IASL Diskussionsforum online Nina Ort Abstract Die Beiträge, die inzwischen in diesem Forum zusammengekommen sind, regen mich dazu an, einige Gedanken über "Dreiwertigkeit" zu skizzieren. Einserseits sollen sie meine Vorschläge in "Der Kommunikationsbegriff" fortführen und ausbauen, andererseits möchte ich mich auf das Peirce'sche Zeichenmodell beziehen, wie es in den Beiträgen von Barabara Kastner: "Autopoiesis = Semiose" und Werner Scheibmayr: "Semiotische Überlegungen" vorgestellt und von Oliver Jahraus "Fragen" interpretiert worden ist. Darüber hinaus werde ich das Lacansche Modell einer Psychosemiologie ins Spiel bringen. Inhalt
In den meisten Texten aus dem Umfeld poststrukturalistischer, insbesondere systemtheoretisch, 2nd-order-kybernetisch und radikal-konstruktivistisch orientierter Theoriebildung, ist Lacan, wenn er genannt wird, nicht mehr als ein schickes Schlagwort 1. Über die Lacan-Rezeption läßt sich hier das wiederholen, was Norbert Haas schon in den 70er Jahren beobachtete: Es gibt verstreut ein Dutzend Bücher und Aufsätze auf deutsch, die für die literaturwissenschaftliche und philosophische Adaption Lacanscher Theoreme stehen. Und es gibt ein paar Analytiker, die Lacan lesen, die aber wenig von sich hören lassen. (Haas, 1978, 7f.) Die semiotische Seite der Lacanschen Psychosemiologie ist in der poststrukturalistischen Theorienlandschaft bisher noch nicht erkannt worden, ihr zeichentheoretisches Potential wird nicht genutzt. Dabei bietet Lacan gerade für Probleme der auf das Differenztheorem umgestellten Systemtheorie äußerst interessante Lösungsvorschläge 2. Zum einen basiert seine Psychosemiologie - ähnlich radikal wie bei Peirce - auf einem triadischen Modell, zum anderen kann seine Interpretation mathematischer und logischer Figuren in den Zusammenhang mit ähnlichen Figuren in der Systemtheorie sinnvoll adaptiert werden. Eine Übersetzung der lacanianischen Terminologie in den systemtheoretischen und semiotischen Kontext könnte insbesondere dabei helfen, sich von Metaphoriken abzulösen, die Argumentationslinien determinieren und solche Argumentationsabfolgen aufzeigen, die nur aus systeminternen, theoriebautechnisch notwendigen Argumenten resultieren. Insofern kann die Psychosemiologie Systemtheorie und Semiotik diskursanalytisch beobachten. Lacan beschreibt den Psychismus (den psychischen Apparat) als einen prozeßhaften und kommunikativen Komplex. Er beschreibt den Psychismus außerdem zugleich als Semiose und als in der Form semiotischer Relata aufeinander bezogener Konstituenten von Beobachtung, das heißt, bestimmter Modulationen von Beobachtung. Nebenbei angemerkt, finde ich es in diesem Zusammenhang signifikant, daß auch Peirce den Menschen als Zeichen begreift. Lacansche Texte sind deswegen so schwer zugänglich, da sich diese Funktionalisierungen einzelner Elemente oder Bereiche des Psychismus nicht trennscharf analysieren lassen, wenn nicht eine verzerrende Reduktion in Kauf genommen werden soll. Die Beschreibung des Psychismus erlitte dasselbe Schicksal, wie ein Borromäischer Knoten, den Lacan als Beispiel verwendet: zerschneidet man einen seiner Ringe, so zerfällt die gesamte Konstruktion in unzusammenhängende und an sich sinnlose Einzelteile. Da die Bestandteile der psychosemiologischen Triaden als relationale zu begreifen sind, steht man hier vor derselben Schwierigkeit wie bei der Peirce´schen Triade von Repräsentamen, Objekt und Interpretant. Man muß dabei auch stets darauf achten, daß auf der kategorialen Ebene der Beschreibung der Triaden, die Begriffe, die die jeweiligen Elemente markieren, nicht mit derselben Semantik aufgeladen werden, die ihnen auf einer anderen, der klassifikatorischen Ebene dann zugeschrieben werden können. Die gedankliche Akrobatik, der es hierzu bedarf, ist eine der Konsequenzen eines genuin triadischen Modells 3. Die wohl bekannteste genuine Triade bei Lacan ist die der Bereiche des Imaginären, des Symbolischen und des Realen, an deren Beispiel ich nur en passant auf einige Homologien zum Peirce´schen Semiosemodell und zur differenztheoretischen Systemtheorie hinweisen möchte. Der Bereich des Imaginären an sich ist im Grunde präsemiotisch oder zumindest semiotisch in einem sehr defizitären Sinn: er ist eine Rekonstruktion des ausgebildeten Psychismus; aus der Perspektive des symbolischen Bereichs: eine notwendige Annahme. Er ist insofern mit der Beobachtung erster Ordnung in der Systemtheorie vergleichbar. Psychogenetisch kann man den Bereich des Imaginären an einem infantilen Entwicklungstadium, dem Spiegelstadium beobachten. Hier beginnt das Subjekt eine Raumintuition zu entwickeln und damit rudimentäre Vorstellungen von einem