IASL 2004, 1 + 2



Band 1. Aufsätze

  • Peter-André Alt: Dramaturgie des Störfalls. Zur Typologie des Intriganten im Trauerspiel des 18. Jahrhunderts, S. 1-28.


  • In der Figur des Intriganten reflektiert das Trauerspiel des 18. Jahrhunderts die neuzeitliche Konstruktion von Individualität mitsamt den ihr eingeschriebenen Handlungs- bzw. Deutungsofferten. Ist der Intrigant zunächst nur ein Störfaktor in einer metaphysisch ausgelegten Realität, so erhebt er sich sukzessive in den Rang einer quasi-providentiellen Regieinstanz, die soziale Verhältnisse durchgreifend zu manipulieren beansprucht. Daß hinter den Aktionen des Intriganten die Zurüstungen eines frei operierenden Verstandes wirksam werden können, demonstriert das Trauerspiel vor allem dort, wo seine Taten sich von ihrem Ursprung – dem herrscherlichen Auftraggeber – zu lösen und in den Raum der Autonomie einzutreten beginnen.

  • Kai Detlev Sievers: Antialkoholismus und Völkische Bewegung. Hermann Poperts Roman Helmut Harringa, s. 29-54.


  • In dem 1910 erschienenen Roman Helmut Harringa zieht der Autor Hermann Popert, der aktiv im Guttempler-Orden mitarbeitete, gegen die sich im Zeichen der Industrialisierung ausbreitenden Alkoholsucht zu Felde. An zwei Beispielen demonstriert er die verheerenden Auswirkungen des Alkoholismus. In beiden Fällen gehören die Opfer dem "Nordlandsblut" an, dem Popert besondere charakterliche Hochwertigkeit beimißt. Sie entsprechen damit dem Idealbild von Menschen, wie sie die Völkische Bewegung vor dem Ersten Weltkrieg propagierte. Der Autor zeichnet die Zukunftsvision einer von Alkohol befreiten Welt, in der ein gesundes, starkes, freudiges und freies "Volkstum" herrscht. So sehr Popert völkischen Maximen folgt, so wenig darf übersehen werden, daß sein Roman auch in den Kontext jener Reform- und Suchbewegung innerhalb des deutschen Bürgertums jener Zeit gehört, die den Ursachen sozialer Verwerfungen nachging und bemüht war, Auswege aus einem so gravierenden Dilemma wie der Alkoholsucht aufzuzeigen.

  • Ralf Georg Czapla: Die Entfesselung des Prometheus. Erlösungssehnsucht und Geschichtseschatologie in Gedichtentwürfen des jungen Joseph Goebbels, S. 55-83.


  • Goebbels' Erscheinen auf der politischen Bühne wurde maßgeblich motiviert durch sein Scheitern als Dichter und Schriftsteller. Huldigte er in seiner Lyrik zunächst noch der Behaglichkeit einer biedermeierlichen Idylle, so wich diese, nicht zuletzt unter dem Druck von Glaubensverlust und Selbsthaß, allmählich der Vision eines geschichtlichen Heilszustandes. Seit 1924 konkretisierte sich Goebbels' zunächst noch vage Hoffnung auf einen innerweltlichen Erlöser zunehmend in der Person Hitlers, den er ab 1933 als Propagandaminister zum Mittelpunkt einer Kunst, Religion und Politik umspannenden Führermythos werden ließ.

  • Lynn Wolff: "The Mare of Majdanek". Intersections of History and Fiction in Bernhard Schlink's Der Vorleser, S. 84-117.


