Tipp der Woche

Bert Brecht, der Fachmann für Widersprüche, urteilte streng:
"Einer der schlimmsten Fehler der Dadaisten besteht darin, daß sie ihre Werke, die sich den Anschein geben, als entstünden sie unmittelbar und für die allerwirklichste Gegenwart, drucken lassen."
(Brecht, Bertolt, Gesammelte Werke, Bd. 18, Frankfurt am Main 1967, S. 5.)

Angesichts der populärsten Erzeugnisse der heutigen Massenkultur jedoch – man denke etwa an den auch durchs Feuilleton längst geadelten, wo nicht kanonisierten Harald Schmidt und seine "Late Night Show" – liegt der Befund auf der Hand, dass Dada sich als kulturelle Praxis durchgesetzt hat, wobei Kategorien wie "unmittelbar" oder "für die allerwirklichste Gegenwart" keinesfalls mehr ins Gewicht fallen. So ist es nur legitim, dass, sich über die Brechtschen Beanstandungen hinwegsetzend, an der University of Iowa unter der Leitung von Professor Rudolf E. Kuenzli 1979 das International Dada Archive entstand, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, dem offenkundig immer noch Wirkungsmächtigen seinen Platz in der Kulturgeschichte zuzuordnen.

Das Archiv ist Teil des Dada Archive and Research Center und beinhaltet u.a. Bücher, Artikel, Manuskripte auf Mikrofilm und Video- und Soundaufnahmen; der (digital zu etwa 60 Prozent zugängliche) Zettelkatalog verzeichnet an die 47.000 Titel. Flankiert wird das Archiv von dem auf visuelle Präsentationen spezialisierten Fine Arts Dada Archive.

Ein langer, fundierter Artikel des Kurators Timothy Shipe führt den Besucher des Archivs in die Thematik ein. Daneben präsentiert der Internetauftritt einen (auf seine Fertigstellung noch wartenden) Überblick über Bibliographien zum Dadaismus, Kurz- bzw. Kürzestbiographien der dadaistischen Künstler wie zu Louis Aragon, Hugo Ball und zu Marcel Duchamp. Herzstück des Online-Auftritts sind die Rubriken Periodicals und Books, leaflets, and other ephemera. Diese bieten dem Liebhaber und Forscher die Gelegenheit, die gescannten Seiten der jeweiligen Schriften nicht nur anzusehen, sondern auch auf seinen Rechner zur genaueren Kenntnisnahme downzuloaden.

Die Anregung zu diesem Tipp gaben Danica Krunic und Robert Mattheis.
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