anderen (alter ego - im präzisen Sinne des Wortes). Was ihm jedoch noch fehlt, so könnte man formulieren, ist die Möglichkeit von diesem anderen (Lacan meint, dieses/r andere trete in Form des "Du" in Erscheinung) zu abstrahieren: sich selbst als einen unter vielen zu begreifen und die Andersheit des anderen zur Regel bzw. zum Prinzip zu erheben, daß heißt einen Anderen (mit großem A) vorauszusetzen 4. Dies kennzeichnet fundamental den Bereich des Symbolischen. Er ist semiotisch und das bedeutet, orientiert man sich an der hier vorgeschlagenen Differenzierungslinie, vor allem: selbstreferentiell. Das Symbolische erst erschließt den Bereich der semiotischen Kommunikation, da es hier nicht nur die beiden Relata des semiotischen Zeichens gibt, sondern noch eine Abstraktion des semiotischen Prozesses an sich - bei Lacan unter dem Namen der/das Andere. Dieses für den symbolischen Bereich konstitutive dritte Element kann natürlich mit dem Interpretanten in Peirce´ Zeichenmodell verglichen werden. Mit dem Bereich des Symbolischen ist also eine komplette, genuine, semiotische Triade erreicht. Lacan arbeitet jedoch mit verschiedenen basalen Triaden, je nachdem welche Funktionen des Psychismus er beschreiben will. Diese basalen Triaden sind heterarchisch nebeneinandergelagert, bzw. einzelne Elemente solcher Triaden können mit Elementen anderer Triaden gleichfalls zu basalen Triaden kombiniert werden. Das Reale ist der Terminus, der die Triade imaginär-symbolisch-real komplettiert 5. Das Reale ist weder imaginär, noch symbolisch, das bedeutet, es entzieht sich vollständig der Beobachtung und ist an sich nicht semiotisch. Das Reale fungiert insofern ähnlich wie die der Sytemtheorie zugrundeliegende Paradoxie: es ist konstitutiv notwendig für die Entfaltung des Psychismus. Ich möchte hier in erster Linie darauf aufmerksam machen, daß Lacan - ähnlich wie Peirce - von basalen Triaden ausgeht, und ich möchte aus diesem Grund eine Erweiterung der systemtheoretischen Binär-Differenzierung und der hinzugezogenen "Einheit dieser Differenz" auf eine vergleichbare triadische Ausgangskonstellation vorschlagen. Barbara Kastner gelingt diese systemtheoretische Fundierung auf einer Triade überzeugend durch ihren Vorschlag, das prozeßhafte Moment von Semiose (im Autopoiesis-Konzept ebenso gegeben wie im Peirce´schen Semiose-Modell) in das systemtheoretische Konzept einer Binärdifferenzierung aufzunehmen und als Prozeß dazustellen: "Autopoiesis = Semiose". Möglicherweise könnte man formulieren: das prozessuale Moment, das in der Systemtheorie als "Anschlußhandlung" bezeichnet wird, wird hier in die Binärdifferenzierung als genuines Element einbezogen. Es geht mir um ein Problem, auf daß ich sowohl bei Peirce als auch bei Lacan stoße, und das sich möglicherweise am besten mit Glanvilles Ausdruck "the same ist different" umschreiben läßt. Eine Definition des semiotischen Zeichens bei Peirce lautet: A Sign, or Representamen, is a First which stands in such a genuine triadic relation to a Second, called its Object, as to be capable of determing a Third, called its Interpretant, to assume the same triadic relation to its Object in which it stands itself to the same Object. (Peirce, Collected Papers, vol. 2, section 274) Der Ausdruck "dieselbe triadische Relation" impliziert hier, daß Peirce die semiotische Triade auf eine wesentlich andere Weise konzipiert als Systemtheorie, wenn man dort die "Einheit der Differenz" als jenes (ausgeschlossene) Dritte hinzuzieht, da erst durch dieses Dritte die Binärdifferenz selbstreflexiv werden kann. In der systemtheoretischen Konzeption ergibt sich ein symmetrisch-hierarchisches Modell, wobei die "Einheit der Differenz" gewissermaßen, wie bei einem senkrecht gestellten Triangel (dieses Bild verwendet Glanville in seiner Kritik an den systemtheoretischen "pairings" in seinem Beitrag "triads" ), die Spitze bildet. Die Einheit der Differenz ist dabei das Ergebnis einer Anschlußoperation, nicht jedoch genuines drittes Element einer Triade. In dieser Konzeption wird einer genuin binären Opposition ein drittes Element hinzugefügt. In einer alternativen systemtheoretischen Modellierung wird von einer Zwei-Seiten-Form gesprochen, die sich in einem Medium konstituiert. Diese Redeweise erweist sich in Hinblick auf das hier vorliegende Problem als eigentlich nur terminologische Alternative. Bewußtsein und Kommunikation (die Zwei-Seiten-Form) werden hier durch das Medium (Sinn) miteinander gekoppelt. Zu fragen wäre aber, wie die Annahme eines Mediums (Sinn) hier motiviert ist. In der nachstehenden Tabelle liste ich die in den verschiedenen Theorien etablierten Begriffe auf, die in einer ersten Näherung gewisse in denselben Schritt zu bringende Positionen markieren.
