfolder/ bhimaginary/ (17.8.2006). zurück

61 Holmes, Brian: Counter Geographies, s. Anm.53, S.24. Vgl. Certeau, Michel de: Kunst des Handelns, s. Anm.34, S.95,179-187,194.
«détournement» ("Entwendung", "Zweckentfremdung"): Debord, Guy/Wolman, Gil J: Mode d'emploi du détournement. In: Les Lèvres Nues #8. May 1956. Neu auf Deutsch in: URL: http://www.linke-buecher.de/ texte/ situationisten/ situhier/ Gebrauchsanweisung %20fuer%20die%20Zweckentfremdung.htm (9.9.2006); Hinterreiter, Christoph/Holzinger, Stefan/Schaumberger, Christoph: Zweckentfremdung als Negation – Détournement. In: Technische Universität Graz. Institut für Architekturtheorie und Baukunst: Georg-Michael Homann. Arbeitskreis – Architekturheorie 2002 – Die Situationisten. URL: http://www.architekturtheorie.tugraz.at/ homann/ ready/ at/ 2001-2002/3.html (9.9.2006); Ohrt, Roberto: Phantom Avantgarde, s. Anm.1, S.86. zurück

62 Lee, Jeff: Deleuze, Foucault and De Certeau: Power and Invisibility. In: Ders.: The Différance Engine. A Practice of Everyday Theory. Blog, 7.3.2006. URL: http://thedifferanceengine.typepad.com/ the_differance_engine/ 2006/03/deleuze_foucaul.html (9.9.2006). zurück

63 Jameson, Fredric: Cognitive Mapping. In: Nelson, Cary/Grossberg, Lawrence (Hg.): Marxism and the Interpretation of Culture. Urbana & Chicago 1988, S.356. Vgl. Ramadier, Thierry/Mosel, Gabriel: Social Legibility, the Cognitive Map and Urban Behaviour, s. Anm.54. zurück

64 Bussmann, Georg (Hg.): Arbeit in Geschichte – Geschichte in Arbeit. Kat. Ausst. Kunsthaus und Kunstverein Hamburg. Hamburg 1988. zurück

65 Jameson, Fredric: Postmodernism, or, The Cultural Logic of Late Capitalism. In: New Left Review. Nr.146. July-August 1984, S.90. Buchversion: London/New York 1991, Chapter 1. Neu in: URL: http://www.marxists.org/ reference/ subject/ philosophy/ works/ us/ jameson.htm (13.8.2006): "...cognitive mapping in the broader sense comes to require the coordination of existential data (the empirical position of the subject) with unlived, abstract conceptions of the geographic totality." Vgl. Mirrlees, Tanner: Cognitive Mapping or, the Resistant Element in the Work of Fredric Jameson. A Response to Jason Berger, Absatz 22 (2005). In: URL: http://clogic.eserver.org/ 2005/ mirrlees.html (13.8.2006): "If the globalization of capitalism is a totalizing process through which all different and particular (i.e., non-capitalist) social relations are increasingly subsumed by the expanding logics of commodification, then an equally totalizing abstraction is needed to conceive of this as a new global condition of existence." zurück

 



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