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Lexia to Perplexia
Talan Memmott
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Talan Memmott (*1964 in San Francisco)
nutzte während seiner "chaotischen" Kunstausbildung (1983
bis 1990) an drei kalifornischen Colleges (California
State University Fresno, San Jose State
University, San Francisco Art Institute)
nicht nur Lehrangebote über Installationen, Videos, Performance Art
und Malerei, sondern auch über Literaturtheorie, kreatives Schreiben
(bei Kathy Acker), Musik, Anthropologie und Kritische Theorie. 1987 entstand
eine Installation in Zusammenarbeit mit einem Kollegen auf Allen
Bertoldis Außenskulptur "Sidewinder" der CSU Fresno:
Die Skulptur wurde für "mehr als eine Woche" zum Aufenthaltsort.
J. Hillis Millers Idee des "parasitic criticism" stand am Anfang
der Projektentwicklung. In Memmotts Projektbeschreibung wurde daraus "Parasitic
Metagoria". Memmott begann 1987, Videofilme zu realisieren. Sein
Video-Oeuvre wurde 1991 in der Sheffield International Media Exhibition
vorgestellt. Er begann 1998, Hyperfiction Projekte zu realisieren und
gewann mit Lexia
to Perplexia (2000) The
2nd trAce/Alt-X New Media Writing Competition.
Memmott war von 1996 bis 2001 Produktionsleiter des Web Development Büros
Percepticon in San Francisco.
Für Percepticon gibt er seit Mai 1998 das BeeHive
Hypertext/Hypermedia Literary Journal heraus (ab Volume 3 mit Ted
Warnell, ab Volume 4 mit Alan
Sondheim). Seit 2001 nahm er mehrere Lehraufträge an. 2003 nutzte
er einen Lehrauftrag mit Stipendium (als "first electronic writing
graduate fellow") an der Brown University
in Providence nicht nur für einen Master of Fine Arts degree, sondern
auch für die Realisation des "Semiotic Oscillator" im dortigen
The Cave,
das mit Stereoskopbrille Betrachternavigationen in vierseitigen Projektionen
virtueller Räume ermöglicht. 2004 unterrichtet er als "first
Distinguished Visiting Graphic Designer" am Wesley
Center for New Media (Georgia Institute
of Technology) in Atlanta. Der Umzug nach Atlanta führte zur
Auflösung der in Providence gegründeten Band Television
Astronaut.
Anker
"Lexia to Perplexia"
bezeichnet Memmott als "Theory/Fiction". 1
Das Projekt thematisiert Beziehungen zwischen Betrachter/Leser 2,
Monitor und Digitalisierung mittels Textteilen, Formeln entlehnten Chiffren
und Bildzeichen.
"Lexia to Perplexia"
besteht aus zehn verlinkten Webseiten (Abschnitten), deren Quellcode in
DHTML und Javascript geschrieben ist: "...each page is excessively
layered. So, one dwells on a page." 3 Die zehn Abschnitte
von "Lexia to Perplexia" konstituieren zehn Quellcodes, die
alle Modifikationsmöglichkeiten der Monitorpräsentationen enthalten.
Cursorbewegungen und Klickaktivitäten der Betrachter/Leser bestimmen,
welche Teile jeder Seite auf dem Bildschirm erscheinen. Programmierte
Bewegungen von Elementen sind aktivierbar, nicht aber sind Elemente bewegbar.
Einige Teile öffnen sich nur so lange, wie der Cursor über die
sie öffnenden Text- oder Bildzeichen bewegt wird. Andere Teile lassen
sich nicht mehr schließen. Weitere Teile, die durch Klick- (oder
Cursor)bewegungen geöffnet werden, schließen sich häufig
nur dann wieder, wenn Klicks auf anderen Teilen (oder Cursorbewegungen
in nicht markierten Bereichen und Richtungen) dies dank Quellcode bewirken.
Bei sich übereinander öffnenden Text- und Bildfeldern können
Betrachter/Leser die Reihenfolge der Schichten nicht beeinflussen.