Diese Tabelle gibt einen Überblick über die Anordnung der Triaden in den jeweiligen Theorien. Deutlich sichtbar wird dabei, daß einige terminologische Repräsentationen eine Metaphorik von Hierarchien verwenden. Wie muß jedoch Peirce´ Definition verstanden werden, die fordert, daß der Interpretant in dieselbe Relation zum (selben) Objekt gebracht werden muß, in der das Repräsentamen zum Objekt steht? Da das semiotische Zeichen bei Peirce auf dieser konzeptionellen oder kategorialen Ebene nur durch die Relationierung seiner Elemente definiert wird, stellt sich dann nämlich die Frage nach dem Unterschied zwischen Interpretant und Repräsentamen, bzw. nach der Motivation, den Interpretanten auf diese Weise einzuführen 6. Vorwegnehmend möchte ich vorschlagen, den Interpretanten ähnlich zu interpretieren wie die Reflexion der Reflexion bei Gotthard Günther. (vgl. hierzu meinen Diskussionsbeitrag "Der Kommunikationsbegriff") Ein ähnliches Problem stellt in der Lacanschen Psychosemiologie der Zusammenhang zwischen Imaginärem und Symbolischem oder auch der Zusammenhang zwischen Signifikant und Signifikat dar. Lacan verwendet die visuelle Metapher des Möbiusbandes, um den kontinuierlichen Übergang des Symbolischen ins Imaginäre darzustellen. Im Falle der Saussure´schen Konzeption bechreibt Lacan den Querstrich aus der bekannten Abbildung zwischen dem Baum und dem Wort "arbre" als Barre, die es zu überschreiten gelte, und sagt, der Signifikant dringe unaufhörlich ins Signifizierte ein. Beide Bereiche sind nämlich jeweils keineswegs einfach "objektiv" distinkt. Situativ kann zwar jeweils zwischen symbolisch und imaginär (oder Signifikant und Signifikat) unterschieden werden - und zwar, wenn beide konkret und komplementär aufeinander bezogen werden: so wie ein einzelner Punkt definitiv auf entweder der einen oder der anderen Seite eines Möbiusbandes liegt. Diese Unterscheidung ist aber keine prinzipielle Unterscheidung, so wie das Möbiusband als Knoten keine orientierbaren Seiten besitzt. Auch hier muß also die Frage nach einer Motivation gestellt werden, die Unterscheidung zwischen imaginär/symbolisch oder Signifikant/Signifikat zu treffen. Ohne diese motivierte Unterscheidung liegt gewissermaßen kein Grund vor, die beiden Seiten als distinkt zu konzipieren. Dasselbe Problem läßt sich schließlich in der Systemtheorie an den basalen Binär-Unterscheidungen beobachten, insbesondere der zwischen Kommunikation und Bewußtsein. Oliver Jahraus modelliert sie als symmetrisch gebaute autopoietische Systeme, die über das Medium Sinn stukturell miteinander gekoppelt sind (siehe Oliver Jahraus: "Kommunikation und Bewußtsein"). Meines Erachtens läßt sich bei einer solchen symmetrischen Differenzierung dann jedoch kein "objektives" Differenzkriterium mehr angeben, außer es liegt eine (situative oder: aktuell gegebene) Motivation vor, aus dieser Unterscheidung eine solche zu machen, die einen Unterschied macht (siehe meinen Diskussionsbeitrag: "Der Kommunikationsbegriff"). Wie geht Systemtheorie mit dem Problem der "Einheit der Differenz" um, das sich in ihr als Problem der Paradoxie darstellt? Üblicherweise versucht Systemtheorie die Paradoxie zu entfalten - erreicht wird damit meines Erachtens jeweils nur ein infiniter Regreß. Dieser Regreß sollte jedoch vermieden werden, da er für die Evolution der Theorie selbst wertlos ist. Einzelne Probleme können dadurch nicht gelöst, sondern nur (aus dem Blickfeld) verschoben werden. Eine - allerdings nur terminologisch - andere Lösungsvariante der Systemtheorie (zumindest bei Luhmann) besteht darin, eine jeweils "zweite" Außenseite (in der Begrifflichkeit der Zwei-Seiten-Form) oder z.B. auch ein "zweites" oder "Super"-Medium (in der Begrifflichkeit von Medium und Form) anzunehmen. Auch diese Lösungsvariante kaschiert aber im Grunde nur den infiniten Regreß, da durch die Theorie selbst nicht kontrolliert werden kann, ob es nicht noch beliebig viele weitere Außenseiten geben sollte. Ich glaube, das Problem liegt hier in der Verwechslung der kategorialen mit der klassifikatorischen Ebene der Theoriebildung. Semiotisches Prozessieren, semiotischens Anschließen an Semiosen kann möglicherweise in regreßhafter Form konzipiert werden. Auf der Ebene der kategorialen Konstitution als Basis der Theorie selbst, muß allerdings eine andere Lösung gefunden werden. Die "Einheit der Differenz" muß in die Figur der basalen Differenz integriert werden. Sie kann nicht (nur!) bereits als Effekt beschrieben werden, der aus dieser Ausgangskonstellation erst resultieren kann. Luhmann führt Zeit ein, um eine oszillatorische