  • Bernhard Schlinks Roman Der Vorleser (1995) war ein internationaler Erfolg, teils wegen der spannenden, generationenübergreifenden Liebesgeschichte, teils wegen der eindringlichen Thematisierung wichtiger Fragen der Generation von "Nachgeborenen". Noch bemerkenswerter ist die literarische Darstellung Schlinks von Aufseherinnen in Konzentrations- und Vernichtungslagern. Diese Frauen stehen in Der Vorleser erstmals im Mittelpunkt eines Romans. Bisher existiert dazu nur wenig historische oder soziologische Forschung, englischsprachige Untersuchungen gibt es gut wie gar keine. Dieser Beitrag befasst sich u. a. mit dem historischen Hintergrund dieser Aufseherinnen, ihrer Ausbildung, ihren Befugnissen und ihrem Machtmißbrauch. Aufgrund der Ähnlichkeit zwischen Schlinks Romanfigur Hanna Schmitz und der Lageraufseherin Hermine Braunsteiner-Ryan befaßt sich dieser Beitrag vor allem mit ihrer Geschichte. Die Darstellung der Aufgaben und Verantwortungen der Lageraufseherinnen problematisiert auch den Analphabetismus der Hanna Schmitz, der in Schlinks Roman eine konstitutive Rolle spielt.

Schwerpunkt: Literatur und Medizin

  • Walter Erhart: Medizin – Sozialgeschichte – Literatur, S. 118-128.


  • Der Beitrag stellt die drei Aufsätze des Themenschwerpunkts "Literatur und Medizin" vor und skizziert Stationen einer möglichen Medizingeschichte der deutschen Literatur von der frühen Neuzeit bis zur Gegenwart. Im Kontext aktueller Theorien zur Wissenschaftsforschung werden Modelle einer möglichen Verknüpfung von Literatur-, Sozial-, Gesellschafts- und Medizingeschichte erörtert.

  • Simone De Angelis: Pufendorf und der Cartesianismus. Medizin als Leitwissenschaft und die Rolle der Bibelhermeneutik in Pufendorfs Verteidigung des Naturrechts um 1680, S. 129-172.


  • Die Frage, warum Samuel Pufendorf medizinisches und naturwissenschaftliches Wissen in seinen Denkhorizont einbezogen hat, wird heute – im Blick auf die Bestände seiner Bibliothek – als ein Forschungsproblem betrachtet. Der Aufsatz schlüsselt diese Frage aus der Perspektive des Faktors des "Doppelten Kappas" – der Synthese von Cartesianismus und Coccejanismus – in der Formation von Pufendorfs Denken auf. Dabei werden z. T. auch neue Quellen zur Naturrechtsdebatte ausgewertet. Im Zentrum der Verbindung von Medizin und cartesianischer Philosophie – wie sie Pufendorf feststellt – liegt der philosophische Wissenschafts- und Erkenntnisbegriff, dem die Mediziner folgten und den er auch für seine ethica civilis geltend macht. Dies zieht bei Pufendorf die bibelhermeneutische Frage nach sich, auf welche Wissensansprüche der biblische Text einzuschränken ist, ohne ihm in moralischen Fragen gänzlich Autorität abzusprechen. In der Studie werden die der Entstehung seiner >philosophischen Wissenschaft< zugrundeliegenden philosophie-, theologie- und medizingeschichtlichen Kontexte untersucht.

  • Hans-Uwe Lammel: Der Homo sacer der Aufklärung und die "Dame Medicin", S. 173-199.


  • Anhand von zum großen Teil herausragenden Neuerscheinungen der letzten zehn Jahre zur Thematik "Medizin und Aufklärung" werden in Form einer Sammelrezension die Interdisziplinarität und der Ertrag dieser Forschung vorgestellt und sich daraus ergebende Forschungsdisziplinen skizziert. Auf folgende Bereiche wird dabei ausführlicher eingegangen: Medizin als ökonomische und politische Wissenschaft; Bedingungen heilkundlicher Ausbildung; Öffentlichkeit und Zeitschrift; Körper und Sexualität; Wissenschaften vom Menschen; medizinische Alltagskultur. Schließlich wird auf die Möglichkeit eines kulturtheoretisch geweiteten Aufklärungsverständnisses aufmerksam gemacht.

  • Rudolf Käser: Wie und zu welchem Ende werden Seuchen erzählt? Zur kulturellen Funktion literarischer Seuchendarstellung, S. 200-227.


