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NetArt: Tipps (II)

Thomas Dreher


in English

Kurztipps:

  • Kurztipps in alphabetischer Folge: Teil der Webseite NetArt: Tipps (I).
  • Kurztipps in chronologischer Folge:

  • Douglas Davis: The World´s First Collaborative Sentence, 1994: Der Klassiker der Netz-Mitschreibeprojekte addiert die Beiträge wie ein Cadavre exquis. Es gibt keinerlei Vorgaben, außer der Regel, dass Beiträge ohne Punkt enden müssen. Das Programm, das für die Befolgung dieser Regel sorgt, wurde von findigen UserInnen ausgetrickst. Die ca. 200.000 Beiträge sind in (im August 2003: 21) Seiten eingeteilt worden (3/2003. 10/2010: auch dokumentiert im Internet Archive).
  • How to Join in the World´s First Collaborative Sentence

  • Michael Joyce: Twelve Blue, 1996: Die multilineare Erzählung besteht aus "8 bars" als horizontale Textlinien, die wiederum vertikal in "12 threads" unterteilt sind. 96 (12 x 8) Textsegmente sind durch 169 Links verbunden. In den Segmenten der mit Storyspace (von Joyce in Pascal programmierte Software) entwickelten Hyperfiction kehren Wasser- und Farbmetaphorik ("blue") in 12 Monaten ("12 threads" von Dezember bis November) wieder. Die "12 threads" legen eine zeitliche Linearität in der Multilinearität fest und Joyces Textsegmente lassen fortschreitende Handlungsstränge erkennen (Heibach, Christiane: Literatur im Internet. Theorie und Praxis einer kooperativen Ästhetik. Diss. Universität Heidelberg 2000, S.260-266. Storyspace. 3/2003).
  • Twelve Blue

  • Olia Lialina: My boyfriend came back from the war, 1996: Die Seite ist zunächst in zwei Frames unterteilt. Links erscheint ein Frame mit zwei Bildfragmenten (ein Fenster und ein Paar) ohne Klickfunktionen. Der rechte Frame zeigt zuerst Lialinas Porträt und teilt sich dann von Klick zu Klick in weitere Frames mit Text- und Bildfragmenten. Zuletzt erscheinen lauter schwarze Frames, bis auf zwei Frames links und rechts. Auf der linken Seite bleibt der erste Frame unverändert, und rechts unten erscheint Lialinas Name mit mailto-Link. Klassiker der Frames-Anwendung (3/2003).
  • My boyfriend came back from the war

  • John Simon Jr: Every Icon, 1996/97: Beim Start beginnt das System alle Varianten der Kombination weißer und schwarzer Quadrate in einem Raster mit 32 x 32 Quadraten durchzuspielen. Die Variationszeit bis zum Erreichen der letzten Variation, wenn alle Quadrate schwarz sind, beträgt bei dem mit Java programmierten System "several hundred trillion years." Das Werk ist rechner-, nicht vernetzungsbedingt. Der Klassiker der Computerkunst existiert in Varianten für Internet, Powerbook Monitor und Palm Pilot (3/2003).
  • Every Icon

  • Florian Cramer: Permutationen, Frühjahr 1996-1998: Cramer offeriert Wortkombinationsmaschinen, Proteusgedichte und andere literarische Zufallsverfahren in Web-Rekonstruktionen, die das Spiel mit Zufällen fortzusetzen erlauben. So lassen sich zum Beispiel das "Systema Infinitum" (Anonym, 1717) und Raymond Queneaus «Cent mille milliards de poèmes» auch in Cramers Webfassungen `erspielen´, während Tristan Tzaras Anleitung «pour faire un poème dadaiste» mittels Auswahl von Zeitungen, Eingaben von URL-Adressen oder Einschreibungen in ein Textfeld ausgeführt werden kann. In "Here comes everybody" liefert ein Textautomat nach der Wahl von Buchstaben Silben und nach der Wahl von Silben Silbenkombinationen als Wortfindungen. Als Rekursionsquelle zur Bildung von portmanteau-/Schachtelwörtern dient James Joyces "Finnegans Wake" (Perl, freie Software: GNU GPL. 3/2003).
  • Permutationen: Joyce/Cramer: Here Comes Everybody

  • Jim Andrews: Seattle Drift, 1997: Das DHTML-Gedicht beschreibt sein eigenes Wegdriften. Das Driften kann nur angehalten oder rückgängig gemacht werden, beeinflussbar ist es nicht. Andrews´ Kommentare befinden sich im Quellcode (3/2003).
  • Seattle Drift, English version

  • Heath Bunting: _readme.html, own, be owned or remain invisible, 1997: Ein Artikel von James Flint in "The Daily Telegraph" über Bunting dient als Textquelle, um vorkommende Begriffe xyz mit http://www.xyz.com-URL-Adressen zu verlinken. Seit 1997 führen immer mehr dieser Links zu Websites. Ein NetArt-Klassiker (3/2003).
  • _readme.html

  • Natalie Bookchin: The Intruder, 1999: In Jorge Luis Borges´ Erzählung La Intrusa (1966) begehren zwei Brüder eine Frau. Bookchin übersetzt die Geschichte in ein Spiel mit zehn Levels. Die Erzählhandlungen des "shooting, fighting, catching, or colliding" (Bookchin, 2005) werden in Interfaces übersetzt, die teilweise Modifikationen von Game-Klassiker wie "Pong" oder "Space Invaders" sind. SpielerInnen werden in die Positionen von einem der Brüder oder ihres Opfers versetzt. Als Belohnung sind weitere Textpassagen zu hören. SpielerInnen gewinnen im Sinne der Fortsetzung der Handlung auch durch Verlieren. SpielerInnen müssen mehrfach die Position der Brüder einnehmen, für die schließlich die Ermordung der Begehrten die Lösung ihrer Bruderliebe ist (Shockwave. 6/2013).
  • The Intruder

  • Lisa Jevbratt/C5: 1:1(2), 1999/2001-2002: Die erste Database von 1999 bestand aus damals besetzten IP (Internet Protocol)-Adressen, die mit Crawlern ermittelt wurden. 2001-2002 wurde die Database im Bereich der 1999 ermittelten IP-Adressen aktualisiert. Die Adressenermittlung liess die Zugänglichkeit der Adressen unberücksichtigt. Fünf Interfaces ermöglichen verschiedene Zugänge zu den beiden Databases. Das Interface "Migration" zeigt die zwischen 1999 (rot) und 2001 (grün) veränderte IP-Adressenvergabe (3/2003).
  • 1:1(2) [migration]

  • Andrew C. Bulhak: The Postmodernism Generator, 2000: Vom 25.2.2000 bis zum 18.8.2003 produzierte der "Postmodernism Generator" 887238 Artikel. Er erstellt mit jedem Abruf einen neuen Text. Bulhak verwendet seine Dada Engine in einer von Joash Larios modifizierten Version, die Zufallsoperationen in syntaktischen Rekursionen ausführt. Der Generator lässt sich mit seiner Travestie postmoderner Theorie als Konsequenz des postmodernen Pastiche verstehen. Als Folge dieser Konsequenz legt der Generator eine Überschreitung des Denkrahmens `Postmoderne´ nahe (3/2003).
  • Postmodern Generator

  • Frédéric Durieu: Oeil complex, 2000: In der interessantesten Arbeit der Werkgruppe oeil pour oeil pour oeil verwandeln sich 3D-Augenkonstellationen durch Cursorbewegungen auf überraschende Weise (Director). Durieu gibt an, den Quellcode für dieses Beispiel "algorithmischer Poesie" mit der Funktion 1/ (a+bi) in einem Tag geschrieben zu haben (Interview mit Jim Andrews, Paris Connection. 3/2003).
  • Oeil complex

  • Ben Fry: Anemone, 2000: Die Webinstallation einer "Spielzeug"-Version von "Anemone" führt die Struktur der Website der The Aesthetics + Computation Group (ACG, MIT Media Laboratory, Leitung: John Maeda) mittels einer Auswertung des User Logs vor. Die zweidimensionale Visualisierung mit den wachsenden Verästelungen, die einem "reproduction rule" folgen, und mit verschiebbaren, von einem "movement rule" koordinierten Zweigen ist ein Beispiel für das Konzept des Organic Information Design. Das Projekt "Anemone" dient dazu, BeobachterInnen die Orientierung in sich laufend verändernden und komplex strukturierten Websites zu erleichtern. Die Dicke der weißen Verbindungen zeigt die Häufigkeit ihres Abrufs an, während die orangenen Linien die Wege der BeobachterInnen der ACG-Site präsentieren. Mit Klicks auf Zweige und Linien öffnen sich die angezeigten URL-Adressen (C++, OpenGL, Java. 6/2007).
  • Anemone

  • Simon Biggs: Babel, 2001: 3D Projektionen von Zahlen des (in Bibliotheken verwendeten) Dewey Decimal Classification Systems sind durch Klickoperationen modifizierbar – und erscheinen modifiziert, weil die Operationen anderer UserInnen zu sehen sind. Klicks auf Zahlen öffnen Fenster zu ca. 1000 Websites, die Biggs den Zahlen zugeordnet hat. Diese Sites werden dem hierarchischen Gliederungssystem der Bibliotheken unterworfen. Der Fluss der Ziffernprojektionen führt die unübersehbare Vielfalt verfügbarer Daten vor und ermöglicht es gleichzeitig, in thematisch geordnete Websites einzutauchen. Zwischen Unübersichtlichkeit und geordneter Vielfalt sind die beiden Pole der Skala des Daten- und Imaginationsraums (Shockwave; 3/2003, 10/2022: nur als Videodokumentationen gefunden).
  • Babel