prozessuale Dynamik in die Binärunterscheidungen zu bringen. Dies wirkt zunächst einleuchtend und entspricht der Logik bzw. Metaphorik der binären Differenzierung: Die Operation ist der Beobachtung notwendig vorgängig, denn zunächst muß eine Operation stattgefunden haben, die dann als Operation beobachtet werden kann. Diese Beobachtung ist sich selbst gegenüber (als Operation, bzw. im operativen Vollzug!) blind, eine an sie anschließende weitere Beobachtung (streng genommen kann ab dieser Ebene aber nur noch von "beobachtenden Operationen" gesprochen werden, ähnlich wie von Beobachtungen zweiter Ordnung) kann die "erste Beobachtung" nun aber ihrerseits beobachten (und zwar als Einheit der Differenz zwischen Operation und Beobachtung). Daß Luhmann hierfür Zeit einführt, scheint zwar plausibel zu sein, in der Tat wird damit jedoch nur - terminologisch - vom infiniten Regreß abgelenkt 7. Auch kann man sich eine auf diese Weise eingesetzte Zeit nicht anders als linear vorstellen - und landet wiederum beim infiniten Regreß. Zwar verwendet Luhmann die Begriffe "Zirkularität", "Rekursion" und beruft sich auf den Ausdruck des "re-entry" von Spencer-Brown; m.E. bleibt es jedoch bei rein terminologischen Attribuierungen, die im Schema der Oszillation zwischen Kommunikation und Bewußtsein nicht umgesetzt werden können 8. 4. Erwiderung auf Oliver Jahraus´ "Fragen" An Oliver Jahraus´ Interpretation und Kritik der Beiträge von Barabara Kastner und Werner Scheibmayr fallen mir insbesondere zwei Aspekte auf, anhand derer ich versuchen werde, meine eigenen Überlegungen zu einem triadischen Modell von Zeichen und Systemtheorie zu erklären. Oliver Jahraus skizziert auf der Basis seiner zusammenfassenden Interpretation dieser beiden Diskussionsbeiträge eine bemerkenswerte Triade. Ausgehend von der Frage, ob denn Systemtheorie mit Zeichentheorie ineins zu setzen sei, argumentiert er, hierzu bedürfe es eines Beobachters, der diese Frage stellen kann und die Unterscheidung zwischen System- und Zeichentheorie operativ nutzt. Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß sich in Jahraus´ Formulierung die Frage auf eine mögliche Ineinssetzung, also die Identität von Systemtheorie und Zeichentheorie bezieht, nicht auf deren Differenz. Ich halte diese Forumlierung für signifikant, da bislang die Verschiedenheit von Zeichentheorie und Systemtheorie ja unhinterfragt vorausgesetzt war. Auch wenn dies möglicherweise nicht die Intention von Jahraus ist, halte ich die Frage nach einer etwaigen Identät von Zeichentheorie und Systemtheorie für eine Entdeckung. Sie ließe sich auch so formulieren: gibt es hier die Möglichkeit, auf ein Unterscheidungs-Motiv zu verzichten? Oliver Jahraus argumentiert im Anschluß daran, Beobachtung könne nur beiden Systemen zugeschrieben werden, so daß sich Kommunikation und Bewußtsein gegenseitig beobachten. M.E. vergibt er durch diese Symmetrisierung die sich hier bietende Möglichkeit, Beobachtung als den dritten Term einer Triade einzusetzen (dies entspräche z.B. Ranulph Glanvilles Begriff der "Transferunterscheidung"); sein Binär-Schema bleibt gewahrt, eine Erklärung für die Frage, wie in einem solchen oszillatorischen Schema Neues emergieren könnte, steht weiterhin aus. Indem Kommunikation und Bewußtsein weiterhin als komplementär aufeinander bezogene, autopoietische Systeme modelliert werden, wird zudem auch die anfangs gestellte Frage nach deren möglicher Identität fallen gelassen, da sie in dem Bild der symmetrischen Komplementarität einfach nicht vorkommt. Vielmehr wird das Semiosemodell, so wie es von Barbara Kastner und Werner Scheibmayr vorgestellt wird, um den dritten Term gekappt. Ausdrücklich stellt Oliver Jahraus dies am (Peirce´schen) Zeichenbegriff selbst fest: Wenn Jahraus in seiner Ersetzung die Peirce´sche Zeichendefinition so adaptiert, daß Zeichentheorie der Interpretant ist und zugleich als Repräsentamen fungiert, dann verkürzt er dadurch das Zeichenmodell auf zwei Terme: den Interpretanten (Zeichentheorie) und das Objekt (Systemtheorie): Zeichentheorie steht in einer solch triadischen Relation zur Systemtheorie, die somit zu ihrem Objekt wird, so daß sie fähig ist, sich selbst als Interpretant der Systemtheorie zu etablieren und so zu bestimmen, daß das Verhältnis von Zeichentheorie zum Verhältnis von Zeichentheorie und Systemtheorie das Verhältnis von Zeichentheorie und Systemtheorie wiederholt. (siehe Oliver Jahraus: "Fragen") Oliver Jahraus argumentiert, daß mit der zeichentheoretischen Beobachtung von Systemtheorie Systemtheorie zwangsläufig zu Zeichentheorie wird: zeichentheoretisch könne man gar nicht anders denn Systemtheorie als Zeichentheorie zu