  • Literarische Darstellungen ansteckender Krankheiten werden in diesem Beitrag in einen Zusammenhang mit sozialgeschichtlichen und systemtheoretischen Ansätzen der Seuchengeschichte gestellt. Einleitend werden ausgewählte Forschungsansätze diskutiert, die den kulturwissenschaftlichen Umgang mit literarischen Seuchendarstellungen in den letzten Jahren um neue Perspektiven bereicherten. Im Anschluß daran werden Vorschläge zur (Re-)Lektüre einiger literarischer Textzeugnisse im Licht systemtheoretischer Ansätze unterbreitet. Literatur wird dabei als funktionaler Teil der Kommunikationsprozesse verstanden, durch welche das System Gesellschaft sich konstituiert und selbststabilisierend auf pathogene Irritation reagiert. Um möglichen Mißverständnissen vorzubeugen, wird abschließend versucht, den Begriff des "operativen Schemas" gesellschaftlicher Kommunikation auf methodologischer Ebene vom ontologischen Konzept "anthropologischer Konstanten" abzugrenzen.



Bd. 2. Themenheft:
Soziologie der literarischen Übersetzung.
Hg. von Norbert Bachleitner und Michaela Wolf


    Norbert Bachleitner / Michaela Wolf: Auf dem Weg zu einer Soziologie der literarischen Übersetzung im deutschsprachigen Raum, S. 1-25.

    Der einleitende Beitrag gibt einen Überblick über die vorliegenden Vorarbeiten zu einer Soziologie der literarischen Übersetzung und entwirft ein Programm zur Erforschung dieses Gebietes. Besonderes Augenmerk gilt den Verhältnissen auf dem globalen Übersetzungsfeld, der Translation als soziales Handeln, den an der Entstehung von Übersetzungen beteiligten Instanzen und AkteurInnen (Verlage, LektorInnen und AgentInnen, Förderinstitutionen, ÜbersetzerInnen) sowie den gesetzlichen Rahmenbedingungen.

    This introductory article provides an overview of the contributions to this volume which pave the way for the sociology of literary translation and it outlines a programme for the research of this issue. Special emphasis is given to the relationships on the global translation field, the phenomenon of translation viewed as a social activity, the agencies and agents involved in the production of translation (publishing houses, proof readers and literary agents, promotional institutions, translators) as well as to the legal parameters.

Instanzen des literarischen Übersetzens

  • Petra Metz: Houellebecq, Franzen & Co. Die Suche nach dem Bestseller oder Nischenprogramm? Tendenzen des Literaturimports in deutschen Verlagen, S. 26-40.


  • Übersetzungen haben auf dem deutschen Buchmarkt vor allem im Bereich Belletristik traditionell großes Gewicht. Nach einem Überblick über die deutsche Verlagslandschaft und aktuelle Entwicklungen der Buchproduktion werden beispielhaft drei verschiedene Verlagshäuser vorgestellt, die Übersetzungen für ihr jeweiliges verlegerisches Profil eine besondere Bedeutung zuschreiben: der Rowohlt Verlag, der Berlin Verlag sowie der Antje Kunstmann Verlag. Untersucht wird, wie die drei Verlage auf unterschiedliche Weise mit der besonderen Spannung zwischen einer kulturellen und einer wirtschaftlichen Logik umgehen, die diesen Teilbereich des literarischen Feldes charakterisiert. Dabei konzentriert sich der Beitrag auf den Import englisch- und französischsprachiger Literatur.

    Translations traditionally play a rather significant role on the German book market especially in the area of fiction. Against the background of an overview of the German publishing sector and current developments in book production, three different publishing houses attributing special importance to translations within the context of their own publisher's profile are presented: Rowohlt Verlag, Berlin Verlag and Antje Kunstmann Verlag. Analyses are carried out as to the way in which these three publishing houses individually handle specific tension between cultural and economic logic, which characterizes this section of the literary field. This paper concentrates on the import of English and French literature.