  • Jonathan Feinberg/Marek Walczak/Martin Wattenberg: Apartment, 2001: Eingegebene Worte aus dem Wohnbereich werden zwölf semantischen Kategorien zugeordnet, denen zwölf Wohnraumtypen entsprechen. Diese Zuordnung ist die Basis für die Generierung von Wohnungsgrundrissen, auf denen die Bezeichnungen der Wohnraumtypen sowie die eingegebenen Begriffe erscheinen und die gespeichert werden können. Auf den Grundrissen können eingegebene Begriffe auch animiert in Schlaufen erscheinen. Wohnungen können aus dem Archiv über Karten ("Cities") abgerufen werden, auf denen die gespeicherten Grundrisse in verschiedenen, von ihren Eigenschaften bestimmten Anordnungen erscheinen. Suchsysteme finden mit den eingegebenen Begriffen im Internet Bilder für die Generierung dreidimensionaler Körper. BeobachterInnen können sich durch die VRML-Körper bewegen und die eingegebenen Worte via Text-to-Speech Software hören (Java, VRML-Dateien z. B. mit FreeWRL oder Cortona und erstellte .wrl-Dateien öffnen in Firefox. 6/2007).
  • Apartment 2D Apartment 3D

  • Nullpointer (Tom Betts): WebTracer, Version 1, 2001/Version 2, 2003: Version 2 des Browsers veranschaulicht die Links zwischen Seiten einer Website in einem dreidimensionalen Diagramm: Das grafische Gebilde aus Linien zwischen Kugeln verschiedener Größen und Farben, welche die Rolle von Webseiten in der Struktur der Site anzeigen, ist mit den Pfeiltasten drehbar und kann vergrößert sowie verkleinert werden. Die Kugeln zeigen beim Überfahren mit dem Cursor die Dateinamen der Webseiten an. In der ersten Version konnten diese Webseiten mit einem Klick geöffnet werden, in der zweiten Version geht dies nicht mehr. In den "Spider" der Version 2 wird eine URL-Adresse einer Website eingegeben, um Dateien mit Daten über die internen Links zu erstellen, welche der "Visualizer" für die Erstellung des Site-Diagramms benötigt (nur für PC. OPENGL, DirectX, C++. 6/2007).
  • Nullpointer Version 2

  • Josh On & The Futurefarmers: They Rule, 2001/2004/2011: Mehrere Diagramme zeigen Machtverhältnisse, die sich aus der Verteilung von Aufsichtsräten in Konzernen ergeben. Besonders leicht erkennbar wurden in der ersten Fassung von 2001 solche Verbindungen bei der Karte "Pepsi urs Coke". In der zweiten Fassung von 2004 lassen sich personelle Verbindungen zwischen Korporationen durch Sucheingaben abfragen, so zum Beispiel die Verbindungen zwischen "PepsiCo" und "Coca-Cola". Die in Popups erscheinenden Daten der verschiebbaren Aufsichtsrat-Icons sind von den AktivistInnen The Futurefarmers gesammelt worden, um Transparenz für ökonomische Machtverhältnisse zu erhalten und um dieses Wissen in Aktionen einsetzen zu können. Karten wurden 2004 aktualisiert. Seit 2011 liefert LittleSis.org Daten über die 1000 größten Firmen der USA für die Erstellung neuer Karten (Flash, PSP, MySQL. 3/2003, 6/2007, 6/2013, 10/2022: Videodokumentation).
  • They Rule 2001: PepsiCo urs Coke They Rule 2004: Connections PepsiCo - Coca-Cola

  • Martin Wattenberg: A Net Art Idea Line, 2001: Fächerförmige Linien sind mit Bezeichnungen für Typen der NetArt versehen. Die Linienbreite nimmt mit der Menge der Beispiele zu. Bei Cursorbewegungen über die Linien verbreitern sich die Zwischenräume und es erscheinen Titel und – in Popups – Kurzbeschreibungen von Netzprojekten des jeweiligen Typs in chronologischer Folge. Links führen zu den Projekten. Java-Webdesign einer NetArt-Chronologie (Java. 3/2003).
  • A Net Art Idea Line

  • Ian Andrews: Ether-1, 2002: Der Index für audiovisuelle Flash-Animationen simuliert die Sendersuche im Radio. Die Radioskala der Wellenfrequenz ist durch eine vertikale Skala der Größe der Dateien in kBytes ersetzt. Die Animationen nehmen Aspekte der musikalischen, literarischen und künstlerischen Avantgarde auf. Das Interface weist auf das Massenmedium Radio, das in den Anfängen dieser Avantgarden neben Zeitung und Film vorherrschend war. Die Abstufung der kB-Skala von links nach rechts gibt die Anforderung an die Kapazität des Mikroprozessors wieder, mit der die Animationszeit unverzerrt wiedergegeben werden kann (Flash. 3/2003).
  • Ether-1

  • Michael Aschauer, Josef Deinhöfer, Maia Gusberti, Nik Thönen: ./logicaland, 2002: Das Weltmodell mit Statistiken startete im "first run" mit Daten des Jahres 2000, die UserInnen manipulieren können. Ein(e) UserIn kann mit seinen/ihren Eingaben keine für sie/ihn direkt erkennbaren Veränderungen hervorrufen, da das System nur auf die Summen der Veränderungen aller UserInnen reagiert (freie Software: GNU GPL. 3/2003).
  • logicaland, Germany 2090

  • Babel (Chris Joseph): Turnbaby, 2002: Thomas Alva Edisons experimentelle Tanzbewegungsstudien (zwei Filme, Ende 19. Jhdt.) und ein Video von b´toch bet werden in simultanen Kurzsequenzen und Stills vorgestellt. Video und Filme zeigen kreiselnde Frauen. Laufende Bilder, Videosequenzen und durch Klick veränderbare Simultanpräsentationen fügen sich zu Netzvarianten der Foto- und Film-Montage. Die zur Kurzform reduzierte Historisierung des Zusammenhangs zwischen Kulturen der Körperbewegung und Mediengeschichte ist auch eine exemplarische Aktualisierung der im Netz verfügbaren visuellen Möglichkeiten (HTML, Flash, Real Audio, JavaScript, Image. 3/2003, 6/2013).
  • Turnbaby

  • Büro Destruct/CUE/Humantools: Los Logos, 2002: Um sowohl Logos von Großkonzernen als auch Signets von kleineren Firmen und Geschäften zu archivieren, die in Folge der Konzentration auf wenige Korporationen mit vielen Filialen verschwinden, ist die Site Los Logos offen für Einsendungen von Aufnahmen, die Logo- und Signet-Fundstücke zeigen. Diese werden mit Angaben zum Fundort in eine virtuelle Logo-Stadt integriert. Die dreidimensionale Simulation eines urbanen Kontextes aus real aussterbenden Logos dient der Rekonstruktion der untergehenden lokalen Brechungen des Urbanen, welche die Logo-Kultur nicht unwesentlich prägten (JavaScript, Director). Ein Logo-Gedächtnis-Spiel erweitert die Design-Site (JavaScript, Flash. 3/2003, 10/2022: nicht mehr im Web gefunden).
  • Los Logos

  • Nicolas Clauss: Le Cri, 2002: UserInnen können den Ablauf der Aktionen von Stéphane Copin und der Musik ("Piano Phenstec" mit Musik von Karlheinz Stockhausen) durch schnellere oder langsamere Klickfolgen bestimmen...als würden die Video-Layers beeinflussenden Klickbewegungen Lärmen und Schreien erzeugen, als würde der Performer auf schnellere Klickfolgen und lauter werdende Musik mit schnelleren Körperbewegungen reagieren, als zwänge ihn ein anschwellender Schmerz dazu (Director, JavaScript. 3/2003, 6/2007, 10/2022: Lässt sich nicht mehr öffnen, da Shockwave nicht mehr unterstützt wird).
  • Le Cri

  • Pauline Masurel: Blue Hyacinth, 2002: Vier Kurzprosa-Texte erscheinen in verschiedenen Blautönen. Zwei vierfarbig unterteilte Quadrate bieten Klickflächen zum Abruf der Texte. Die Texte sind in je 30 Stücke unterteilt. Wenn der Cursor über einen als Ausgangspunkt gewählten Text bewegt wird, werden laufend andersfarbige Textstücke integriert. Im Quellcode erklärt Masurel die Integration von nummerierten Textstücken in "slices" (Stir Fry Indices auf Basis der DHTML innerHTML Methode). 1.152.921.504.606.846.976 Texte sind generierbar (3/2003).
  • Blue Hyacinth

  • W. Bradford Paley: TextArc, 2002: Beziehungen zwischen Worten in literarischen Texten (exemplarisch in Shakespeares "Hamlet" und in Lewis Carrolls "Alice´s Adventures in Wonderland", aber auch in allen anderen Texten des Project Gutenberg) werden graphisch als Linien in einem Oval dargestellt. Beispiel "Hamlet": Um so häufiger Wörter vorkommen, um so heller erscheinen sie. Wortumfelder (die Zusammenhänge, in denen sie wiederkehren) werden von grauen geraden Linien dargestellt. "Pairwise Associations" zeigt in lilafarbenen Bogenlinien die Reihenfolge der Wortvorkommen im Text und in orangen bis roten geraden Linien die wiederholten Verwendungen von Wortpaaren. Beziehungen zwischen Wortgruppen mit gemeinsamer Herkunft lassen sich unter "Show concordance" (auch über die Alt-Taste oder über Doppelklick) abrufen und werden mit geraden orangen Linien präsentiert (Java. 3/2003).
  • TextArc: Lewis Carroll

  • Cory Arcangel: Data Diaries, 2003: Mit Quicktime wurden die Daten, die im Januar 2003 täglich durch den Arbeitsspeicher liefen, in Farb- und S/W-Animationen übersetzt. Gezielt anti-artistische Datenkonversion mit Ready-Made-Software. Arcangels RAM-Videos wurden kontrovers diskutiert (Quicktime. 3/2003).
  • Data Diaries, 28.1.2003