beobachten. Diese Beobachtung enthält etwas, das ich "überraschende Platitüde" nennen möchte: denn daß man Systemtheorie zeichentheoretisch beobachten und dann Zeichentheorie als Resultat erhalten wird, ist ebenso evident, wie daß Systemtheorie eben systemtheoretisch beobachtet und aus dieser Operation systemtheoretisch Anschließbares erhält 9. Ich greife das Wort als heraus, denn es scheint mir genau die Peirce´sche Zeichenlogik zu berühren. Ich sehe hierin zumindest eine attraktive Möglichkeit, die Peirce´sche Forderung zu interpretieren, daß der Interpretant in dieselbe Relation zu (demselben) Objekt gebracht werden müsse, in der das Repräsentamen zu diesem Objekt stehe. M.E. könnte man dies auch so formulieren: Der Interpretant soll dazu gebracht werden, das Objekt als Repräsentamen zu beobachten. Ich möchte diesen bei Oliver Jahraus impliziten Gedanken nun explizit machen und noch drastischer formulieren: es gibt keinen objektiven Unterschied zwischen Repräsentamen und Interpretant, es sei denn, es liegt eine Motivation vor, hier eine Unterscheidung zu treffen. Eine Differenz ist, um es noch einmal anders zu wenden, stets schon eingebettet in eine (kontextuelle) Motivation, eine Unterscheidung zu treffen. Läßt sich die somit die Konstitution (als Operation bzw. als Prozeß) nach dem Modell der Abduktion reformulieren? 10 Uwe Wirth schreibt in dem Text "Abduktion und ihre Anwendungen": Die "Wende zur Abduktion", der "abductive turn", wenn man so will, besteht also in einem erkenntnistheoretischen Perspektivenwechsel, der sich unter einem logischen Gesichtspunkt als "Rollentausch" erweist: Während bei der Deduktion die Prämissen gegeben sind und nun die gültigen Konklusionen gesucht werden, ist bei der Abduktion die Konklusion gegeben, und die möglichen Prämissen (Regel und Fall) müssen "retroduktiv" erschlossen werden. (Abduktion und ihre Anwendungen, Stand: Mai 1999) Ich bringe an dieser Stelle die Abduktion ins Spiel, da diese Schlußweise auf das vorliegende Problem gut anwendbar zu sein scheint. Wie kann Abduktion auf das systemtheoretische Problem bezogen werden? Es geht um die Motivation, eine Unterscheidung zu treffen, damit Kommunikation und Bewußtsein sinnvoll aufeinander bezogen werden können, das heißt, daß eine genuine semiotische Triade entsteht. Der hypothetische Charakter des abduktiven Schlusses gewährleistet dann einerseits die Wiederholung des Prozesses des Schließens (also den semiotischen Prozeß) und stellt andererseits eine Kontrollfunktion über die Motivation der Unterscheidung dar. Ein hervorragendes Beispiel für abduktives Schließen bringt Lacan mit seinem "Gefangenenrätsel", das ich deswegen hier ausführlich zitieren will. Ein Gefangenenwärter spricht folgendes zu seinen drei Gefangenen: Sie sind hierzu dritt. Hier sind fünf Scheiben, die sich nur durch ihre Farbe voneinander unterscheiden: drei sind weiß und zwei sind schwarz. Ohne ihm zu erkennen zu geben, welche Wahl ich getroffen haben werde, werde ich jedem von Ihnen eine dieser Scheiben zwischen den Schultern befestigen, das heißt außerhalb der direkten Reichweite seines Blicks, wobei gleichermaßen jede indirekte Möglichkeit, sie mit den Augen zu erreichen, hier durch das Fehlen jeglichen Mittels, sich zu spiegeln ausgeschlossen ist. Nun heftet der Gefangenenwärter allen dreien eine weiße Scheibe an den Rücken, ohne von den zwei schwarzen Scheiben Gebrauch zu machen. Die logischen Schritte, die daraufhin jeder der Gefangenen vollzieht, beschreibt Lacan wie folgt: Nachdem sie sich gegenseitig eine gewisse Zeit gemustert haben, tun die Subjekte gemeinsam einige Schritte, die sie gleichzeitig das Tor durchqueren lassen. Jedes für sich wartet nun mit einer ähnlichen Antwort auf, die sich folgendermaßen ausdrücken läßt: Das Problem, das dieses Rätsel aufgibt, besteht darin, eine Unterscheidung zu treffen oder zu generieren, ohne dabei auf ein "objektives" Differenzierungskriterium zugreifen zu können. Um auf die Lösung zu kommen, muß jeder der Gefangenen eine Differenz konstruieren, und zwar die Hypothese aufstellen, er sei ein Schwarzer sowie denselben Gedankengang den anderen beiden unterstellen (also die Hypothese in negierter Form aufstellen). Dieses Beispiel demonstriert also, wie durch die hypothetische Bildung einer Differenz, Differenzierung tatsächlich ermöglicht wird 11. In der Lacanschen Psychosemiologie erklärt Abduktion die oben angesprochene Triade im symbolischen Berich: das/der Andere ist hier die vom Subjekt hypothetisch angenommene Regel, damit die überraschenden Erfahrungen, die das Subjekt macht, als Fall dieser Regel interpretiert werden können. Ebenso wie das ältere psychoanalytische Konzept