Deena Larsen und Richard Higgason erörtern "Lexia to Perplexia"
in "An Anatomy of Anchors" als "montage" aus "embedded",
"non distinguished", "selectively animated" "connotative
anchors" "[which] reinforce each other as they crowd over and
occlude each other." Viele dieser <Anker> werden durch farbige
Textteile markiert. Einige farbige Textteile sind keine <Anker>,
andere <Anker> sind "strictly undifferentiated". 4
Neologismen dienen Gregory Ulmer und ihm folgend
Talan Memmott 5 dazu, eine Theoriesprache für
Hypertext- und Netzerfahrungen zu entwickeln, deren auch poetologisch
interessante Seiten Memmott in seiner "Theory/Fiction" einsetzt.
Satzzeichen, die zu Bildzeichen werden, fügen eine weitere interessante
Ebene hinzu, die in Memmotts modellhafter Vorführung des Übergangs
von Hypertext (mittels Hypermedia) zu Hyperfiction für eine Brücke
zu Icons sorgt. Satzzeichen wie die beiden runden Klammern (normal und
geschweift), Schrägstriche, doppelte Gedankenstriche, Strichpunkte
und andere verknüpfen nicht nur in Monitorpräsentationen die
Textteile und Icons miteinander, sondern auch Bildschirm und Quellcode.
Text und Programmiercode durchdringen sich auf der Ebene des Quellcodes
und der Bildschirmpräsentationen in unterschiedlicher, aber aufeinander
verweisender <Form>.
"Body with Organs Elsewhere"
Memmott hat Textteile aus Zitaten von Gilles Deleuze,
Sigmund Freud, Félix Guattari, Martin Heidegger und Friedrich Nietzsche
durch mehrfache Überschreibung entwickelt. 6
In einem Textfenster zu "Minifesto 3" im Abschnitt Metastrophe:
Temporary miniFestos wird "Corpus Artaud" als "an elaboration
on the Body Without Organs as outlined by Deleuze and Guattari" bezeichnet.
Memmott bezieht sich auf das sechste Kapitel der «Mille plateaux»
von Gilles Deleuze und Félix Guattari mit dem Titel "28. November
1947 wie schafft man sich einen organlosen Körper". Dieses
Kapitel enthält Ausführungen zu Antonin Artauds verbotener Radiosendung
Pour en finir avec
le jugement de dieu. Dort sagte Artaud:
...il
n´y a rien de plus inutile qu´un organe. Lorsque vous lui
[l´homme] aurez fait un corps sans organes, alors vous l´aurez
délivré de tous ses automatismes et rendu à sa véritable
liberté.
(...es gibt nichts Sinnloseres als ein Organ. Wenn Sie ihm [dem Menschen]
einen Körper ohne Organe hergestellt haben, dann werden Sie ihn von
all seinen Automatismen befreit und ihm seine wirkliche und unvergängliche
Freiheit zurückerstattet haben.) 7
Memmott fügt Artauds Vorstellung vom "organlosen
Körper" den "<body with organs elsewhere>" hinzu,
"in reference to attachment to the Internet apparatus and the distribution
of <being> across it - - as data, as pixels, as energy..."
8
Entfernte ("remote") "<Körper mit Organen>"
sind im "hyperlobe [Internet, Netzwerke]...temporary and only accessed."
(Textfenster "Corpus Artaud") Software(-Anwendungen) und Rechneroperationen
verarbeiten Daten über Charakteristika von realen Körpern durch
Reduktion und Komprimierung:
...The abstracted and released continuum of the body is compressed,
reduced and encoded, codified...made elemental...It is the hope of communification
that we minimize the space of flesh. (Abschnitt (s)T(ex)T(s)
and Intertimacy)
"Communification" steht hier offensichtlich für die digital
vermittelte Kommunikation zwischen entfernten User-"<Körpern
mit Organen>". "Simplification" dient der Reduktion
der Datenmengen. Dieser organlose Datenverkehr verbindet Betrachter/Leser
"<mit Organen>" und begeistert/elektrifiziert ("electrification")
oder verwirrt sie. "Communification" bildet einen "Body",
der als Kommunikationsprozess in Datenströmen existiert, die User
an Terminals abrufen oder auslösen. Vielleicht existiert er auch
mental in <Communifictions> (als Neologismus-Derivat von "Communification").
"I-" und "X-Terminal"
Monitorschemata, Augen-Icons, Klammerzeichen und Textteile
kennzeichnen die Situation des Betrachters/Lesers vor dem Bildschirm.