  • Ralf Chille: Capture the Map, 2003: Ein/e SpielerIn kann gegen den Rechner oder gegen andere SpielerInnen zu gewinnen versuchen. Für beide Parteien stehen je 64 blaue oder orange Nadeln ("pins") am Spielanfang bereit, die auf der Weltkarte nach Eingaben von Begriffen in Textfelder (links für die blaue Partei und rechts für orange) plaziert werden. Begriffe werden Orten mit Hilfe der NetGeo-Datenbank der Cooperative Association for Internet Data zugeordnet. Wem es gelingt, zuerst alle Nadeln zu plazieren, hat gewonnen. Wenn das Spiel vorher beendet wird, zählt der erzielte Punktestand (gemessen in "sticks", und bei gleichem Punktestand entscheidet, wer mehr "squares" bzw. "fields" besetzt und gesichert hat ("saved fields", siehe Introduction) (Flash. 6/2007. 10/2009 nicht mehr im Netz).
  • Capture the Map

  • Dan Albritton/Marcos Weskamp: Newsmap, 2004: Der Visualisierungsalgorithmus des Programms Treemap (Ben Shneiderman u.a., Human Computer Interaction Lab, University of Maryland, ab 1990) wird in "Newsmap" zum Mapping von Google News eingesetzt. Nachrichten mit vielen "related articles" erhalten größere Rechtecke, die Links zu einer der von Google News erfassten Nachrichten enthalten. Die hierarchische Struktur von großen Rechtecken links oben zu kleinen Rechtecken rechts unten stammt von "Treemap" und dient in "Newsmap" dazu, die Häufigkeit der Meldungen über dasselbe Ereignis anzuzeigen. Die Farben der Rechtecke markieren Nachrichtenarten wie Wirtschaft, Technik oder Sport. Die Wahl der Länder (und Sprachen, siehe Leiste oben), der Nachrichtenart und des Datums (unten) ermöglichen es, Subkarten aufzurufen (Treemap, Flash. 6/2007; 3/2020 nicht mehr im Netz).
  • Newsmap, 24.6.2007

  • René Bauer/Beat Suter: Apple in Space, 2004: Das Projekt erschafft Reinhard Döhls Apfelgedicht von 1965 und Johannes Auers worm applepie for doehl (1997) neu. Vom Apfel der Gedichte bleibt in "Apple in Space" nur eine Umrisszeichnung aus Verbindungslinien zwischen nummerierten Punkten. Die aktuellen Sucheingaben der Fireball Livesuche (deutsches Suchsystem, Livesuche im fortlaufenden Reload) `strömen´ im Streamfishing von links nach rechts. Klicks auf die Worte führen zu Suchresultaten in Fireball und angeklickte Worte erscheinen im Strom der Wörter blau, während rote Worte "potentielle Würmer" (René Bauer) sind: Gelangen diese in den Apfel, werden sie dort mit Begriffen aus dem Umfeld der Datenbank mit Dateien der Website von Reinhard Döhl (30 Zeichen im Text der Datenbank nach links und von dort 60 Zeichen nach rechts) `angereichert´. Wenn der Apfel gefüllt ist, entlässt er die aufgefangenen Worte und das Worteauffangen (als Fishing im Stream) beginnt von Neuem (Java. Das Flattern in PCs verschwindet in Macs. 6/2007).
  • Apple in Space

  • Mary Flanagan: [six.circles], 2004: Zwei SpielerInnen schieben Dreiecke auf der Spielfläche übereinander und bilden Hexagone. Drei Dreiecke pro Hexagon müssen mit einem roten "x" infiziert werden, bevor sie mit zwei Kettengliedern geschlossen werden können. Die geschlossenen Hexagone erscheinen gelb. Zum Heilen zu stark infizierter Hexagone können grüne griechische Kreuze eingesetzt werden. Das nach Punkten gewinnbare Spiel wurde für die "Thank you" Show der Wooloo Organization entwickelt, um Geld für ein HIV-Ausbildungszentrum in Khayelitsha/Südafrika zu sammeln (Flash. 6/2007).
  • [six.circles]

  • Carlos Katastrofsky: Area Research, 2004: Erscheinen in "Neighbourhood Research" (2004, nicht mehr im Netz) nur zwei ip-Adressen als Nachbarschaft einer eingegebenen URL-Adresse, so informiert "area research" über 20 umliegende ip- und URL-Adressen. Hinter nicht wenigen dieser Links zu digitalen Nachbarn stehen Webseiten, zu denen der Zugang "forbidden" ist (6/2007).
  • Area Research

  • Mauricio Arango: Vanishing Point, 2005: In einem Nachrichtenarchiv sind Meldungen über Tagesereignisse gespeichert, über die in den sieben größten Ländern der Welt in je ein bis zwei Tageszeitungen berichtet wurde. Eine Weltkarte ("Peter´s Projection Map") zeigt in Graustufen, über welche Länder wie viele Meldungen in den letzten 50 Tagen im Nachrichtenarchiv gespeichert wurden. RSS Feeds der Tageszeitungen liefern Kurzfassungen von Nachrichten, die chronologisch und nach Ländern sortiert abrufbar sind (PHP Scripts, Flash. 6/2007. 10/2009 nicht mehr im Netz).
  • Vanishing Point: France, 24.6.2007

  • Guerillamarketing.it/molleindustria.it: where-next.com, 2005: Wer den Ort des nächsten Terroranschlags am präzisesten vorhersieht, der gewinnt: SpielerInnen klicken auf einer Welt- und Satellitenkarte den Standort an und wählen in dem Formular, das unter der Karte steht, eine der sechs Arten des Anschlags. Wenn in 48 Stunden mindestens 10 Zivilopfer in Nichtkriegsgebieten gemeldet werden, dann gewinnt, wer die präziseste Vorhersage gemacht hat (entscheidend: die Wahl der Art des Anschlags und die Genauigkeit der Lokalisierung). SiegerInnen werden gelbe T-Shirts zugeschickt, auf denen Ort, Zeit und eine Abbildung des Anschlags zusammen mit dem Satz "I predicted it" aufgedruckt sind. Gegen "political correctness" wird verstoßen, um die kapitalistische Logik des "Gewinne ohne Rücksicht auf Moral" und die Mittel der Unterhaltungsindustrie wie die Kombination von Spiel, Spektakel und Gewalt an einem prekären Fall ad absurdum führen zu können: Die realen Opfer werden im Spiel so wenig berücksichtigt wie zum Beispiel von der Waffen- und Computerspielindustrie (6/2007).
  • where-next.com

  • Leonardo Solaas: Dreamlines, 2005: Auf Suchbegriff-Eingaben reagiert ein PHP-Skript mit einer Bildsuche. Ein Processing Applet übersetzt die vom Skript gefundenen Bilder nacheinander in autonome Partikel. Jedes Partikel verwendet den Farbwert eines vorangegangenen Partikels und leitet daraus Richtung und Geschwindigkeit seiner eigenen Entwicklung ab. Dabei wird durch Zufallsverfahren eine von acht Transformationsweisen gewählt. Die bis auf 1500 wachsenden Partikel folgen einer Bildähnlichkeit erzeugenden Dynamik (Processing, PHP, Flash im User Interface. 6/2013; 3/2020: Dreamlines 1.0 2018 durch Dreamlines 2.0 ersetzt).
  • Dreamlines

  • Roxana Torre: Personal World Map, 2005: Auf einer Weltkarte, die Kontinente als graue Flächen zeigt, können Hauptstädte der Welt durch Klick auf die gelb markierte Lokalisierung ins Kartenzentrum versetzt werden. Am oberen Kartenrand erscheint eine Leiste zur Bestimmung von Flugreisezielen durch die Wahl der Flugdauer und der Preise der Flugtickets. Die dann erscheinende Karte zeigt in konzentrischen Kreisen die Entfernungen der erreichbaren Orte ("Anamorphic Mapping"). Außerdem können auch Zeit oder Geld als Parameter der Kreise gewählt werden. Wenn die erreichbaren Orte mit dem Cursor berührt werden, erscheinen Reisepreis und -dauer (Flash, Python. 6/2007).
  • Personal World Map

  • UBERMORGEN.COM/Paolo Cirio/Alessandro Ludovico: GWEI – Google Will Eat Itself, 2005: Überweisungen von Google an Konten der Inhaber von Webseiten für die Freischaltung von Fenstern zur Nutzung durch das Textwerbung einsetzende AdSense-Programm werden genutzt, um möglichst viel Geld zu verdienen, das in Aktien von Google investiert wird. Die Aktien erhält die GTTP Ltd. (Google To The People Public Company) und verteilt sie an die Öffentlichkeit der NetzteilnehmerInnen. Ziel der Investitionen ist, Google aufzukaufen – durch nichts anderes, als durch die Gewinne, die sich mit Google erzielen lassen: Die Index-Seite von gwei.org gibt den aktuellen Stand der Aktien und ihren Wert an sowie die Zeit, die beim jetzigen Erwerbstempo für den Besitz aller Aktien benötigt werden würde. Das Verfahren, durch Klicks auf eine Webseite mit Googles Textwerbung eine Serie von Robotern zu aktivieren, welche die Klicks in einem Netwerk von Websites vermehren, hat die Rechtsabteilung von Google Germany zwar dazu veranlasst, Hans Bernhard in einem Einschreiben darauf hinzuweisen, dass die künstliche Generierung von "Klicks auf Anzeigen" nach den "Allgemeinen Geschäftsbedingungen von AdSense Online" verboten ist und Verstöße verfolgt werden. Google hat aber keine Anklage erhoben. Außerdem hat Google die für die Textwerbung von GWEI-Mitgliedern eingerichteten Websites (die als "decoy-accounts" eingesetzt wurden) vom AdSense-Programm ausgeschlossen, hat damit aber die Fortsetzung des Projektes nicht gefährdet (7/2007).
  • GWEI Diagram