  • Martina Hofer / Sabine Messner: FRAU MACHT BUCH. Ein Blick auf die aktuelle Situation von Übersetzerinnen und Verlegerinnen, S. 41-51.


  • Die Leistung von Übersetzerinnen und Verlegerinnen feministischer Literatur wird in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Der folgende Artikel befasst sich mit den sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen, die feministische Literaturproduktion kennzeichnen unter Berücksichtigung von Erfahrungsberichten von Übersetzerinnen und Verlegerinnen, die Aufschluss über die aktuelle Situation im literarischen Feld geben. Es wird aufgezeigt, in welchem Ausmaß verschiedene Faktoren wie finanzielle Schwierigkeiten, schlechtes Image und fehlende Netzwerke das Entstehen genderbewusster Literatur prägen, und schließlich auf Tendenzen hingewiesen, die zur Veränderung dieser Situation führen könnten.

    The efforts and output of female translators and female publishers of feminist literature is hardly perceived in public. This paper discusses the social and economic conditions which characterize the production of feminist literature taking into account reports by female translators and publishers which reflect the current situation in the literary sector. The extent to which factors such as financial problems, poor image and missing networks shape the production of gender relevant literature is shown and tendencies which could contribute to changing this situation suggested.

  • Erna Pfeiffer: Dreiecks- und sonstige Verhältnisse im Beziehungskrimi zwischen Lektorat, Agentur und ÜbersetzerInnen, S. 52-71.


  • Dieser Beitrag gliedert sich in zwei Teile: Einerseits eine Meta-Studie, die zwischen den Zeilen der in den letzten Jahren veröffentlichten Sekundärliteratur über die Rolle von LektorInnen, AgentInnen und ÜbersetzerInnen im Literaturbetrieb zu lesen und insbesondere gender-spezifische Klischees herauszuarbeiten versucht. Andererseits sollte das Selbstverständnis von LektorInnen und AgentInnen im Bezug auf ihre Arbeit mit ÜbersetzerInnen ausgeleuchtet werden. Die Auswertung eines 2004 an einschlägig Tätige in Deutschland, Österreich und der Schweiz ausgeschickten Fragebogens zeitigte punktuell aufschlussreiche Ergebnisse, die signalisieren, dass derzeit im literarischen Feld Umstrukturierungsprozesse im Gange sind, die "Neuverhandlungen" unter den involvierten AkteurInnen implizieren.

    This contribution is divided into two parts: the first part comprises a meta-study, which attempts to read between the lines of recently written secondary literature on the role of proof readers, literary agents and translators in the production of literature and tries to focus on gender specific clichés; the second part should shed light on their self-image relating to their cooperation with translators. The evaluation of a questionnaire sent out to several proof readers and literary agents in Germany, Austria and Switzerland in 2004 illustrates that changes are under way in the literary field, which will require a "re-negotiation" among the agents involved in the translation process in future.

  • Dagmar Archan: Übersetzungspreise und Übersetzungsstipendien – Fluch oder Segen für ÜbersetzerInnen und ihre Arbeit? S. 72-84.


  • Der Artikel setzt sich zum Ziel, das Phänomen der Übersetzungspreise und -stipendien unter ausgewählten Gesichtspunkten zu hinterfragen. Den übersetzungstheoretischen Kontext liefert Pierre Bourdieus Feldtheorie. Einer Darstellung der Ist-Situation der Auszeichnungspolitik im deutschsprachigen Raum folgt die Auswertung der nach ausgewählten Parametern durchgeführten Datenerhebung. In der Folge werden einige Mechanismen, die hinter der Vergabe von Übersetzungspreisen und -stipendien stehen, sowie deren Stellung und Auswirkung auf das Arbeitsleben von ÜbersetzerInnen diskutiert. Letztendlich wird die Frage, ob Übersetzungspreise und -stipendien einen Fluch oder Segen für ÜbersetzerInnen und ihre Arbeit bedeuten, beantwortet.