des Überich ist das/der Andere eine Konstruktion des Subjekts, die es ihm ermöglicht, zwischen sich und seinen Objekten (klein a) zu differenzieren. Ich möchte zur Diskussion stellen, ob diese formale Charakterisierung des Differenztheorems als allgemein gültig angenommen werden kann. Ist dies der Fall, so kann man tatsächlich Zeichentheorie mit Systemtheorie gleichsetzen, wie Oliver Jahraus kritisch zu bedenken gibt. Der von Wirth beschriebene (erkenntnistheoretische) Perspektivenwechsel besteht darin, die Differenzen, von denen die Systemtheorie ausgeht, als Effekt einer sie hervorbringenden Motivation zu verstehen. Eine in dieser Weise konstituierte Triade könnte somit eine komplementäre Dreier-Struktur darstellen (nach dem Bild etwa des Borromäischen Knotens). Wird für den dritten Term der Ausdruck der Motivation eingesetzt, so kann dadurch zugleich der Prozeßcharakter einer genuinen Triade indiziert werden. Allein eine vorliegende Motivation, Kommunikation und Bewußtsein zu differenzieren, ermöglicht im Anschluß an diese Differenzierung auch eine inhaltliche Interpretation des Unterschiedenen. Oliver Jahraus verfolgt in seinen Fragen an Barabara Kastner und Werner Scheibmayr dort eine andere interpretative Richtung, wenn er Bewußtsein und Kommunikation jeweils als autopoietisch geschlossene Systeme beschreibt, in denen er jeweils das in Frage stehende zeichentheoretische Problem verlagert: Die Frage, die Barabara Kastner mit ihrer Formel "Autopoiesis = Semiose" aufwirft, bietet Jahraus die Möglichkeit, das Semiose-Problem jeweils nur innerhalb des Systems Kommunikation bzw. des Systems Bewußtsein zu behandeln. Die Art und Weise wie beide Systeme miteinander gekoppelt werden, rückt in dieser Perspektive gar nicht in den Blickpunkt. Die Gleichsetzung von Zeichentheorie mit Systemtheorie, die Jahraus hieraus folgert, verdeckt m.E. das Problem, daß sich auf der Ebene der basalen Differenzierung von Kommunikation und Bewußtsein dasselbe Differenzierungsmuster wiederholt. Kommunikation wäre, wenn man versucht das eben Skizzierte in die Peirce´sche Terminologie zu übersetzen, in der Position des Interpretanten, Bewußtsein in der Position des Repräsentamen. Dann ergibt sich allerdings für das Objekt eine unvermutete Rolle: in einer Übersetzung der Peirce´schen in die systemtheoretische Terminologie wäre nämlich nun das Objekt das Element, das die Einheit der Differenz darstellt. Tatsächlich beziehen sich in der kategorialen Darstellung der Peirce´schen Triade die im Prozeß erscheinenden neuen Interpretanten (bzw. die zu neuen Repräsentamen degenerierten Interpretanten) auf dasselbe Objekt. Das Objekt bildet in dieser Darstellung also tatsächlich den Bezugsrahmen des semiotischen Geschehens und kann insofern mit der systemtheoretischen Vorstellung der "Einheit der Differenz" verglichen werden. Diese möglicherweise als problematisch empfundene Beschreibung wird erklärbar, wenn man das triadische Modell konsequent umsetzt. In einer genuinen Triade geht es im Grunde nicht darum, die Einheit einer Differenz zu bestimmen, denn es gibt keine (binäre) Differenz. Die Frage nach der Einheit der Differenz wiederholt die (müßige) Frage von Henne und Ei. Ich möchte in einem letzten Anlauf auf Lacans Konzeption von Signifikant und Subjekt (statt Signifikat) hinweisen, in deren Relationierung ich dasselbe Schema erkenne 12. Zunächst bildet Lacan eine triadisches Zeichen (bestehend aus den Elementen Signifikant - Subjekt - Signifikant): Der Signifikant, habe ich gesagt, ist dadurch charakterisiert, ein Subjekt zu repräsentieren für einen anderen Signifikanten. Worum handelt es sich beim Zeichen? Seit je bemüht die kosmische Theorie der Erkenntnis, die Weltauffassung, das berühmte Beispiel vom Rauch, den es nicht gibt ohne Feuer. [...] Der Rauch kann genausogut das Zeichen des Rauchers sein. Und sogar, er ist es immer, dem Wesen nach. Es gibt Rauch nur als Zeichen des Rauchers. Jeder weiß daß, wenn Sie einen Rauch sehen, im Augenblick, wo Sie eine einsame Insel betreten, Sie sich sofort sagen, daß alles dafür spricht, daß es da jemanden gibt, der Feuer zu machen weiß. Bis auf weiteres wird das ein anderer Mensch sein. Das Zeichen ist also nicht das Zeichen von etwas, sondern von einem Effekt, der das ist, was sich unterstellt als solches aus einem Funktionieren des Signifikanten. (Lacan, 1991, S. 54) Ich möchte nun die Begriffe der Triaden von Peirce und Lacan nebeneinander positionieren: es ergäbe sich für die Position des Repräsentamen und des Interpretanten jeweils der Signifikant, an der Position des Objekts stünde das Subjekt. So wie es in der (kategorialen Beschreibung der) Peirce´schen Triade das