  • Mario Klingemann/Oleg Marakov: Islands of Consciousness, 2006: Ein Index rechts zeigt in kleinem Format die Bilder, die aus Flickr.com geladen und in großem Format als filmischer Bildstrom präsentiert werden. Die Bildauswahl erfolgt nicht rein zufällig: Mindestens ein Merkmal beziehungsweise "Tag" muss das folgende mit dem vorangegangenen Bild teilen. Die visuellen Effekte sind zufallsgeneriert. Die Musik wird aus einem Klangarchiv (40 MB Soundsamples) generiert. Dieser Soundtrack beeinflusst die Abfolge der sich wiederholenden Bilder und visuellen Effekte. Der Film entsteht in Echtzeit im Rechner der BeobachterInnen, also sehen BeobachterInnen vor verschiedenen Rechnern nie den gleichen Film (Flash, Flashr. 6/2007; 3/2020: Nur noch die Tongenerierung funktioniert; Bildgenerierung als Videodokumentation).
  • Islands of Consciousness

  • Michael Mandiberg: Oil Standard, 2006; Real Costs, 2007: Das Firefox Plug-in "Oil Standard" ändert Preise, die Webseiten in U.S. Dollar angeben, in aktuelle Rohölpreise (in "Barrel"). Mit den Rohölpreisen auf dem Ölmarkt ändern sich in Echtzeit die Warenpreise in "Barrel". In "Real Costs" entwickelt Mandiberg das Plug-in 2007 weiter: Es ersetzt Flugdaten in Websites von Fluglinien wie Orbitz.com, United.com und Delta.com durch Berechnungen des CO2-Ausstoßes. Die Luftverschmutzung von Flugzeugen wird verglichen mit dem CO2-Ausstoß von Reisen mit dem Bus oder Zug, welche die gleiche Strecke zurücklegen (Firefox Extension Greasemonkey. 6/2007).
  • Oil Standard

  • Dan Phiffer/Mushon Zer-Aviv: ShiftSpace, 2006-2011: Nach der Installation der Greasemonkey Firefox Extension, der ShiftSpace Applikation (Version 09, 14.6.2007) und der Registrierung können Webseiten annotiert werden und die Anmerkungen sind im Internet auf der annotierten Seite abrufbar. Mit Shift- und Space-Taste wird die Konsole aktiviert. Unter dem "§"-Zeichen erscheinen die Annotationen, die von TeilnehmerInnen erstellt wurden. Eine Liste aktueller Annotationen erscheint auf der Homepage des Projektes unter "latest shifted sites". Mit der Shift-Taste lässt sich das Shift-Menü mit den Buttons für Funktionswerkzeuge neben dem Cursor öffnen. Mit "Notes Space" können Anmerkungen geschrieben und mit "Highlight" markiert werden, während mit "Image Swap" Bilder auf den Webseiten durch Bilder ersetzt werden können, die vorher zum Beispiel in Flickr.com gespeichert wurden, und mit "Source Shift" kann der Quellcode geändert werden (Firefox Extension Greasemonkey, Javascript, PHP, SQLite, freie Software: GNU GPL. 6/2007. 6/2013: Website exisitiert nicht mehr. Die Entwicklung des Projektes wurde 2011 eingestellt).
  • ShiftSpace

  • Páll Thayer: On Everything, 2006: Das Projekt kombiniert zwei Ressourcen: Fotos von Flickr.com und Texte aus RSS Feeds von Blogger.com. Die Quellen werden von Perl-Scripts ausgewählt und mit Hilfe weiterer Scripts (in Perl und als Pure Data Patches) interpretiert. Sich aufbauende Zeichnungen mit kolorierten Flächen als Interpretation von Fotos aus dem Flickr-Archiv, Textproduktionen mit den Feeds-Quellen und mit Speech-Synthesis audiell interpretierte Texte (.mp3-Strom) sind drei simultan wahrnehmbare Stränge endlos fortsetzbarer Generierungen (Image Magick, Autotrace, Pure Data, Perl, Processing, Java u.a. Open Source. 6/2007; 3/2020: nur noch als Dokumentation im Web).
  • On Everything

  • Wafaa Bilal: Domestic Tension, 2007: Der Iraker Wafaa Bilal richtete in der Flatfile Gallery (Chicago) einen Raum mit Bett, zwei Tischen, Computer und Trainingsrad ein, um in ihm einen Monat lang zu leben. "Paintballs" mit gelber Farbe lagen in einer Schießvorrichtung, die über das Internet ausgelöst werden konnte. Die Website des Projektes zeigte die Bilder der Kamera auf der Schießvorrichtung und ermöglichte es, die "Paintballs" abzuschießen. Außerdem konnten ihre BesucherInnen miteinander in einem Chat kommunizieren. Bilal wollte an seinen Bruder erinnern, der in Irak von einer amerikanischen Missile getroffen wurde, und fragte sich, wie er in das sichere Amerika die irakische Situation importieren könnte (Vorläufer: Caleb Larsens Installation Monument (2006), die bereits auf Internet-Daten über getötete Personen mit Schüssen kleiner gelber Kugeln in einen Ausstellungsraum reagiert. 6/2013, 10/2022).
  • The Intruder

  • Wayne Clements: logo_wiki, 2007: WikiScanner von Virgil Griffith (2007) liefert die Daten für logo_wiki: Von den im WikiScanner erkennbaren Veränderungen von Wikipedia-Beiträgen durch anonyme AutorInnen, deren IP-Adressen sich zu Servern des Militärs, von Regierungen und zu Korporationen zurückverfolgen lassen, zeigt logo_wiki in Echtzeit die aktuellen an, und ersetzt das Wikipedia-Logo durch das Logo des Unternehmens oder der Institution, für das oder die geschrieben wird (Perl. 10/2009, 10/2022: WikiScanner ist Offline).
  • wiki_logo

  • Jonathan Harris: Universe, 2007: Das Projekt ermöglicht assoziatives Springen durch Tagesmeldungen aus verschiedenen Zeitungen. Die Meldungen des amerikanischen News-Aggregators Daylife lassen sich mit Stichworteingaben abrufen. Ein Java-Applet bietet verschiedene grafische Möglichkeiten, die gefundenen Meldungen in Zusammenhängen zu sehen: In "Shapes" zum Beispiel erscheinen Schlagworte, als wären die Buchstaben Darstellungen von Sternkonstellationen am Firmament. Nach dem Klick auf einen der Begriffe kreisen die gefundenen Meldungen um eine Mitte, in der nach einem weiteren Klick die gewählte Meldung erscheint, und der nächste Klick auf diese Meldung ruft wiederum innerhalb des gewählten Zeitraums ("past day/past month/past year") weitere zum Titel (als Stichwortgeber) passende Meldungen auf. Links führen zu den Quellen der Meldungen in "Daylife" (Java, Processing. 6/2007).

    Universe George W. Bush: Secrets, 13.5.2007: Past Week

  • Trevor Paglen/The Institute for Applied Autonomy (IAA): terminalAir, 2007: Das Projekt stellt auf einer Weltkarte den Flugverkehr des CIA (Central Intelligence Agency, U.S.A.) zwischen kommerziellen Flughäfen und Militärstützpunkten vor. Diese Flüge sind Teil eines "extraordinary rendition program" und damit wichtiges Element der Ausführung illegalen Kidnappings zum Zweck des Verhörs von Verdächtigen mit Foltermethoden. Die "torture taxi data" sind chronologisch abrufbar und werden aktualisiert (Flash. 6/2007; 3/2020: Teile des Projekte sind im Internet Archive abrufbar).
  • terminalAir

  • Jason Rohrer: Passage, 2007: Die "Passage" des Lebens führen SpielerInnen sich in der Spielzeit von fünf Minuten vor. Spielfiguren und -feld erscheinen in 8 Bit Optik. Das Spiel kann mit einer oder zwei Figuren gespielt werden. Zunächst erscheint ein horizontaler Gang, der aber mit den Pfeiltasten für vertikale Bewegungen verlassen werden kann. Dies kann vor oder nach der `Begegnung´ mit einer weiblichen Figur geschehen, die in letzterem Fall die zuerst erscheinende männliche Figur begleitet. Wie immer gespielt wird: Es kann nicht verhindert werden, dass weibliche und männliche Figur nacheinander sterben (mit mtPaint und SDL Library. Applikation mit 4,9 MB zum Download für Windows, Mac, Linux und iPhone. 10/2009).
  • Passage

  • Burak Arikan: MYPOCKET, 2008: "MYPOCKET" zeigt die Folgen von Vorhersagen, die auf Grund von Wahrscheinlichkeitsrechnungen erstellt werden: Die Grundlage der Vorhersagen zukünftiger Banküberweisungen liefern Burak Arikans Überweisungen der letzten drei Jahre. Wenn Arikan die Vorhersagen in seine Lebensweise integriert, dann entsteht ein Zirkel zwischen Handeln und programmierten Vorhersagen. "MYPOCKET" besteht aus "Transaction Graphs" zur Darstellung ausgeführter Überweisungen, einem RSS Feed zur Übertragung der Vorhersagen und einer Dokumentation von Überweisungsbelegen mit Stempel, welche die vorhergesagte Wahrscheinlichkeit angeben (Java, Flash, RSS Feed. 6/2013).
  • MYPOCKET

  • Mark Beasley: reply-all.org, 2008/Version II, 2009: Die Mailing List erleichtert das Schreiben von e-Mails, da sie Alternativen vorschlägt, wofür Texte der archivierten Mails als Resourcen eingesetzt werden. Die list.serv/mailing list-Software teilt einer Mail als Adressaten AutorInnen archivierter Mails nach Systemkriterien (Kriterien der Ähnlichkeit abgesandter Mails: Länge, Inhalt und die Häufigkeit gebrauchter Worte) zu. Die Vorschläge und die Adressierung verändern sich mit der Menge archivierter Mails. Archivierte Beiträge werden vom System modifiziert: Die Veränderungen werden mit eckigen Klammern markiert. Ein Bot generiert Twitter-Beiträge aus dem e-Mail-Archiv, die unter reply_all verfolgt werden können (Python, Javascript. 10/2009; 3/2020: Das aktuelle Projekt unterscheidet sich stark von dem Projekt von 2008-2009).
  • reply-all.org