    This article aims at questioning the phenomenon of translation awards and translation scholarships from a number of carefully selected angles. Pierre Bourdieu's field theory provides a strong theoretical foundation for this discussion. The current situation relating to the awarding of prizes and scholarships in German-speaking countries is presented, then the previously collected data is analysed according to selected parameters. This analysis is followed by a discussion of the mechanisms responsible for the awarding of translation prizes and scholarships, moreover their role and the consequences on the translators' working lives are explored. Finally, attempts are made to find an answer to the question, whether translation prizes and scholarships are actually a blessing or a curse for translators and their work.

  • Alfred J. Noll: Der "dienende Charakter" der Übersetzung. Zum Übersetzungsrecht in Deutschland und Österreich, S. 85-93.


  • Der Beitrag behandelt aus juristischer Sicht ausgewählte Fragen des Übersetzungsvertrages und die Rechte und Pflichten aus dem Übersetzungsvertrag. Besonderes Augenmerk werden der Abhängigkeit der Übersetzung vom Original und der oftmals strittigen Qualität der Übersetzung gewidmet. Schließlich wird auf das Problem der Änderungen der Übersetzung hingewiesen und das Namensnennungsrecht der Übersetzer dargelegt. Insgesamt wird die Werkeigenschaft der Übersetzung betont, woraus die uneingeschränkte Urheberschaft der Übersetzerinnen und Übersetzer resultiert. Diese sind nicht Urheber zweiter Klasse, sondern haben Anspruch auf konsequenten und vollständigen Urheberschutz.

    This article discusses several questions concentrating on the translator's contract and the rights and duties arising from the contract from a juridical point of view and especially focussing on the relationship between the translation and the original and the often controversial quality of translations. Finally, the problem of translation changes on behalf of the commissioner is discussed as well as the translator's right to mention her or his name. This article shows that the emphasis on the specific characteristics of a translation as an intellectual production results in the unrestricted authorship of translators. As a consequence, translators are not second class authors, but can claim full copyright protection.

Übergänge zwischen literarischem "Schreiben" und "Übersetzen"

  • "Die Übersetzung schmiegt sich an das Original wie das Lamm an den Wolf". Elfriede Jelinek im Gespräch mit Claudia Augustin, S. 94-106.


  • Übersetzen als Prozess der Aneignung und Geste der Dankbarkeit. Erich Hackl im Gespräch mit Georg Pichler, S. 107-117.


  • "Auf dem Tisch liegt die Sprache und knistert" – Schreiben und Übersetzen als poetische Herausforderung. Ilma Rakusa im Gespräch mit Nadja Grbic, S. 118-120.

Vermittlung aus verschiedenen Kulturräumen

  • Waltraud Kolb: "Noch nicht unter zu vielen Geschichten begraben". Englischsprachige Literatur aus Afrika auf dem deutschen Buchmarkt, S. 121-133.


  • Übersetzungen afrikanischer Literatur sind dank dem Engagement einiger weniger Verlage ein gut eingeführtes Nischenprodukt mit symbolischem Kapital auf dem deutschsprachigen Buchmarkt. Der vorliegende Aufsatz beschäftigt sich mit dem deutschen Übersetzungsmarkt für die englischsprachige afrikanische Literatur, mit dessen Eckpunkten wie den beteiligten Verlagen und der Rolle fördernder Institutionen sowie im Besonderen mit der Position der Übersetzer/innen, die hier stärker als im Falle großer Literaturen auch als Kulturmittler/innen auftreten. In einem angeschlossenen Interview schildert die Begründerin der Lamuv-Reihe "Black Women" die Zusammenarbeit zwischen Übersetzer/innen und Verlag.

    Translations of African literature are, due to the commitment of a few publishing houses, well introduced niche products which dispose of some symbolic capital on the German speaking book market. This paper deals with the German translation market for Anglophone-African literature and its main features such as the publishing houses involved, or the role of promoting institutions as well as the position of translators, who, within the context of this specific literary production, also act as cultural mediators. In an interview added to the paper, the female founder of the Lamuv series "Black Women" describes the cooperation between translators and publishing house.