Repräsentamen und der Interpretant sind, die sich im semiotischen Prozeß entwicklen und so zu immer neuen Bezugnahmen auf ihr Objekt gelangen, so wären es im Lacanschen Zeichenmodell die Signifikanten, deren Effekt das Subjekt ist. Nur aufgrund des "unaufhörlichen Gleitens des Signifizierten (Subjekt) unter der Signifikantenkette", nur wegen der sich veränderndern Modi des Bezugs auf das Subjekt, ist das Subjekt dann selbst zu Veränderung fähig, gerade weil es der Effekt dieser Bezugnahmen ist. Diese Parallelisierung des Peirce´schen und des Lacanschen Schemas könnte außerdem meine Interpretation stützen, derzufolge es kein "objektives" Differenzkriterium zwischen dort - Repräsentamen und Interpretant, hier - Signifikant und Signifikant gibt, es sei denn, es liegt ein Motiv vor, hier eine Differenz zu konstruieren. Und obgleich Lacan das Subjekt als Effekt des Signfikantenprozesses beschreibt, kann dieses Differenzierungsmotiv wohl nur an das Subjekt (resp. an die Position des Subjekts im Schema) adressiert werden. (Aus diesem Grunde wohl auch sagt Lacan, es genüge bei weitem nicht, den Signifikanten mit Saussure als arbiträr zu beschreiben.) Eine genuine Triade - ich bin mir bewußt, mit dieser Feststellung auch Peirce´ Konzeption zu übertreten - kann meines Erachtens nur heterarchisch konzipiert werden. Das bedeutet, daß es unsinnig wäre zu fagen, was (in der Terminologie von Peirce) das Objekt oder was der Interpretant systemtheoretisch formuliert dann ist, denn es handelt sich um Semiose als Prozeß. Folgt man den Vorschlägen Gotthard Günthers, der sich darum bemüht, der Hegelschen Dialektik eine dreiwertige Logik zugrunde zu legen (siehe meinen Diskussionsbeitrag "Der Kommunikationsbegriff"), dann wird tatsächlich die Frage, was sich denn nun wovon differenziere, in einem präzisen Sinne uneindeutig: es geht - um das Problem für die systemtheoretische Terminologie sichtbar zu machen - zugleich um die Differenz zwischen Kommunikation und Bewußtsein und um die Differenz zwischen diesen beiden und der Einheit der Differenz. Kurz: es geht um zwei verschiedene Arten der Differenzierung, die gleichzeitig operativ wirksam sind. In meinem früheren Beitrag zu dieser Diskussion habe ich versucht darzustellen, daß es für eine Differenzierung zwischen den Begriffen Kommunikation und Bewußtsein auf der grundlegenden Ebene der (systemtheoretischen) Begriffsbildung keine positiven Kriterien gibt. Diese Darstellung möchte ich nun verallgemeinern: es gibt keine positiven oder objektiven Differenzkriterien aus der Perspektive eines "externen" Dritten. Es gilt, ein Drittes als internen, genuinen Bestandteil einer Triade zu fassen, wobei es dann auf der formalen Ebene der Triade irrelevant ist, welches Element der Triade als das "Dritte" funktionalisiert oder thematisiert wird. Ähnlich wie beim Möbiusband, müßte vielmehr ein kontinuierlicher Wechsel der Positionen angenommen werden, der sich nur durch aktuale, hypothetische Unterscheidungsoperationen situativ fixieren ließe. Das Dritte ist sowohl Motiv und Motor als auch Kontext und Bezugsrahmen, in dem eine Unterscheidung zwischen den beiden anderen ermöglicht wird. Dieses Dritte muß genuin in eine Triade so integriert sein, daß sich die Elemente der basalen Triade in der Figur eines logischen Zirkels gegenseitig konstituieren und also von einem (semiotischen) Zeichen erst dann gesprochen werden kann, wenn zwei zu Unterscheidende und ein Unterscheidungsmotiv oder ein Unterscheidendes zugleich gegeben sind. Fußnoten 1 In dieser Hinsicht geht es ihm ähnlich wie George Spencer-Brown. zurück 2 Wenn ich im folgenden den Ausdruck Systemtheorie verwende, meine ich immer das Amalgam aus Systemtheorie, Konstruktivismus und second order cybernetic. Daß diese Theorieoptionen immer schon Bestandteil der auf das Differenztheorem umgestellten Systemtheorie sind, machen neuere Bezeichnungen deutlich, wie beispielsweise die von Dirk Baecker, der vom "Systemkonstruktivismus" spricht. (vgl. ein Interview im Netz, Stand Mai 99: "Ein Mehr von Unentscheidbarkeiten") zurück 3 Ich nehme an, der Grund dafür, daß Lacan wie auch Peirce auf der katergorialen Ebene ihrer Schemata Begriffe einsetzen, die eine klassifikatorische Semantisierung nahelegen (sie könnten stattdessen ja auch Variablen einsetzen wie a, b, c oder 1, 2, 3), liegt darin, daß sie nicht darauf verzichten wollen, die simultane, wenn auch denkunmögliche Gegebenheit des Kategorialen und des Klassifikatorischen zu indizieren. zurück 4 Lacan bezeichnet die duale Situation im Bereich des Imagniären auch als tödlich - wegen ihrer undialektischen Ausweglosigkeit. Hier stehen sich gewissermaßen ego und alter ego ohne