  • Jonah Brucker-Cohen: Google Alert Loop, 2008: Google Nachrichten und Suchresultate können mit Google Alert als an die eigenen Interessen angepasste e-Mails empfangen werden. Brucker-Cohen leitet diese Meldungen weiter an einen Blog in Blogger.com (im Besitz von Google). Die in Google Alert bereits wiederholte Meldung wird im Blog noch einmal wiederholt und kann wiederum Inhalt des nur Google Services auswertenden Google Alert (und damit des Blog) werden. Die Strategie von Google, für die Verbreitung vieler Meldungen zu sorgen, wird in ihren Konsequenzen gezeigt: infinite Meldungsloops (10/2009; 3/2020: Projekt inaktiv).
  • Google Alert Loop

  • Tiffany Holmes: World Offset, 2008: Das Projekt animiert zum Einsparen von Kohlenstoff (CO2). Es bietet eine Liste an Einsparmöglichkeiten. TeilnehmerInnen können ihre geplanten Einsparungen bzw. Versprechen ("promise") anonym oder mit Username eintragen. Statistiken und eine Karte (Google API) zeigen den aktuellen Stand der Einsparungen an – wenn die Versprechen der Realität entsprechen. Das Projekt erleichtert TeilnehmerInnen eine freiwillige Selbstinstruierung. Sie entscheiden, ob die Grenze von der Datenwelt zur praktizierten Ökologie überschritten wird (10/2009; 3/2020: Projekt inaktiv).
  • World Offset

  • Steve Lambert: Add-Art, 2008: Das PlugIn auf der Basis der Firefox Extension Adblock Plus (2006) ersetzte Werbung alle 2 Wochen durch neue Bilder von KünstlerInnen. Im Browser erschien rechts oben ein rotes ADB-Logo. Ein Klick auf dieses Logo öffnete ein Menü, über das einzelne Add-Art-Elemente blockiert werden konnten (Perl, JavaScript, Open Source. Nicht für neue Firefox-Versionen aktualisiert; 10/2009, 7/2015).
  • Add-Art: Muster

  • Molleindustria: Free Culture Game, 2008: In diesem Spiel mit offenem Ende sind die TeilnehmerInnen an Open Source Kulturen von VertreterInnen eingekreist, die an Urheberrechts- & Patentverwertungen interessiert sind. Die Spieltaktiken stehen stellvertretend für aktivistische Taktiken, einen Sieg der Kommerzialisierung von Urheber- und Patentrechten zu verhindern (Flash. 10/2009).
  • Free Culture Game

  • Nick Montfort: ppg256 (Perl Poetry Generator in 256 characters), 2008-2012: Nick Montfort stellte "ppg256" in Texten vor, die Versionen des Codes enthalten, der in die "command line" zu übertragen ist. Montfort folgte dem Ziel von Perl Golf, möglichst kurze Programme zu schreiben, und erstellte einen möglichst kurzen Code aus 256 Buchstaben. Das Programm generiert Worte und kombiniert diese in Gedichten aus ein bis sieben Zeilen und Überschrift (Perl, 6/2013).
  • ppg256

  • Eduardo Navas: Traceblog, 2008: TrackMeNot wurde 2006 von Daniel C. Howe und Helen Nissenbaum entwickelt, um Data-Mining zur Erfassung privater Vorlieben ad absurdum zu führen: Die Firefox Extension erzeugt einen Überfluss an Suchanfragen, durch die eigene Logs – und so auch die sie leitenden Vorlieben – unerkannt bleiben. In Traceblog veröffentlicht Navas die Anfragen seiner von ihm mit dem Öffnen von Firefox gestarteten TrackMeNot-Anwendung in einer nicht leicht lesbaren und der Selbstdarstellung in Blogs entgegen gesetzten Art "to reference the actual form in which the logs would be stored in a database." So entsteht mit TrackMeNot in Blogger ein automatisierter Blog – ein Gegensatz zum Überfluss an Blogs mit Meinungsäußerungen. Blogger gehört Google, deren Suchmaschine wird von den Suchanfragen überfüttert und deren Verwertung für Google Ads und andere Google Services wird zwecklos (10/2009).
  • Traceblog

  • Nick Knouf: MAICGregator, 2009: Die Firefox Extension ersetzte Links und Fotos auf akademischen Webseiten via Data Mining durch externe Links und Fotos, welche die Verbindungen zu Sponsoren aus militärischen Komplexen und industriellen Bereichen anzeigten. Außerdem wurde die Suche nach Informationen über Trustees unterstützt ("Current Alternative News"). Mit einem Klick auf Refresh konnte die ursprüngliche Webseite aufgerufen werden (Freie Software: GNU GPL V3 mit Veränderungen. Seit 2014 nicht mehr aktualisiert; 10/2009, 7/2015).
  • Homepage USC with MAICGregator

  • Moddr Lab: Web 2.0 Suicide Machine, 2009: Mit der Website lassen sich private Einträge und Freund-Verbindungen von Facebook-, Myspace-, LinkedIn- und Twitterkonten entfernen. Das Passwort und das "profile picture" werden geändert. Facebookkonten werden nicht mehr auffindbar (aber nicht gelöscht). Moddr Labs "Web 2.0 Suicide Machine" wie auch Les Liens Invisibles Seppukoo (2009) machen auf das Problem aufmerksam, dass die Registrierten mit ihren Beiträgen zwar kostenlos den Besitz von Facebook vermehren, dennoch können sie nicht frei darüber verfügen, wie ihre Beiträge gespeichert und verbreitet werden. Facebook verwies auf seine Besitzrechte, als es mit einer Cease- and Desist-Aufforderung an Moddr und Les Liens Invisibles reagierte (6/2013, 10/2022: Website nicht erreichbar).
  • Web 2.0 Suicide Machine

  • Páll Thayer: Microcodes, ab 2009: Pall Thayer sammelt seine Ideen für in Perl gechriebene Codes auf der Site "Microcodes". Die Codes sind sowohl als Text lesbar als auch im Hinblick auf die Rechenprozesse, die sie auslösen können. Während Code Poetry Code-Elemente mit Textelementen ohne Rücksicht auf steuerbare Rechenprozesse kombiniert, enthält die erste Zeile aller "Microcodes" mit dem Code "#!/usr/bin/perl" den Befehl zum Starten des "Perl interpreters" (s. Thayers "Guide for Non-coders". Perl, GNU GPL; 7/2015).
  • Microcodes

  • Use All Five: Social Weather Mapping | Smalltalk, 2009: "Smalltalk" visualisiert Twitter-Einträge, in denen die Wetterzustände bezeichnenden Prädikate "sunny rainy snowy windy foggy" und deren Varianten als Verben oder Substantive vorkommen. Runde Flächen in (Begriffe für) Wetterbedingungen charakterisierenden Farben erscheinen an den Orten, an denen sich AutorInnen von Twitter-Beiträgen lokalisieren lassen. Die Karte bilden nicht geographische Merkmale, sondern Ortsnamen in geographischen Abständen. Die aktuellen Twitter-Einträge können auf der Karte abgerufen werden: Nach einem Klick auf einen der Kreise erscheint der Username, mit einem weiteren Klick erscheint dessen Eintrag mit Link zur Quelle in Twitter. Ein Live Feed zeigt unter der Karte den letzten (oben) und den vorletzten (unten) Eintrag an (Twitter Search API, JavaScript. 10/2009; 3/2020: Projekt nicht mehr im Netz).
  • SmallTalk

  • and-or (René Bauer/Beat Suter): Laichenberg (defect3) – fraq spawn, 2010: Der/die SpielerIn des als Application abladbaren Ego-Shooters wird in einem Bunkersystem mit Soldaten konfrontiert. Der Versuch möglichst viele Soldaten zu töten, muss nicht gelingen, da VerlierInnen an den Kampfort zurück versetzt werden und sie inmitten der gefallenen Gegner weiter spielen können. Die Eigenheiten der Spielprogrammierung provozieren bei Spielhandlungen wie den Bewegungen der Gegner und dem Gewehrfeuer Verfremdungseffekte statt realitätsnahe Simulation. Schließlich findet sich der/die SpielerIn unfähig, den selbst erzeugten Leichenberg zu übersteigen. Das Spiel stellt mit der Selbstbehinderung des/der SpielerIn und der Unterwanderung der Realismusanforderung die Computerspielgattung Ego Shooter und deren Militarismus in Frage (6/2013).
  • Laichenberg (defect 3) - fraq spawn

  • and-or (René Bauer/Beat Suter)/Auer, Johannes: searchSonata 181, 2010: Aus Eingaben von BesucherInnen der Website und Zufallsselektionen aus aktuellen Sucheingaben in Bing bildet der Poetikgenerator einen "Words-Pool". Ein automatisierter Passwortgenerator folgt dem FIPS (Federal Information Processing Standard) 181 (seit Oktober 2015 ungültig), der ein Programmierverfahren zur Erzeugung von Passwörtern mittels eines ebenfalls in einem Standard festgelegten Zufallsgenerators (FIPS PUB 197) beschreibt. Diese Passwörter sollen komplex genug sein, um nicht geknackt werden zu können, aber auch aus "simple pronouncable syllables" bestehen. In Performances werden die generierten Buchstabenfolgen verlesen, die keine geringen Anforderungen an Vortragende stellen. Über Videodokumentationen kehren diese Vorträge in die Netzwelt zurück (6/2013).
  • searchSonata 181

  • Les Liens Invisibles: Repetitionr, 2010: Man fülle das Petitionsformular aus und gebe an, wie viele Signaturen erzeugt werden sollen. PetitionsautorInnen werden in e-Mails über den Fortschritt der Signaturproduktion unterrichtet. Mit "Repetitionr" lassen sich Petitionen vermeiden, denen die Zustimmung fehlt. Zustimmungsstastiken werden durch Sites wie "Repetitionr" fragwürdig (6/2013, 10/2022: Meldung "Critical Error").
  • Repetitionr

