IASLonline Lektionen in NetArt
Synergy Collaborative Projects
on SITO
Die Bildwelten von Webprojekten kollaborativer Bildproduktion beziehen ihre Quellen aus Fotografie, Filmanimation, Graffiti, Comics und aus Illustrationen für Science Fiction und Phantasy. Je nach Autor werden diese Quellen unterschiedlich stark gewichtet und miteinander kombiniert. Stilistisch gesehen handelt es sich um eine >Fusionskunst<, die für weitere Fusionen offen ist. Ihre Qualität liegt im Einfallsreichtum und im Raffinement der Bearbeitung von Elementen der Massenmedien und der Unterhaltung. Die Phantasie und die Kenntnis, die Koautoren im Umgang mit Software für computergestützte Bildverarbeitung demonstrieren, verweisen auf Profis, die sich neben ihren Jobs im Computer-Dienstleistungsbereich mit "collaborative art" die Zeit vertreiben.
SITO Synergy Projects in Los Angeles offerieren eine Reihe von Bildsystemen für Kollaborationen mehrerer Autoren an Bildern und Bildfolgen. Der Name entstand aus der Website "OTIS" (Operative Term is Stimulate) durch Rückwärtslesen nach Einspruch des Otis College of Art und Design in Los Angeles.
Collaborative art is messy. As with most messy endeavours, it can also be quite a lot of fun. In hushed tones, camping out
in darkly lit rooms, some will say that collaborative art is transcendent. The Synergy projects on SITO are all attempts at
bringing visualists together to create something they could never have created solo. Using the force of the Net to muscle
delicate abstractions into existence.
Für die 1993 entwickelten Projekte Revolt und Crosswire entstanden Bilder, die von verschiedenen Autoren durch mehrfache Überarbeitung von "starter images" erstellt wurden.
Das surrealistische Spiel des "cadavre exquis" wird in SITO's Corpse 1994 auf ein Internetprojekt übertragen: Verschiedene Autoren erstellen ein Vokabular aus Köpfen, Körpern und Beinpaaren bzw. aus Ober-, Mittel- und Unterteilen, das mit der Spielregel "wähle je ein Ober-, Mittel- und Unterteil" Koautoren zur Verfügung gestellt wird.
Das Prinzip der Teilung von Bildfeldern in ein Raster wird zum ersten Mal 1994 in "The SITO GRID Gallery" angewendet: Der erste Bildkreator beginnt in einem 5 x 5 Quadrate-Raster in der Ecke links unten, der nächste fährt rechts fort und die weiteren vervollständigen das Bild in einer Zick-Zack-Linie von unten nach oben, bis alle 25 Quadrate gefüllt sind.
1995 konzipiert Ed Stastny in SITO's
Gridcosm mittels CGI-Perlskript die Kollaboration der Autoren neu und verändert damit die Organisation der Bildern.
Ein 3 x 3 Quadrate-Raster ermöglicht es den Beteiligten, Bildzonen (bzw. Quadrate) zu besetzen und in einem festgesetzten Zeitraum zu bearbeiten. Anderen Autoren werden die vergebenen Bildzonen angezeigt. Bildfelder mit bereits ausgefüllten Zonen schrumpfen im folgenden weiteren 3 x 3 Quadrate-Raster auf die Größe eines Mittelquadrates, um das wiederum acht neue Quadrate ausgefüllt werden usw. Das 3 x 3 Quadrate-Raster in der Mittelzone eines Bildfeldes erlaubt es, sowohl die ganze Mittelzone anzuklicken und zum letzten Bildfeld zurückzuspringen, als auch das innerste Quadrat anzuklicken, das zum vorletzten Bildfeld zurückführt: Jedes Bildfeld schließt zwei vorangegangene Bildfelder ein.
Jeder Beteiligte trägt mit der Besetzung einer Bildzone auch Satzteile bei. Wer in dem Raster ein Feld der linken vertikalen Spalte (column A) belegt, sollte einfache "noun-based phrases" notieren, denen in der mittleren vertikalen Spalte (column B) "mid-sentence expounded thoughts" und in der rechten Spalte (column C) "end-sentence summations" hinzugefügt werden können. Diese Textteile ergeben, nachdem sie den horizontalen Zeilen des Bildfeldrasters folgend kombiniert wurden, den unter dem Bildfeld erscheinenden Text. Welcher Autor welcher Bildzone welchen Satzteil beigetragen hat, erfährt der Rezipient sowohl durch Textfenster, die sich öffnen, wenn der Cursor über die Bildzonen bewegt wird, als auch durch dahinter liegende, anklickbare Seiten, auf denen die jeweilige Bildzone mit zugehörigem Textteil und Angaben zum Autor erscheint.
Auf diesen Seiten finden sich auch "jumplists" zu weiteren Beiträgen desselben Autors in anderen Bildfeldern. Wenn ein Bildfeld für die Inklusion in das Mittelquadrat eines Bildfeldes verkleinert wird, erhält es einen Text für die mittlere vertikale Spalte (column B), der allerdings nicht als Textfenster erscheint. Alle Texte unter der Bildfeldsequenz können auch als durchlaufender Fließtext ("storybook") in der Reihenfolge abgerufen werden, die mit der Abfolge der Textteile pro Bildfeld und mit der Inklusion der Bildfelder feststeht.
In HyGrid (Programmierung ab Dezember 1995 mit laufenden Korrekturen bis November 1998, erste Beiträge ab Dezember 1995) ersetzt Stastny den Raster durch eine kreuzförmige Fünf-Quadrate-Anordnung, als handele es sich um einen aufgeklappten einseitig offenen Würfel.
Jedes Quadrat hat einen Eltern-Teil und drei Kinder (bzw. erzeugt drei neue Seiten), alternativ auch zwei Eltern und zwei Kinder. Das jeweils angeklickte Quadrat erscheint in der Mitte eines neuen Kreuzfeldes, was die Neuordnung der Eltern-Kind-Beziehungen zur Folge hat. Dieses begrenzt offene System der Rekombination kann von Partizipanten durch Anwendung einer besonderen Art der Feldbesetzung geschlossen werden: Da Teilnehmer durch "weirdlinks" ein Quadrat als Brücke zwischen zwei bis vier Quadraten einsetzen können, kann aus der infiniten Rekombination eine finale Kombination werden:
...the >HyGrid< can cinch itself off by using up all available open squares. (Stastny, in: Hannes Leopoldseder / Christine Schöpf (Hg.): Prix Ars Electronica 1996. Wien 1996, S.88)
Die den Kreuzfeldern beigegebenen zwei bis fünf Tonsequenzen können aktiviert werden. In die Soundregler kann der Höhrer eingreifen und eigene Tonfolgen hinzufügen. Ton und Bild laufen nebeneinander her, doch kann daraus ein sinnvolles Miteinander werden, wenn Rezipienten zeittypische visuelle und auditive Codes erkennen, die beide auf den Bereich computergestützter Kreativität ziwschen E und U verweisen.
Dr. Thomas Dreher
Schwanthalerstr. 158
D-80339 München.
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