Im Abschnitt Cyb|Organization
and its Dys|Contents Sign.mud.Fraud lassen sich auf einer vertikalen
Mittelachse zwei Monitor-Tastatur-Schemata mit der Überschrift "X-terminus"
oben und der Unterschrift "I-terminus" darunter öffnen.
Auf dieser Achse liegen auch Augen-Icons ober- und unterhalb der Terminal-Schemata.
"Eye/I"-Relationen 9 werden in den Textteilen
einem I-Terminal
zugeordnet. Als "I-Terminals" werden Computer bezeichnet, die
Beobachtern/Lesern Zugänge zu Netzwerken ermöglichen. Das X-Terminal
bilden Prozesse in und zwischen Rechnern.
Über die Sage von Nárkissos und Echó werden Betrachter/Leser
im Abschnitt The
Process of Attachement zum "bi.narrative exe.change" zwischen
entfernten, vernetzten und lokalen Körpern ("between remote
and local bodies") geführt. "I-Terminal" und "X-Terminal",
präsente und (die Daten von und über) entfernte Körper,
bilden "bi.narrative" Stränge. Das "I-Terminal"
konstituieren Relationen zwischen Beobachter-Auge ("eye") und
dem Bildschirm als Projektionsfeld des Beobachter-Ich ("I",
s. u.). Zum "X-Terminal" gehören (nicht nur, aber auch)
die Organisation der Wiederholbarkeit des Abrufs von Dateien und die Spuren,
die dieser Abruf im Netz (Serverprotokolle, Zugriffsstatistiken etc.)
hinterlässt. Die Dateien werden in den "I-Terminals", die
Beobachtern/Lesern Zugänge zum "X-Terminal" bieten, temporär
und ohne Qualitätsverlust aufbewahrt. Wenn "X-Terminal"
körperlos Körperdaten ("I-components", s. u.) an "I-Terminals"
überträgt, ist es mit der körperlosen Echó vergleichbar:
"[(I)...(X)]" (Abschnitt Cyb|Organization
and its Dys|Contents Sign.mud.Fraud).
"Self" und "Cell.f"
Hieroglyphen aus dem Umkreis des ägyptischen
Totenkultes (Osiris), Klammerzeichen und Röhrendiagramme dienen im
Abschnitt Ka
Space: encryption >book< of the dead zur Thematisierung der
Relationen zwischen "User" und "TECH.txt" 10
im "X-Terminal":
A re:collection of the original by others, elsewhere is mirrored
by the trans|missive actions of cataloged I-components becoming the per|missive
actions of a[N]other machine.
Eine "Cell.f" ist ein digitales Double
eines "Original". "These <little puppett repeats>
of the Original" (Abschnitt Exe.Termination)
vertreten reale Elemente durch substituierbare elektronische Daten. Als
Folge der Rückübersetzung von der digitalen Kommunikation in
die materielle Welt kann es vorkommen, dass auch lebende Körper behandelt
werden, als wären sie wie Daten ersetz- und austauschbar. In Memmotts
Sprache aus Neologismen und Code-Elementen "a jammed, fractured
diction full of slashes, dots and brackets" 11
liest sich das so:
Communification renders [I]dentity elemental -- dys.constructing body
with body-elsewhere, as stated elsewhere. To a certain extent this exoticizes
the I for I, for the Original, as the replication and exe.tension of
agency is replacement -- sub.stitution. The re:mote body is re:turned
in a devalued state. (Abschnitt Exe.Termination)
Die Informationen über entfernte Körper im digitalen Datenverkehr
ergeben bei Rückübersetzungen materielle Körper "in
a devalued state". Die realen Körperdimensionen vor einer digitalen
Umsetzung bleiben ein Vergleichsmaß, da Memmott die Auffassung als
Irrtum ausweist, den realen Körper als "Maske" aufzufassen:
"...even the body is a mask, a surface. This is completely false."