  • Jim Andrews: Aleph Null, 2011: Die Möglichkeiten von "Aleph Null", Farbmusik zu generieren, lassen sich über ein Interface mit "Sliders" ausloten. Mit der Eingabe der Zahl "1" (oder einem Klick auf das Aleph Null-Signet links oben) lässt sich das Slider-Interface aufrufen. Beim Überfahren der rechten unteren Zone mit dem Cursor öffnet sich die Gebrauchsanweisung. Die Gebrauchsanweisung erleichtert es, die Auswahl an Farben und Formen während der Generierung zu ändern (JavaScript, HTML5. Freie Software. 6/2013).
  • Aleph Null

  • Paolo Cirio/Alessandro Ludovico: Face to Facebook, 2011: Nachdem Paolo Cirio und Alessandro Ludovico eine Million Profile Facebook entwendet haben, prüften sie diese auf ihre Brauchbarkeit für eine Dating-Website. Mit Hilfe eines Programmes zur Gesichtserkennung ordneten sie Kriterien für Geschlechter und Kategorien wie "Smug Man" oder "Easy Going Woman" zu. Wer die Dating Site lovely-faces.com besucht, erhält Offerten für einen Zufallseinstieg in die Gruppen, die sich aus der Zuordnung ergaben. Facebook hat erwartungsgemäß mit Cease-and Desist-Aufforderungen reagiert, da "lovely-faces.com" Informationen wieder verwendet, auf die Facebook Copyright-Ansprüche erhebt. Über Facebook Messages können BesucherInnen von "lovely-faces.com" mit den abgebildeten Menschen kommunizieren (6/2013, 10/2022: lovely-faces.com nicht mehr im Web).
  • Face to Facebook

  • Molleindustria: Phone Story, 2011: Eine vier Minispiele begleitende Stimme klärt über die Arbeitsbedingungen in verschiedenen Phasen der Produktion von Smartphones auf. So werden unter Anderem die Bedingungen beim Koltan-Surfen in der Demokratischen Republik Kongo und bei Foxconn in Taiwan vorgestellt, während der/die SpielerIn die Spielfunktionen eruiert und damit die vom Spiel nachgestellten Ziele der Arbeitgeber verfolgt. Die Komplizenschaft des Spielers/der Spielerin als Smartphone-BesitzerIn thematisieren die Versionen für Google Android, MacOS und Windows. Die iPhone-Version wurde von Apple zensiert und aus dem App Store verbannt. Der Preis von 73 Cent für die Android-Version dient der Unterstützung von Organisationen, die sich gegen die inhumanen Arbeitsbedingungen engagieren (6/2013).
  • Phone Story

  • Laimonas Zakas: Glitchr, 2011: Text, der nicht den Zeilen folgt, sondern sich zu grafischen Patterns aus sich vom Wortzusammenhang verselbständigenden Buchstaben fügt, zeigt Laimonas Zakas unter "Glitchr" in Facebook, Twitter, Tumblr und Google+. Er führt so die Probleme der Programmierung von Social Networks im sie erzeugenden Medium vor. Durch seinen exklusiven Gebrauch von unicode characters provoziert Zakas die standardisierte (und teilweise inzwischen geänderte) Formatierung von Social Networks und erzeugt eine neue Variante Visueller Poesie (6/2013).
  • Glitchr Facebook

  • Ben Grosser: Facebook Demetricator, 2012: Während Burak Arikan in "MyPocket" (2008, s. Kurztipp) die Folgen der Quantifizierung des Lebens für Statistiken und Vorhersagen anzeigt – Lebenswelt und Datenwelt durchdringen sich, bis Erstere von Letzterer bestimmt wird – werden in Ben Grossers Browserextension (für Google Chrome, Safari, Firefox mit Greasemonkey) die in Facebook integrierten Statistiken unsichtbar: Die Mengen an Freunden, Kommentaren und Zustimmungen ("like") werden verborgen (Javascript, jQuery. Open Source. 6/2013).
  • Facebook Demetricator

  • Jonas Lund: The Paintshow, 2012: Paintshop.biz ist ein Webprogramm für das kollaborative Erstellen von Bildern mittels Mausbewegungen (vgl. Graphic Jam, 1999 von Andy Deck und Mark Napier). Wer den Prozess der Bilderstellung durch einen Klick auf "Sign & Sell the Painting" abbricht, kann mit einem Namen signieren, der dann eines der Anhaltspunkte für das Ranking in der Bildergalerie wird. Der Bekanntheitsgrad der von TeilnehmerInnen eingesetzten Künstlernamen wird mit Statistiken von Artfacts Ranking, Facebook Likes, Retweets und Google Page Rank ermittelt. Daraus ergibt sich die Reihenfolge der Bilder im online catalogue, und die/der Signierende erhält beim Verkauf den Erlös (nach Abzug der Unkosten). KäuferInnen können für jeden Entwurf eine Ausführung auf Leinwand bestellen. In der Paintshow (Studio des Stedelijk van Abbemuseum, Eindhoven, 12.-19.12.2012) hingen tausend Farbdrucke der ersten tausend Entwürfe im Ranking lückenlos über- und nebeneinander. KäuferInnen erhielten die Farbdrucke der Ausstellung sofort, und das verkaufte Bild wurde durch ein anderes ersetzt (6/2013).
  • The Paintshow

  • Julian Oliver: Border Bumping, 2012: Das Projekt besteht aus einer Application für Android Smartphones und einer Website mit einer Landkarte. Mit der Application lassen sich an Ländergrenzen die Differenzen zwischen mobiler Länderkennung und geographischem Grenzverlauf feststellen und dokumentieren. Eine Landkarte auf der Website des Projektes zeigt die Verschiebungen zwischen geographisch festgelegtem Grenzverlauf und von Smartphones angezeigtem, mit einem Wechsel des Dienstanbieters verbundener Grenze (6/2013).
  • Border Bumping

  • Brian House: Tanglr, 2013: Wenn "Tanglr" nach seiner Installierung als Google Chrome-Erweiterung aktiviert wird, dann wird sein/e AnwenderIn anonym mit einem/einer PartnerIn verbunden, den/die das System wählt. Jedem/jeder PartnerIn zeigt der Browser die Surf-Aktionen der anderen Seite an. Um noch im Web aktionsfähig zu sein, müssen beide Seiten Wege finden, zu kooperieren: Wer agiert, benötigt den/die PartnerIn, um die verlorene Kontrolle über den Browser wieder zu erlangen (Python, Tornado. Freie Software: GNU GPL. 6/2013).
  • Tanglr

  • Nicolas Maigret: The Pirate Cinema, 2013: Die Online-Version zeigt einen Strom von BitTorrent-Segmenten der 100 am häufigsten heruntergeladenen Filmen der Plattform Pirate Bay. Die Filme werden in der Übertragung von Client zu Client (Peer to Peer) fragmentiert und nach der Übertragung wieder zusammengesetzt (Torrent). Die Absender- und Empfänger-Länder der Filmfragmente erscheinen im Vorführungsfeld links und rechts oben. In Installationen sorgen bis zu fünf Computer für ein konstantes Herunterladen von Filmsegmenten, die simultan präsentiert werden (7/2015).
  • The Pirate Cinema

  • Will Pappenheimer/Tamiko Thiel: Biomer Skelters, 2013: Ein Herzfrequenzmesser liefert Input an ein AR(Augmented Reality)-System in Smartphones oder Tablet PCs. In Kameraaufnahmen der Umgebung erscheinen mittels Layar Simulationen von Pflanzen, die in Abhängigkeit von der Herzfrequenz wachsen. PassantInnen können zwischen lokalen oder exotischen Pflanzen wählen, die auf einer AR-Karte lokalisiert sind und vom AR-System beim Passieren im Bildschirm angezeigt werden. Für verschiedene Anlässe in Liverpool, Dubai und der Schweiz ist die Simulation der lokalen Pflanzen angepasst worden (AR Map, Biosensor, Google Map, HR Transmitter, Layar, Smartphone oder Tablet PC mit GPS-Empfänger; 3/2020).
  • Biomer Skelters

  • Umbrellium: Thingful, 2013: Usman Haque gründete Umbrellium und startete mit "Pachube" (heute: "Xively") ab 2007 ein Projekt, das mittels Datenvisualisierung auf Karten eine Übersicht über lokale Sensoren bietet, deren Daten via Internet verknüpft, öffentlich zugänglich (M2M Sensors) und anderweitig verwendbar sind. War bei "Pachube" noch die klassische Geotagging-Graphik dominant und war das Projekt noch eher eine Software für verschiedene regionale Anwendungen, so ist bei "Thingful" die globale Verknüpfung der Ausgangspunkt der Programmierung. Die grafische Übersicht über das "Internet of Things" ermöglicht es, Datenerhebungen nach der Art der Sensoren (Kategorien: Health, Environment, Home, Energy, Flora & Fauna) getrennt in spezifisch gefärbten Tags als auch kombiniert auf Satellitenkarten zu finden. "Watchlists" ermöglichen es, Sensoren hinzuzufügen. Die "Watchlists" erleichtern die Konzentration auf bestimmte Datenerhebungen. Die Karte kann mit ihren Funktionen in Webseiten integriert werden (7/2015).
  • Thingful.net

  • AlteredQualia: xg, 2014: Die Augen der 3D-Simulation eines Kopfes starren auf einen Punkt, als orientierten sie sich an einem/r UserIn vor dem Monitor. Zugleich folgt der Kopf den Bewegungen des Cursors. Licht und Schatten verändern sich mit den Kopfbewegungen (Web GL, GGX/BRDF (Bidirectional reflectance distribution functions), Augen mit "BlendSwap" von Max Puliero; 7/2015).
  • xg

  • Vibeke Bertelsen/Zack Christ: Valley of Uncanny #01, 2014: Der Däne Vibeke Bertelsen präsentiert ein Visual zu Zack Christs "Tungo" im Browser: Er koordiniert Animationen eines Kopfes, die in WebGL programmiert sind, mit der Musik von Christ mittels "multiple tracks of keyframes". Die horizontale und vertikale Neigung des Kopfes kann durch Cursorbewegungen modifiziert werden (WebGL, Three.js; 7/2015).
  • Valley of Uncanny #01