  • Brita Oeding / Luise von Flotow: Kanadische Belletristik in Deutschland – Romane als potentielle Kulturdiplomaten, S. 134-152.


  • Dieser Artikel beleuchtet die komplexen Strukturen und Beziehungen, welche den Import kanadischer Literatur nach Deutschland beeinflussen. In Bezug gesetzt werden die kanadischen Regierungsprogramme, die diesen Transfer unterstützen, deren Ziele und Einflüsse, und wie diese mit anderen Agenten im Übersetzungsprozess interagieren. Weiterhin werden die verschiedenen thematischen Phasen des Transferprozesses über die letzten 30 Jahre untersucht, und ihre Einbettung in den deutschen sozio-kulturellen Diskurs anhand eines analytischen Überblicks über die Rezeption kanadischer Literatur in öffentlichen Printmedien lokalisiert.

    This article examines the complex network of relations and structures that affect the import of Canadian literature into Germany. It discusses the Canadian government programs that support this transfer, their purposes and impact, and the way they intertwine with other agents and influences in the translation process. Further, it reviews the different phases of the transfer process over the past 30 years, and explores the German print media coverage of the translations in order to study the images of Canada thus disseminated, and embedded in German socio-cultural discourse.

  • Nadja Grbic: Krieg als Kapital? Übersetzungen aus dem Bosnischen, Kroatischen und Serbischen ins Deutsche, S. 153-189.


  • Die Übersetzungsproduktion aus so genannten "kleineren" Sprachen und Kulturen steht aufgrund asymmetrischer Verhältnisse zwischen den Kulturen meist im Dienst der importierenden Kultur und wird häufig durch medienwirksame Ereignisse wie Buchmessen, Preise u.ä. angekurbelt. Im Falle des Imports von bosnischer, kroatischer und serbischer Literatur ins Deutsche war dies in der Vergangenheit etwa die Verleihung des Nobelpreises an Ivo Andric im Jahre 1961. Im folgenden Beitrag soll anhand der Analyse empirischer Daten zur Übersetzungsproduktion von 1980 bis 2001 versucht werden, die Rolle des Krieges in Jugoslawien in der Akkumulation von kulturellem und ökonomischem Kapital zu untersuchen.

    The translation production from so called "minor" languages and cultures is often in the service of the importing culture due to asymmetrical relations between cultures and mostly boosted through media events such as book fairs or prizes. In the case of the import of Bosnian, Croatian or Serbian literature into German speaking countries, this applies for instance to the award of the Nobel Prize to Ivo Andric in 1961. On the basis of empirical data on translation production between 1980 and 2001, this paper analyses the role of the Yugoslavian war in the accumulation of cultural and economic capital.

  • Andrea Seidler: Zeitgenössische ungarische Literatur: die große Unbekannte, S. 190-199.


  • Der Beitrag beschäftigt sich mit der Übersetzung und Distribution ungarischer – vor allem zeitgenössischer – Literatur im deutschen Sprachraum. Ungarische Literatur wurde vor der politischen Wende im Jahr 1989 außer im ehemaligen ostdeutschen Rezeptionsgebiet kaum wahrgenommen, nach 1990 erlebte sie einen unvermittelt großen Aufschwung, wobei zunächst vor allem avantgardistische, experimentierende Texte, literarische Kurzformen wahrgenommen und ausgezeichnet wurden. Erst mit Péter Esterházy, Péter Nádas und dem Nobelpreisträger Imre Kertész änderte sich dieses Bild: etablierte ungarische Autoren bestimmen derzeit den deutschsprachigen Markt.

    This article examines the translation and distribution of Hungarian, mainly contemporary literature in German speaking countries. Before the political turn in 1989, Hungarian literature was hardly perceived, with the exception of the ex-Eastern German area of reception. After 1990 this literature received a sudden fresh impetus with an emphasis on avant-garde, experimental texts and literary short forms which where awarded with various prizes. This image only changed with the translation of authors like Péter Esterházy, Péter Nádas and the Nobel Prize winner Imre Kertész: today the German speaking market is determined, among others, by well established Hungarian authors.