"Inanimate" sind die digitalen "Lexia";
die Auseinandersetzung der Betrachter/Leser mit der "Cyberorganization",
welche Rechner(prozesse) und entfernte Terminals zusammenführt, erzeugt
"Perplexia" 12, wenn digitale Daten in (Vorstellungen
von) Körpereigenschaften und in Aktionsmöglichkeiten im Realraum
rückübersetzt werden sollen. Es kann Betrachter irritieren,
wie "animated" die "inanimated" digitalen Stellvertreter
erscheinen können: "These <little puppett repeats> of
the Original are...de.parted, animated yet inanimate." (Abschnitt
Exe.Termination)
Die Animation der nicht animierten Körperdaten erleichtert den Fehlschluss,
Eigenschaften der digitalen Transformationen wie Substituierbarkeit und
Reversibilität auf reale Körper übertragen zu können.
Memmotts Konzept der "bi.narrativen" Stränge aus originalen
Körpern und Kommunikation mit und über entfernte Körper
erleichtert es, Relationen auszudifferenzieren und Fehlschlüsse zu
vermeiden.
In der Bewusstseinsphilosophie war das "self"
Geschichte konstituierend (als Subjekt der Weltgeschichte), abgrenzend
und in der Abgrenzung platzanweisend 13: "
whole as a self contained apparatus, the metahistorical I that I am that
pretends at singularity and despotism over any/every other." Das
könnte sich sowohl durch eine veränderte Konzeption des "Originals"
als auch mit und über das "We" der "communification"
ändern: "We meet as media" mit "self" in Klammern
("replaced with [I]"). (Abschnitt Exe.Termination)
Gesicht und Körper
Memmott setzt im Abschnitt Metastrophe:
Temporary miniFestos erstens den Kopf von Leonardo da Vincis Proportionsstudie
nach Vitruv und zweitens André Massons Zeichnung des kopflosen
«Acéphale» (für das Cover von Georges Batailles
gleichnamiger Zeitschrift) 14 als Bildchiffren ein,
um Relationen von Kopf und Körper zu thematisieren. Während
Leonardo Oberflächen vergleicht, indem er ideale Größenrelationen
von Körperteilen angibt, zeigt Masson die Eingeweide. Leonardo wird
beim Gesicht kleinteilig, Masson dagegen bei den Därmen im Magenbereich.
Bild 1: Talan Memmott: "Lexia to Perplexia" (2000), Abschnitt
"Metastrophe: Temporary miniFestos"
Leonardos Kopf und der «Acéphale» können unbemerkt
bleiben, wenn die fünf Manifeste ("miniFestos") nacheinander
geöffnet werden, bis die schwarze Grundfläche von grauen Textfeldern
bedeckt ist. Die beiden Bildchiffren öffnen sich auf der schwarzen
Ebene durch Cursorbewegungen über hellgrau hervorgehobene Textteile
des "Minifesto 4", das die Bildchiffren verdeckt: Die Bildchiffren
bilden eine <hinter> der Sprache liegende Schicht, vergleichbar
mit psychischen, tiefer liegenden Schichten. Cursorbewegungen über
die Überschriften "Minifesto 1" bis "5" führen
zur Schliessung aller anderen Manifestfenster und öffnen den Blick
auf die Ebene der Bildchiffren (Bild 1).
Die der Kunstgeschichte entnommenen Bildchiffren vertiefen das Thema
einer Wort-Quellcode-Kombination des Anfangs von "Lexia to Perplexia":
...the ideo.satisfractile nature of the FACE, an inverted face
like the inside of a mask, from the inside out to the screen is this same
<HEAD>[FACE]<BODY>, <BODY> FACE </BODY> rendered
now as sup|posed other (Abschnitt The
Process of Attachment).
Zuerst erscheint "FACE" zwischen "HEAD"
und "BODY" öffnenden, aber nicht schließenden <Tags>:
"FACE" gehört zu "HEAD", da es nach dessen <Tag>
erscheint, aber nicht zu "BODY", vor dessen <Tag> es plaziert
ist. 15 Dann erscheint "FACE" als Teil eines
"BODY" mit Anfangs- und Schluß-<Tag>. Die <perplex>
machenden Verhältnisse zwischen dem Körperteil "FACE[...]as
sup|posed other" und dem vom Körper abgelösten "FACE"
spielt Memmott in Codeworks und Icons durch und eröffnet Assoziationsfelder
(s. u.).