  • Andrew Lyman: [openspace] wilderness, 2014: Andrew Lyman archivierte einen Teil der Posts, die auf der Plattform Blogger.com gespeichert wurden, bevor sie Google Plus übernahm. Die archivierten Einträge waren 2014 mindestens sechs Jahre alt. Ausgefiltert wurden Blogs, deren Posts nicht in englischer Sprache geschrieben wurden und/oder "weniger als zwei Posts" enthielten. Mittels Google Blogger API werden Suchanfragen in dem bis 1999 verwendeten 9-stelligen ID-System ausgeführt. In "[openspace] wilderness" können alte Posts bewertet ("[like]") und kommentiert ("[comment]“) werden. BesucherInnen der Site können sich als "predators" oder "foragers" registrieren und erhalten dann verschiedene Zugangsrechte zu Funktionen, durch die auf archivierte Posts reagiert und der Database ein `zweites Leben´ verliehen werden kann (django vl.5 als Editor, Python, jquery, HTML, CSS; 7/2015; 3/2020: nicht mehr im Netz, Videodokumentation).
  • [openspace] wilderness

  • !Mediengruppe Bitnik: Random Darknet Shopper, 2014: Für eine Installation in der Ausstellung "The Darknet – From Memes to Onionland. An Exploration" (Kunst Halle St. Gallen 2014) entwickelten Carmen Weisskopf und Domagoj Smoljo einen Bot, der im (nur über einen Tor-Browser zugänglichen) Darknet jede Woche eines der Angebote im Agora Market Place willkürlich auswählte und Bestellungen mit Bitcoins im Wert von je hundert Dollar ausführte. Das Bestellte wurde an die Kunst Halle geschickt und dort in 10 Glaskästen präsentiert. Nach der Finissage wurde Staatsanwalt Jan Duttweiler alarmiert, dass auch Drogen unter den ausgestellten Objekten waren. Der Staatsanwalt beschlagnahmte das Werk, um es drei Monate später an die !Mediengruppe Bitnik zurück zu geben und ihre Mitglieder wurden über den Verzicht auf eine Anklage informiert, weil die Ausstellung von Drogen als Kunst für zulässig erachtet wird, da sie nicht konsumierbar ausgestellt wurden. Das Paket mit Ecstasy wurde von der Polizei geöffnet und die 10 Pillen wurden nach der Untersuchung vernichtet. Als Relikte der Aktion bleiben die Kästen mit den bestellten Objekten und die Webdokumentation der Einkäufe (Terminal mit Tor-Browser, Crawler, 10 Glaskästen; 7/2015).
  • Random Darknet Shopper

  • Einar Öberg: Urban Jungle, 2014: Nachdem auf einer modifizierten Ansicht von Google Maps ein Ort durch Ortseingaben und/oder Verschieben eines Pegman-Icons gewählt wurde, erscheint auf Google Street View eine von Fauna überwucherte Ansicht dieses Ortes. Öberg nutzt Googles Tiefendaten der Street Views, um Ansichten von Boden und Fassaden in einen "urban jungle" zu verwandeln. Der Pfeil erhält in "Urban Jungle" eine plastische Form und der BeobachterInnenstandort lässt sich nur noch über sehr viel kürzere Distanzen als in Google Street View verschieben. Hin und wieder transportiert "Urban Jungle" BeobachterInnen in 3D-Ansichten von Innenräumen (WebGL, three.js, HTML 5, Javascript; 7/2015; 3/2020: Projekt inaktiv, Videodokumentation).
  • Urban Jungle

  • Jochen Maria Weber: Cuckoo, 2015: Das Verschlüsselungssystem setzt zum Versand soziale Netzwerke ein und kehrt deren Kontrolle über NutzerInnendaten um. Auf Arduino-Basis erstellte relativ kleine Geräte dienen zur Ver- und Entschlüsselung auf Sender- und Empfängerseite. Die Verschlüsselungsmethode ändert sich mit jeder neuen Nachricht. Die verschlüsselte Nachricht wird gesplittet und über APIs von Skype, Tumblr und Twitter verschickt. Das Empfängergerät setzt die Splitter wieder zur Nachricht zusammen und entschlüsselt sie (7/2015, 10/2022: Videodokumentation, Website nicht gefunden).
  • Cuckoo

  • Disnovation.org (Nicolas Maigret/Jerome Saint-Clair/Maria Roszkowska): Predictive Art Bot , 2015-18: Ein Bot stört die Filterblasen der Social Media, indem er aktuelle Meldungen verschiedener Plattformen als Textquellen verwendet, aus denen er Konzepte für die Realisation von Kunstwerken generiert. Auf der linken Seite werden Meldungen aus drei Plattformen aktualisiert, während aus ihnen auf der rechten Seite laufend neue Konzepte automatisch erstellt werden. UserInnen können wählen, welche Konzepte auf Twitter gespeichert werden (Bot, Bootstrap; 3/2020).
  • Predictive Art Bot

  • Julien Deswaef/Matthew Plummer-Fernandez: Shiv Integer, 2016: Von Februar 2016 bis Mai 2017 wählte ein Bot im Zufallsverfahren Entwürfe im .stl-Format für 3D-Drucker, die in der Plattform "Thingiverse" mit der Creative Commons-Lizenz für Remix-Versionen gespeichert waren, und kombinierte sie zu nutzlosen und teilweise nicht in 3D druckbaren Varianten. Die Namen für diese Versionen wurden ebenfalls aus Elementen des Thingiverse-Archivs generiert. Mit diesen Bezeichnungen wurden die .stl-Dateien in "Thingiverse" unter "shivinteger" gespeichert. Im "Generating Attributions Log" sind die Entwürfe aufgelistet, aus denen der Bot Elemente für einen neuen Beitrag gewählt hat. Die AutorInnen der gewählten Entwürfe erhielten von "Thingiverse" Warnmeldungen. In den Kommentaren werden die generierten Versionen häufig als Spam bezeichnet (Bot; 3/2020).
  • Predictive Art Bot

  • Okhaos: Plantoid, 2016: Plantoid besteht zum einen aus einer kinetischen Skulptur, die Pflanzenformen imitiert, und zum Anderen aus einem Smart Contract in Ethereum (auf der Basis von Blockchain), der festlegt, wie mittels Förderinnen/Förderer die Entwicklung einer neuen "Pflanze" gesteuert wird. Jede Skulptur hat ein "Bitcoin wallet", an das Förderinnen/Förderer Geld überweisen können. Auf eingehende Spenden kann die "Pflanze" mit Bewegungen und Licht reagieren. Jede "Pflanze" sollte durch anzuheuernde EntwicklerInnen so attraktiv gestaltet sein, dass durch Förderinnen/Förderer genug Bitcoins gesammelt werden, um mit diesen "funds" die Entwicklung neuer "Pflanzen" starten zu können. Blockchain-Systeme werden als "Distributed Autonomous Systems" (DAOs) verstanden, und de Filippi leitet daraus die Rechtfertigung ab, "Plantoid" als "a self-replicating system" zu bezeichnen – dennoch: "Plantoids cannot reproduce themselves on their own." (De Filippi, Primavera: Plantoid – the Birth of a Blockchain-Based Lifeform. In: Catlow, Ruth/Garrett, Marc/Jonas, Nathan/Skinner, Sam (Hg.): Artists Re:Thinking the Blockchain. Liverpool 2017, S.60) (Blockchain, Smart Contract, kinetische Metallskulptur, Website; 3/2020).
  • Plantoid

  • Paul Seidler/Max Hampshire/Paul Kolling: terra0, 2016: "terra0" ist ein Konzept, ein Waldgebiet mittels Blockchain sich selbst verwalten zu lassen, indem ein digitales System mittels Ethereum etabliert wird. In einem ersten Verfahren erhält ein System entweder durch Menschen oder mittels eines Überwachungssystems Daten über verkaufbare Bäume, die mittels Anteilsscheinen als Smart Contracts in Ether verkauft werden. Sobald das System genügend Einnahmen aufweist, um sich selbst verwalten zu können, kauft es die Anteilsscheine von den Initiatoren des Projektes zurück, um fortan selbst über An- und Verkäufe entscheiden zu können. Auf diese Weise wird ein Wald als "non-human actor" (NHA) einer Digital Autonomous Organization (DAO) installiert (Blockchain, smart contract, Website, Wald; 3/2020).
  • terraO

  • Constant Dullaart/Adam Harvey: DullDream, 2017: "DullDream" fordert UserInnen zur Eingabe von Fotos auf. Mit den beiden zur Wahl gestellten Arten der Mustererkennung ("v1"/"v2") verändern sich die eingegebenen Fotos nicht, um sie markanter im Sinne eines auf bestimmte Weise mit Fotodaten gefütterten Programms zu machen, sondern um ihnen Eigenheiten bis zur Unkenntlichkeit des Dargestellten zu nehmen: Sie werden "dull", wie die Beispiele in der "Gallery of Recent Images" zeigen. Die "Detailed Analysis" zeigt die unterschiedlichen Arten der Bildbearbeitung, indem sie sechs ("v2") bis sieben ("v1") Transformationsphasen eines Bildes vorführt. Deep Learning-Strategien von Googles Deep Dream und der Einsatz von Bilderkennungstools in der Marktforschung werden konterkariert (3/2020, 10/2020: nicht im Web gefunden).
  • DullDream

  • Ben Benhorin: GIFCinema, 2018: UserInnen werden zur Eingabe eines Filmtitels aufgefordert. „GIFCinema“ sucht die Untertitel des Films (in opensubtitles.org) und legt diese der Suche nach Animated GIFs (in giphy.com) zugrunde. Die Untertitel werden sowohl in den Bildern angezeigt als auch von einer Roboterstimme gesprochen (Text Speech API). Drei generierende Systeme nutzen mehrere APIs, um aus digitalen Archiven ein neues Werk zu erstellen, das Fragen bezüglich Urheberschaft stellt: Sind Netzkulturen heute nicht schon so auf Vervielfältigung angewiesen wie GIFCinema, und passen dazu noch die aktuellen Autorenrechte? (10/2022).
  • GIFCinema

