IASLonline Diskussionsforum Dieter RehmBegrüßung zum Symposium "Wiener Aktionismus und Aktionstheater in München"Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Studierende, lieber Wolfgang Flatz, lieber Alexeij Sagerer, lieber Oliver Jahrhaus, lieber Thomas Dreher Ich begrüße Sie ganz herzlich hier bei uns der Akademie München und freue mich, dass Sie, lieber Thomas Dreher, hier für uns ein kleines Symposium über Performance Kunst speziell über den Wiener Aktionismus und seinen Einfluss auf das Aktionstheater in München organisiert haben. Herzlichen Dank. Vor zwei Jahren kam ja schon einmal Kurt Petz auf mich zu mit dem Plan ein Symposium über Performance-Kunst an unserem Hause abzuhalten. Schon damals habe ich mich gefreut, dass solch Initiative von Außen an uns herangetragen wird. Gerade weil die Performance bei uns im Hause nicht sehr stark vertreten ist. Wir versuchen seit Jahren an unserer Akademie dieser Gattung mehr Gewicht zu geben, und haben ihr extra eine Gastprofessur mit zusätzlichen Mitteln des Ministeriums geschaffen. In den letzten Jahren unterrichteten bei uns Georg Kamerun, Emma Hedditch, Ceal Floyer und Andrea Fraser. Der Plan von Kurt Petz scheiterte an der Finanzierung. Thomas Dreher hat uns eine abgespeckte Version vorgestellt, die für uns finanzierbar war und die wir heute erleben dürfen. Thomas Dreher ist unter Künstlern und Kunsttheoretikern weithin bekannt für sein Buch "Konzeptuelle Kunst in Amerika und England zwischen 1963 und 1976", welches er 1988 veröffentlicht hat. Nach diesem Standartwerk für die Geschichte der Konzeptuellen Kunst, veröffentlichte er 2001 eine ebenso umfassende Untersuchung über Performance Art nach 1945. In den letzten 16 Jahren publiziert er hauptsächlich im Netz für IASLonline Lektionen in NetArt. Die Fiktionalisierung und Immaterialisierung unserer Lebenswelt, auch durch den Computer und das WorldWideWeb, hat zur einer Renaissance des Materials geführt. "Die Macht der Materialität" war 2013 das Jahresthema des interdisziplinären Studienprogramms, genannt CX, hier an der Akademie. Die Qualität der Stofflichkeit und die große Rolle, die die Taktilität in der bildenden Kunst spielt, war für uns ältere Semester immer was Selbstverständliches. Jetzt, wo sich die Welt in Pixel auflöst, rückt das Material erneut in den Fokus der Bildenden Kunst. Aber nicht nur die Dinglichkeit der Welt, sondern auch die Leiblichkeit des Selbst erfreut sich neuer Aufmerksamkeit. Dieser Hype zusammen mit der Tatsache einer niedrigen Ökonomie des Herstellens macht die Performancekunst gerade für junge Künstler attraktiv. Keine Herstellungskosten, keine Lagerprobleme, keine Abhängigkeit vom Kunstmarkt, gepaart mit einer Neugierde auf die eigene Leiblichkeit und Identität sind für viele junge Künstler evidente Gründe, die Performance zu ihrem Ding zu machen. Das heutige Symposium wird nun weniger die Aktualität der Performance als Antwort auf Internet und Kunstmarkt ausleuchten, sondern vielmehr den Wiener Aktionismus mit den weltbekannten Akteuren Günter Brus, Otto Mühl, Hermann Nitsch und Rudolf Schwarzkogler vorstellen und deren Einfluss auf die Münchner Szene nachzeichnen. Zwei Granden der Münchner Performance- und Aktionskunst, FLATZ und Alexeij Sagerer, werden nach dem theoretischen Teil, den Oliver Jahraus und Thomas Dreher bestreiten, jeweils eine Aufführung realisieren. Neben Dr. Thomas Dreher, dem Kurator dieses Symposiums darf ich Ihnen für den theoretischen Part dieses Abends Professor Oliver Jahraus vorstellen. Professor Jahraus ist Inhaber des Lehrstuhls für Neuere deutsche Literatur und Medien an der LMU und neben seinen Forschungen über Martin Heidegger, Franz Kafka und Thomas Bernhard war er auch von 1994-1995 Mitarbeiter am DFG-Projekt zur Geschichte und Theorie der Avantgarde mit dem Titel "Von der Wiener Gruppe zum Wiener Aktionismus: ein kultursemiotisches Experiment". Zu diesem Forschungsprojekt sind vier Bände erschienen, wovon der zweite Band "Die Aktion des Wiener Aktionismus" von Oliver Jahraus ist; während den dritten "Performancekunst nach 1945", wie schon erwähnt, Thomas Dreher verfasst hat. Eine weitere Koryphäe dieser Forschungsgruppe, nämlich Michael Backes, musste leider seine Teilnahme für heute aus privaten Gründen absagen. FLATZ: Café Bad Connection, Aktion "Die Krönung der Schöpfung", 14.12.2013. Theresienwiese, München. Der Künstler Wolfgang Flatz war letzten Jahres mit seiner Physical Sculpture "Die Krönung der Schöpfung" auf dem Tollwoodfestival in allen Medien. Er hat hier an der Akademie bei Karl-Fred Dahmen und Günter Fruhtrunk studiert und war Teilnehmer an der Documenta IX. Zwischen dem Spiel mit der Sensationslust des Publikums und der AutoAggression bewegen sich seine "Stücke". Sinnlichkeit, Voyeurismus und Selbstzerstörung liegen bei ihm eng beieinander. Seit 2009 sind seine Werke in einem eigenen Museum in Dornbirn in Vorarlberg zu sehen und zu erleben. Wie bei Flatz bildet das barocke Voralpenland den Hintergrund für die Kunst von Alexeij Sagerer. Oppulenz und Reaktion, Schweinebraten und Putten, CSU Mief und Mir san Mir-Gehabe zeichnen den Lebensprospekt vor dem Sagerer auftritt. Seit 1969 missioniert Sagerer mit seinem Prozessionstheater, genannt proT, die Landeshauptstadt München und bisweilen, wie bei meinem Amtsantritt, unsere Akademie. Sein Stück di dawisch fei scho ist bis heute der Ohrwurm meiner schlaflosen Nächte, was die Akademie betrifft. Das proT kombiniert Kabarett und Brauchtum und bespielt die Schwelle zwischen Bühne und Publikum. Sie merken schon wir werden heute Abend in eine sehr katholische Welt eintauchen, in der das Fleisch im Zentrum des Glaubens steht. Ich danke nochmals allen Vortragenden und Performern uns wünsche einen spannenden Abend. (Vortrag Akademie der Bildenden Künste München, 26.1.2015). Alexeij Sagerer und Zoro Babel: di dawisch i fei scho no Präsident, Akademie der Bildenden Künste München, 26.3.2010 (anlässlich der Amtsübergabe der Präsidentschaft der Akademie von Prof. Nikolaus Gerhart an Prof. Dieter Rehm).
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