Vermittlung, Regel oder Gesetz einander in Konfrontation gegenüber. Diese psychoanalytischen Beschreibungen sollen hier jedoch nur zur Illustration der semiotschen Interpretation dienen. zurück 5 Diese Triade wird üblicherweise mit dem Schemal L widergegeben. zurück 6 Zwar verwendet zum Beispiel Peter Fuch die Metapher von Griesbrei und Griesbreiklümpchen, um damit zu erklären, daß Form und Medium sozusagen nicht substanziell verschieden sind, sondern nur unterschiedlich strikte Formen von Kopplung darstellen. Jedoch wird die damit implizierte Vorstellung des "the same is different" nicht konsequent weiter verfolgt. Die hier angedeutete Vorstellung einer "Verschiedenheit im Selben" wird zwar konstatiert, aber nicht im Sinne einer triadischen Konzeption operabel gemacht. zurück 7 In dieser Hinsicht ist der Derridasche Ausdruck des "Aufschubs" tatsächlich hervorragend gewählt. Eine Theorie, mit einem explikatorischen Anspruch wie die Systemtheorie, kann sich mit dieser Art Aufschub allerdings nicht zufrieden geben. zurück 8 Tatsächlich wird "etwas Drittes" benötigt: Luhmanns Vorschlag, hierfür Zeit einzusetzen, bedient gleichsam diese Notwendigkeit. Deswegen gibt man sich m.E. mit diesem Vorschlag so gerne zufrieden.Letztlich kann jedoch nicht plausiblisiert werden, warum dies Dritte ausgerechnet Zeit sein müsse. zurück 9 Eine der bemerkenswertesten Arbeiten, die ich zu diesem Phänomen gelesen habe, stammt von Nikolai Vogel (1998): E.T.A Hoffmanns Erzählung Der Sandmann als Interpretation der Interpretation. Münchener Studien zur literarischen Kultur in Deutschland Band 28. Peter Lang Verag, München. Die Möglichkeiten wechselseitiger Beobachtung - hier am Beispiel von Hoffmanns Erzählung und Systemtheorie - werden in dieser Untersuchung so weit getrieben, daß sich zum Schluß eine eigenartige Patt-Situation ergibt, in der nicht mehr entschieden werden kann, wer denn nun eigentlich wen interpretiere: Systemtheorie den "Sandmann" oder der "Sandmann" die Systemtheorie. zurück 10 Hier möchte ich eine Frage an Barbara Kastner richten, die allerdings für den Argumentationszusammenhang ihres Beitrags einigermaßen nebensächlich ist: reicht es tatsächlich aus, den Spracherwerb beim Kind durch induktive Verfahren zu erklären? Wird oft genug auf einen Baum gezeigt und dies mit der Lautfolge 'Baum' begleitet, dann müßten strenggenommen Aspekte wie "Stamm", "grün" schon in Hinblick auf eine Regel verstanden worden sein, um dies als Fall einer Regel erkennen zu können. Ähnlich wie bei der Deduktion müßte die Regel bereits bekannt sein, damit ein Fall darunter subsumiert werden kann. zurück 11 Das hier gewählte Beispiel demonstriert noch mehr: es zeigt zugleich die Notwendigkeit, einen derartig konstruierten hypothetischen Schluß noch einmal zu wiederholen, um über seine Richtigkeit Gewißheit zu erlangen: Sobald sich nämlich die drei Gefangenen aufgrund ihres Schlusses in Bewegung setzen, muß jeder, angesichts derselben Bewegung der beiden anderen, ins Stocken geraten und seinen Schluß anzweifeln. Alle drei bleiben also stehen und müssen den Schluß noch einmal vollziehen. In ihrem gemeinsamen Zögern liegt dann auch der Schlüssel zur Bestätigung ihres Schlusses, Weiße zu sein, und so werden sie sich erneut gemeinsam auf den Weg machen. Lacan weist darauf hin, man könne einwenden, daß hierdurch eine Reiteration der Bewegung erzeugt würde, die immer wieder denselben Zweifel und dasselbe Stocken reproduzieren würde, er meint jedoch, jedenfalls müsse ein vollendeter logischer Fortschritt stattgefunden haben. zurück 12 Ich möchte an dieser Stelle betonen, daß es mir, wenn ich Lacans Zeichenbegriff hinzuziehe, nicht darum geht, das Subjekt im Sinne des systemtheoretischen Individuums wieder in die Theorie hineinzuholen. Der Status dessen, was Lacan als Subjekt bezeichnet, ist ohnehin kaum mit dem zu vergleichen, den das aus der Gesellschaft verbannte Individuum in der Systemtheorie genießt. Es geht mir in diesem Zusammenhang allein um die Anordnung der drei Elemente einer genuinen Triade, wie Lacan sie konzipiert. zurück Haas, Norbert (1978): Vorwort. In: Der Wunderblock Zeitschrift für Psychoanalyse. Sondernummer: Lacan Lesen. Ein Symposium. hrsg. v. N. Haas et al. Verlag Der Wunderblock. Berlin. S. 5-9 Lacan, Jacques (1986): Die logische Zeit und die Assertion der antizipierten Gewißheit. In: Schriften III. 2. Auflage, Quadriga Verlag, Weinheim, Berlin. S. 101-121. Lacan, Jacques (1991): Encore. Das Seminar Buch XX.2. Auflage, Quadriga Verlag, Weinheim, Berlin Lacan, Jacques (1997): Die Psychosen. Das Seminar Buch III. Quadriga Verlag, Weinheim, Berlin Nina Ort
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