  • Olia Lialina: Self Portrait, 2018: Ein Diagram zeigt, wie ein `Film´ aus drei Quellen auf dem Bildschirm zusammengesetzt werden kann. Links ist eine über die üblichen Webbrowser abrufbare Webseite anzuordnen, während in der Mitte eine URL-Adresse über den Torbrowser und rechts eine URL-Adresse mittels Beaker aufgerufen werden sollen: Der Torbrowser ruft die URL-Adresse in einer im Vergleich zu normalen Webbrowsern schwer überwachbaren Weise ab, während Beaker ein "dat://"-Protokoll einsetzt. Lialina kombiniert über die Browser drei Internetstrukturen zu einem Selbstportät mit von hinten kommendem Wind, der ihr die Haare ins Gesicht weht. Im Loop aus Bildern, die wie in einer Filmsequenz synchron in den drei Browsern ablaufen, streicht sich Lialina mit der rechten Hand die Haare aus dem Gesicht (drei Browser für verschiedene Internetprotokolle und eine Anweisung für ihre Anordnung auf dem Bildschirm, Internetseiten mit HTML, Javascript und .jpg-Fotos; 3/2020).
  • Self Portrait

  • Amy Alexander: What the Robot Saw, 2019: Ein Livestream zeigt Videos (Bild und Ton) von Personen aus Filmen, die auf twitch.tv nicht favorisiert werden. Gezeigt werden Ausschnitte aus Filmen, die nur interne Suchprogramme (‚Roboter‘) erfassen: Da sie von den Suchprogrammen der Videoplattformen nicht angezeigt werden, können sie UserInnen nicht finden. Amazon Rekognition erkennt im Livestream für Alexanders Projekt Gesichter und sortiert sie nach Alter, Geschlecht und Ausdruck (“mood“). Mit diesen Informationen werden Bildtitel generiert, die in den Livestream eingeblendet werden. Da häufig Augen und Brillen im Livestream erscheinen, spielt die Suche von Amazon Rekognition nach Gesichtsmerkmalen offenbar auch eine Rolle bei der Wahl der Ausschnitte aus Videos – und wir sehen mit den ‚Augen‘ des ‚Roboters‘ (mit einem Archiv gespeicherter Livestreams) (10/2022).
  • What the Robot Saw

  • MEZ Breeze: The V[R]erses, ab 2019: In von ihr entworfene dreidimensionale drehbare Fantasiefiguren verteilt MEZ Breeze Ziffern. Clicks auf die Ziffern öffnen Textteile, die AutorInnen als "microstories" für jeden "V[R]erse" schrieben. Mit VR-Brillen, aber auch am Bildschirm ist die 3D-Simulation beobachtbar (Web VR, VR-Brille, Ton; 3/2020).
  • The Inchoate Arts

  • Joana Moll: The Hidden Life of an Amazon User, 2019: Ein Screenshot zeigt die Homepage von Amazon mit der Eingabe "Jeff Bezos". Als Moll am 17.6.2019 dessen Buch "The Life, Lessons & Rules for Succes..." kaufte, achtete sie auch darauf, mit welchen Codes Amazon das UserInnenverhalten verfolgt, um es zu beeinflussen. Diese für UserInnen unsichtbaren Codes präsentiert Moll unter dem Screenshot. Auf den Codes erscheinen Angaben des Energieverbrauchs, der durch diese Codes entsteht. Mit dem Scrollen über die Codes erhöhen sich die Angaben zum Energieverbrauch und UserInnen sehen sich mit dem Energieverbrauch konfrontiert, der auch durch ihre Personal Computer anfällt: Das Geschäftsmodell von Amazon, die Bedürfnisse seiner KundInnen immer besser lenken zu können, geht auch auf Kosten der KundInnen. Moll demonstriert diesen von Amazon versteckten Sachverhalt (HTML, Javascript, Screenshot; 3/2020).
  • The Hidden 
          Life of an Amazon User

  • Paolo Cirio: Art Derivatives, 2020: Paolo Cirio archivierte seit 2016 Auktionsergebnisse von Sotheby’s. Als Teil einer von ihm initiierten Kampagne zur Regulierung des Kunsthandels bietet er seit 2020 Reproduktionen zu einem Hunderttausendstel des Versteigerungspreises auf der Website von “Art Derivatives“ an. Die/der KäuferIn erhält erstens eine Datei mit einem Foto des versteigerten Werkes, auf dem der erzielte Preis in weißen Zahlen steht, und zweitens ein Zertifikat mit Signatur (10/2022).
  • Art Derivatives

  • Simon Weckert: Google Maps Hacks, 2020: Wenn Smartphone-Nutzerinnen die Lokalisierung via GPS eingeschaltet haben, dann zeigt Google Maps die Häufigkeit, in der diese Smartphones auf Straßen bewegt werden, durch den Wechsel der Farbe der Straßenlinie von grün nach orange oder rot an. Weckert zog einen Handwagen mit 99 Smartphones, deren GPS-Lokalisierung eingeschaltet war, worauf Google Maps mit dem Wechsel der Farbe zu rot für Verkehrsstau reagierte, während die Videodokumentation ihn zu Fuß auf wenig befahrenen Straßen zeigt (99 Smartphones, GPS, Google Maps, Handwagen, Videodokumentation; 3/2020).
  • Google Maps Hacks

  • Tega Brain/Sam Lavigne: Synthetic Messenger, 2021: “Synthetic Messenger“ erfasste Webseiten mit Meldungen über die Klimaveränderung. Ein Botnetz führte Clicks auf die dort eingeblendete Werbung aus. Bis 3.4.2022 – solange war das Botnetz aktiv – sollen 6.409.296 Inserate angeklickt worden sein. Webseiten mit zahlreich angeklickten Inseraten werden von Suchsystemen als erfolgreich eingestuft, weshalb dank “Synthetic Messenger“ Meldungen über die Klimakrise einen höheren Stellenwert bekamen. Brain und Lavigne führen modellhaft die Manipulierbarkeit von Suchalgorithmen vor, und dies ironischerweise an einem Fall, in dem wir es uns gefallen lassen (10/2022).
  • Synthetic Messenger

  • Ben Grosser: Tokenize This, 2021: Während Non-Fungible Tokens (NFTs) reproduzierbare digitale Dateien mit einem singulären Zertifikat versehen, liefert Grossers Webprojekt einmalige Werke aus Zahlen- und Buchstabenfolgen ähnlich denen, die bei NFTs als Signatur verwendet werden. Sobald der Tab geschlossen oder Refresh gedrückt wird, ist die angezeigte Zeichenfolge unwiderrufbar verschwunden. Sollte jemand eine der Zeichensequenzen von "Tokenize This" als Referenzdatei eines NFT verkaufen wollen, so wäre diese Datei für die/den KäuferIn unerreichbar. Grosser kehrt die Umwertungen um, die NFTs in Computerkunst bewirken: Aus dauerhaft Verfügbarem wird Einmaliges und Ephemeres, aus Exklusivem (Signatur des NFT-Zertifikats) wird eine beliebig ersetzbare Sequenz (10/2022).
  • Tokenize This

  • Peng! Kollektiv: Golden NFT, 2021: Das Peng! Kollektiv bietet Non-Fungible Tokens digitaler Werke verschiedener KünstlerInnen (via OpenSea) an, um Geld für ein Projekt zu sammeln, mit dem Europäische Pässe für ImmigrantInnen ("Goldene Pässe" für Investoren) besorgt werden. So sollen auch arme Nicht-Europäer Pässe auf dieselbe Weise erhalten, wie sie sich reiche Nicht-Europäer besorgen! (10/2022)
  • Golden NFT

  • CATPC/Martens, Renzo: Balot NFT, 2022: 306 Teilsimulationen einer 1931 im Kongo geschaffenen Holzplastik des belgischen Kolonialbeamten Maximilien Balot werden von der Kunst-Liga der Kongolesischen Plantagenarbeiter (CATPC) als Non-Fungible Tokens (NFTs) angeboten. Pro Token wird ein Hektar Plantagenland angekauft. Die Holzskulptur entstand aus Anlaß eines Aufstandes der Pende gegen das Plantagensystem von Unilever und die belgische Kolonialmacht: Der Geist des erschlagenen Balot sollte mit ihr beruhigt werden. Heute gehört die Skulptur dem Virginia Museum of Fine Arts in Richmond, das mit Renzo Martens einen Rechtsstreit um die Rechte der in der Simulation verwendeten Fotos führt (Kasprzak, Michelle: Ethical Engagement with NFTs – Impossibility of Viable Aspiration? In: Makery Media for Labs 2022) (10/2022).
  • Balot NFT

  • Kyle McDonald: Amends, 2022: Über drei Plattformen (OpenSea, Rarible, Foundation) bietet Kyle McDonald Non-Fungible Tokens (NFTs) an. Eine Organisation per Plattform profitiert von deren Einnahmen (Noris, Tradewater, Project Vesta) und kann damit ihre Reduktion der von Kohlendioxid (CO2) verursachten Umweltschäden ausführen. Der Preis der NFTs orientiert sich an einer Schätzung der CO2-Umweltschädigung (Treibhausgas) durch Ethereum (technische Grundlage des NFT-Handels). KäuferInnen können einen Plexiglaskubus erhalten, der mit einem Produkt der CO2-Reduktion einer der unterstützten Organisationen gefüllt ist, die von dem NFT-Handel profitieren. Voraussetzung ist, dass die KäuferInnen ihr NFT-Zertifikat verbrennen (NFTs, Plexiglaskuben, CO2 reduzierende Produkte, Verträge mit beteiligten Organisationen) (10/2022).
  • Amends



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