IASL 98, 1+2Aufsätze (Band 1)
Der Beitrag untersucht mit drei Prosachroniken und einem gereimten Heiligenleben des eisenachischen Autors Johannes Rothe (um 1360-1434) Texte, die jeweils auch von der hl. Elisabeth erzählen. Dabei wird insbesondere nach Zusammenhängen gefragt zwischen der jeweiligen Selektion historisch-hagiologischer Wissensbestände sowie der Verwendung je spezifischer literarischer Darstellungsformen einerseits und andererseits den möglichen kommunikativen Funktionen der Texte in eng verschränkten, gleichwohl distinktiven Verkehrskreisen zeitgenössischer Rezipienten. Der Beitrag untersucht soziale Funktion und kulturelle Ordnung der Festformen Redoute und Maskenzug im klassischen Weimar. Im Vergleich eines konkreten Ereignisses, der Geburtstagsredoute für die Herzogin Luise von Sachsen-Weimar vom 3. Februar 1809,mit dem Goetheschen Text Das Römische Carneval kann das Umsetzungsverfahren von analytischer Beschreibung zu praktischer Organisation sichtbar gemacht werden. Fleißers Roman läßt sich nicht bruchlos in die Modernisierungs- und Technisierungsutopien Neuer Sachlichkeit der zwanziger Jahre einfügen. Vielmehr erzählt er auf ironisierende Weise eigentlich die Geschichte neusachlicher Konstruktionen eines historischen Ortes und legt deren Widersprüche im Hinblick auf ein Spannungsfeld von Metropole, Provinz und Geschlecht frei. Fortschrittsberichte (Band 1)
Der dritte Teil des Forschungsüberblicks stellt die Frage in den Mittelpunkt, wie literaturwissenschaftliche Adaptionen der (vor allem Luhmannschen) Systemtheorie Literatur als System sehen. Er konzentriert sich dabei auf jene Ansätze, die versuchen, eine konkrete systemtheoretisch fundierte Interpretationspraxis zu entwerfen und sich daher nicht so sehr auf das soziale, sondern auf das symbolische System Literatur zu stützen. Auf dieser Basis schließt der Überblick mit dem Vorschlag, literarische Texte als spezifische Medien zwischen Bewußtsein und Kommunikation zu konzipieren. Im vorliegenden Beitrag wird eine Reihe von neueren Ideologiedefinitionen aus dem internationalen Diskurs vergleichend dargestellt und kritisch beleuchtet. Mit Hilfe von vier Rahmungen konnten die äußerst vielfältigen Konturen des Begriffes und dessen Träger (Bewußtsein, Sprache, System und Praxis) systematisch nachgezeichnet und auf ihre theoretische Begründung hin untersucht werden. Forschungsdiskussion (Band 1)
Anläßlich Uwe Schimanks Buch Theorien gesellschaftlicher Differenzierung verfolgt der Beitrag die Genese des Differenzierungsbegriffs. Die Kategorie "Differenzierung" stammt aus der Naturphilosophie Schellings und erhält im evolutionistischen Denken des 19. Jahrhunderts einen absoluten Geltungsanspruch, den die Soziologie (Luhmann) trotz aller Kritik auch heute noch zu erfüllen sucht. Der Beitrag plädiert hingegen für eine Überführung der funktionalen Differenzierungstheorien in Fragestellungen nach funtionaler Koordination und Vernetzung. In einer betont polemischen Kritik anläßlich Ute Daniels Buch "Hoftheater. Zur Geschichte des Theaters und der Höfe im 18. und 19. Jahrhundert" fordert der Beitrag als Grundlage auch einer historisch-kulturwissenschaftlichen Beschreibung von Theater, die komplexen Bezugssysteme theatraler Prozesse mit einzubeziehen. Nur so können Fragen nach Funktion und Kontext von Theater am Hof aus der scheinbar selbstreferentiellen Institution Hoftheater herausführen. Rezensionen (Band 1)
Aufsätze (Band 2)
Für die multimedialen Arbeiten von Alexander Kluge sind Prinzipien der Textorganisation konstitutiv, die in der Literatur- und Medientheorie (im Anschluß an George P. Landow) als spezifisch für den Hypertext gelten: Integration und Wechsel verschiedener Einzelmedien, nicht-linearer Aufbau, produktive, assoziativ-blätternde Lektüre, kooperative Autorschaft im sozialen Netzwerk. Der Aufsatz liest Kluges Werk als preadaptive advance (Robert MacAdams/Niklas Luhmann) von Hypertextualität und versteht Kluges Operationsweise als Modell literarischer Autorität im Hypertext. Auf der Grundlage eines umfangreichen Textmaterials aus Büchern, Broschüren, Zeitschriften und Zeitungen untersucht der Beitrag die Meinungen der Lokalschriftsteller und -journalisten zur Stadterneuerung von Wien im 18. und 19. Jahrhundert. Dabei wird deutlich, daß ihr Urteil weniger von der urbanen Entwicklung als von der politischen Ideologie abhängt, die in der jeweiligen Epoche - Absolutismus, Josephinismus, Restauration, Neoabsolutismus und Liberalismus - herscht. Auf die Etablierung der Eisenbahn als Personenbeförderungsmittel und die vermehrten Reiseaktivitäten innerhalb Europas reagierten innovative Verleger, Buchhändler und Leihbibliothekare mit einer Vielfalt an literarischen Serviceangeboten. Seit den 1850er/1860er Jahren entstanden zahllose Reise-, Eisenbahn- und Dampfschiffbibliotheken, die das lesende Reisepublikum mit einem breiten Angebot and zeitgenössischer Unterhaltungsliteratur versorgten und deren verlegerische Konzeption den speziellen Erwartungen an die Reiselektüre, z. B. die äußere Ausstattung und die Preisgestaltung der Bändchen, gerecht zu werden versuchten. Der Beitrag zeigt, daß Elias Canetti sich zu einem typischen Karl Kraus-Verehrer stilisiert. Es werden die politischen Gründe erörtert, die Canetti für seine Bewunderung für Kraus wie seine Abwendung von ihm angibt, und es wird das Paradox untersucht, daß Canetti in seiner Schreibpraxis Kraus nachahmt, sich aber in seinem Satire- und Sprachverständnis grundlegend von ihm unterscheidet. Fortschrittsberichte und Forschungsdiskussion (Band 2)
Rezensionen (Band 2)
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