Menschliche <Körper> werden vor dem Bildschirm mit Manual
und Maus auf Kopf (Gehirn und Augen) und Hände reduziert. Memmott
thematisiert die Finger an Maus und Manual als die das Monitorbild (und
damit die Augenreize) steuernden Elemente:
The cyborganic I is pixelated, digitized at the fingertips and
the screen...our fingers, digits reach back to poke us in the eye, reaching
back toward the Original through a series of hand-offs -- playing hot
potato with the self and Cell.f. (Abschnitt Exe.
Termination)
Unbehagen
Memmott stellt im Abschnitt The
Process of Attachment diese Zusammenhänge zwischen Augen, Händen
und dem zwar physisch unteilbaren, aber kulturell segmentierten Körperganzen
in folgenden Kontext (und antizipiert damit den Titel des zweiten Abschnitts):
Cyberorganization and its Dys|Content(s)
Sign.mud.Fraud
Er modifiziert Sigmund Freuds "Das Unbehagen
in der Kultur" - im Englischen "Civilization and its Discontents".
Dort diskutiert Freud in der ersten Anmerkung zum vierten Kapitel den
"verhängnisvollen Kulturprozess" der "Aufrichtung
des Menschen" und das aus "organischer Verdrängung"
hervorgehende "Übergewicht der Gesichtsreize". 16
Will Memmott die Digitalisierung als Fortsetzung eines "verhängnisvollen
Kulturprozesses" ausweisen?
Memmotts Referenzen auf Georges Bataille und Antonin Artaud rücken
sowohl den "Kulturprozess" als auch Freuds Darstellung der Kultur
in ein kritisches Licht: Die Bedeutung des "FACE" (s. o.) ergibt
sich aus einer Sozialisation der Verdrängung von Körperbedürfnissen
und -funktionen. Diese sozialisierten "organischen Verdrängungen"
führten zur Segmentierung von Kopf und Körper. Mit der Thematisierung
einer fortschreitenden Partialisierung des Körpers bis zur Isolierung
des Auges, das als Bildchiffre mehrfach wiederkehrt, wird eine von Bataille
in «L´Histoire de l´oeil» (1928) thematisierte
Tabu-Transgression des "Lust-Ich" vorgeführt: Die Relation
"eye/I" wird zur Chiffre für Relationen zwischen "verhängnisvolle[m]
Kulturpozess" und Transgression, zwischen "Übergewicht
der Gesichtsreize" durch Verdrängung anderer Sinne und freigesetztem
Blickbegehren, das den Anfang von weiteren Tabuüberschreitungen bilden
kann. Artauds Vorstellung vom "organlosen Körper" (s. o.)
ist ein Plädoyer für eine Befreiung der Imagination aus "organischen
Verdrängungen" beziehungsweise sozialisierten Segmentierungen
des Körpers.
Die "Cyberorganization" ändert die Problemkonstellationen
der Sozialisation durch Relationen zwischen "I-Terminal" und
"X-Terminal", ohne "das Unbehagen" ("Dys|Content")
aufzulösen: User entkommen in hybriden Lebensweisen zwischen "Communification"
(s. o.) mittels digitalisierter Zeichen ("Sign") und der sozialen
Welt mit präsenten <Körpern mit Organen> nicht dem "mud"
des verdrängten Seelenlebens (und der Wiederkehr des Verdrängten)
und erkennen oder unterliegen trügerischen ("Fraud") Mehrdeutigkeiten.
Mit diesen Mehrdeutigkeiten können sie jedoch
anders leben als mit "organischer Verdrängung". Die Eingeweide
des «Acéphale» und das im Abschnitt Cycl(ad)ic
Trading: The Minoan Network gezeigte und erläuterte minoische
Labyrinth sind aufeinander beziehbar: Das Labyrinth ist nicht nur Bauwerk,
sondern auch Körperinneres und <Bild> innerer Erfahrung. Der
kopflose «Acéphale» erscheint im Abschnitt Metastrophe:
Temporary miniFestos in einem Dreieck unten, während in einem
Kreis an dessen Spitze Leonardos Kopf auftaucht (Bild 1). Bataille entwirft
die Pyramide als den objektivierenden, die innere Erfahrung verneinenden
Weg aus dem Labyrinth: Der versuchte rationale Weg aus dem Labyrinth erst
lässt Letzteres als Gefängnis erscheinen. 17
Memmotts Konstellation der Bildchiffren provoziert eine Deutung vor dem
von Bataille gelieferten Hintergrund.