Teilfelder der literarischen Übersetzung

  • Wolfgang Pöckl: Zwischen Zufall und Notwendigkeit: Neuübersetzungen, S. 200-210.


  • Literaturübersetzung ist eine prestigeträchtige, aber kaum angemessen entlohnte Tätigkeit, die überwiegend von idealistischen Literaturliebhabern ausgeübt wird. Daher entzieht sich der diesbezügliche Markt auch weitgehend den Gesetzen ökonomischer Rationalität. Das Erscheinen von Neuübersetzungen ist folglich nicht immer auf evidente Bedürfnisse – wie Wiederentdeckung oder Aufwertung eines Autors/ einer Autorin – zurückzuführen, sondern oft auch auf äußerliche Anlässe wie Jubiläen oder auch schlicht auf zufällige Interessenskonstellationen.

    The translation of literature is a prestigious, but rarely adequately remunerated activity, which is carried out mainly by idealistic literature enthusiasts. For this reason, the relevant market escapes the laws of economic rationality in many respects. The publication of re-translations is therefore not always a question of specific demands - such as the re-discovering or up-grading of an author -, but is more often the result of external occasions such as anniversaries or of accidental constellations of interest.

  • Klaus Kaindl: Das Feld als Kampfplatz: Comics und ihre Übersetzung im deutschen Sprachraum, S. 211-228.

    Ausgehend von der Konzeption der Übersetzung als sozialer Praxis werden in diesem Beitrag die Bedingungen der Übersetzung von Comics im deutschsprachigen Raum untersucht. Als soziologisches Untersuchungsinstrumentarium werden dazu die von Bourdieu entwickelten Begriffe des Feldes und des Kapitals herangezogen. Ausgehend von einer Verortung des Trivialen als soziales Konstrukt wird die Einführung von Comics in Deutschland im Feld der Literatur nachgezeichnet. Die Zuweisung von Comics zum Bereich der massenliterarischen Erzeugnisse sowie das Fehlen von kulturellem und symbolischem Kapital führten zu spezifischen übersetzerischen Praxisformen, die anhand des Kauka-Verlags exemplarisch dargelegt werden.

    Based on the conception of translation as social practice, this contribution analyses the conditions underlying the translation of comics in German speaking countries. Bourdieu's concepts of field and capital are applied as the methodological framework for this analysis. The introduction of comics to the German literary field is traced on the basis of the trivial viewed as a social construct. The assignment of comics to the area of mass literature as well as the lack of cultural and symbolic capital led to specific translational forms of practice, which are discussed on behalf of the German publishing house, Kauka Verlag.

  • Georg Pichler: "Nicht nach dem Readers Digest-Prinzip". Übersetzungen in literarischen Zeitschriften. Eine Umfrage, S. 229-239.


  • Anhand von vier österreichischen überregionalen Literaturzeitschriften (Literatur und Kritik, manuskripte, Wespennest und LICHTUNGEN) wird die Bedeutung der Übersetzungen für das jeweilige literarische Programm dargestellt. Die Fragen und die sehr breit gefächerten Antworten gehen auf den Stellenwert der Übersetzungen im Rahmen der Zeitschrift ein, beziehen sich auf die Aufnahmekriterien für fremdsprachige Texte, versuchen die Wege nachzuzeichnen, auf denen die Zeitschriften zu diesen Texten kommen, und analysieren die Rolle der Übersetzer und Übersetzerinnen für die Zeitschriften.

    On the basis of four Austrian national literary magazines (Literatur und Kritik, manuskripte, Wespennest and LICHTUNGEN), the significance of the translations for the literary programme of these magazines is analysed. The questions as well as the broad and varied answers focus on the position of the translations in the context of these magazines' agendas, and discuss the criteria for the reception of translated texts. They also attempt to trace the ways in which the magazines come by these texts and analyse the role of translators for these magazines.


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