Tipp der Woche
Multimedia – der Gedanke war auch in den Sechzigern schon virulent. Allerdings waren die Ansichten darüber damals noch geteilter als heute. Man denke etwa an die wütenden Proteste des Publikums auf dem Newport Folk Festival 1965, als Bob Dylan, Heros der Klampfenspieler, plötzlich mit elektrischer Verstärkung auftrat. Die Empörung kulminierte später in dem hasserfüllten Zuruf: "Judas!" Von diesem nach dem berühmten Skisportort benannten Avantgardemagazin erschienen in sieben Jahren (von 1965 bis 1971) zwar nur zehn Ausgaben, aber die hatten es in sich, im wahrsten Sinne des Wortes: "Aspen", das waren Schachteln, in denen sich außer Fotos und Textheften auch Schallfolien und Super8-Filme befanden. (Ein Beweis, wie sinnlich konkret der Terminus "Multimedialität" in vordigitaler Zeit zu verstehen war.) Die Herausgeberin Phyllis Johnson konnte als Mitarbeiter unter anderem Roland Barthes, Samuel Beckett, Andy Warhol, Lou Reed, John Lennon & Yoko Ono und Jasper Johns gewinnen. Den Hinweis, es mit einem Best-of der Sechzigerkultur zu tun zu haben, kann man sich nach dieser Aufzählung getrost sparen. Auf der Internetseite des Kunstmagazins "Aspen" kann der Interessierte sich nun noch einmal Eindrücke davon verschaffen, wie der Gedanke des Internets allmählich Gestalt annahm, wie aber auch in seiner Entwicklung die mediale Vielgestaltigkeit verloren ging – eine gute Studie in Sachen Mediendialektik. Heute wäre ein Projekt wie Aspen als CD-ROM problemlos realisierbar. Früher war die Welt eine Schachtel, heute ist sie eine Scheibe. Die Anregung zu diesem Tipp gaben Danica Krunic und Robert Mattheis.
|