Das minoische Handelsnetzwerk skizziert Memmott im Abschnitt Cycl(ad)ic
Trading: The Minoan Network in einem zur Beschreibung eines digitalen
Netzwerks springenden und gleitenden Text ebenso wie in Bildschichten,
welche die beiden Netzwerkebenen verschränken. Von der Verdrängung
zur Öffnung labyrinthischer Innenwelten in und durch soziale und
digitale Netzwerke: Das Labyrinth wird als Handelszentrum des minoischen
Netzwerks ("central processing location for the Minoan Network")
wie als "macroprocessor" und Element einer "connectivity"
von "terminal to terminal" vorgestellt.
From "The eye/I" to "(s)T(ex)T(s)"
Die Texte des letzten Abschnitts Exe.Termination
sind nur teilweise lesbar, weil sie von anderen Textteilen sowie von Satzzeichen,
Röhrenquerschnitten, Augen (als Bildzeichen), Dateizeichen, Balken
und anderem überlagert werden. Der Quellcode präsentiert diese
Textteile unverstellt. Betrachter/Leser können nach vergeblichen
Versuchen, die Monitorpräsentation so zu modifizieren, dass die Textteile
lesbar werden, zum Quellcode wechseln: Die Monitorpräsentation weist
auf die Animationsanweisung zurück, die sie hervorbringt.
Betrachter können versuchen, durch Mausoperationen die Modifikationen
der Monitorpräsentation mit ihrem Blickbegehren zu koordinieren.
Die Monitorpräsentationen können als Rückprojektionen von
"I"-Imaginationen erscheinen:
The inVention at the screen, my screen,
my face looking back at myself is the signal of successful attachment.
[...]
The screen[...] is the seductive force that draws us to touch the medial
unit[...] -- a true surface -- is transmuted into something seemingly
fleshy. At least porous... (Abschnitt Exe.
Termination) 18
Jacques Lacan hat Relationen zwischen Auge, Vorstellung,
Bild und abgebildetem Objekt als sich überlagernde Dreiecke vorgestellt.
19 Memmott thematisiert die Blickrelationen zwischen
Betrachter/Leser und Monitorpräsentation im Abschnitt (s)T(ex)T(s)
and Intertimacy mittels schematischer Augendarstellungen und Überlagerungen
von Umrissen eines typisierten Bildröhrenquerschnitts, die als modifizierte
Dreiecke lesbar sind.
Bild 2: Talan Memmott: "Lexia to Perplexia" (2000), Abschnitt "(s)T(ex)T(s)
and Intertimacy"
Die Röhrenquerschnitt-Überlagerungen wiederum
überlagern die Buchstaben, die sich zum Begriff "Exit"
formieren. 20 "Exit" erscheint zwischen zwei
Augen links und rechts. Die Augen verbinden Linien, die von einer geraden
Horizontlinie durch wellenförmige Krümmungen abweichen. Diese
horizontale Achse bildet eine Ebene über/auf den Röhrenquerschnitten.
Das Spiegelverhältnis, das um die vertikale Mittelachse zwischen
den Augen und sich überlagernden Röhren/Blickrelationen nicht
ohne Abweichungen besteht, wiederholt sich in der Formel "(s)T(ex)T(s)",
die unter dem Begriff "Exit" erscheint (und dem Abschnitt den
Titel gibt; Bild 2). Diese Formel kann unter anderem so aufgelöst
werden: "s" steht nicht nur für "subject/self",
sondern auch für "sequence"; "T" steht nicht
nur für "text", sondern auch für "temporary".
Der temporär modifizierbaren Monitorpräsentation des Textes
"T" liegt ein (gespeicherter oder ebenfalls temporär geladener)
Quellcode-Text "T" zugrunde, der die Bildschirm-Modifikationsmöglichkeiten
enthält: "T"emporär aus/"(ex)T". Die Formel
"(s)T(ex)T(s)" steht offensichtlich für das, was "Lexia
to Perplexia" zugleich vorführt und beschreibt: Textfolgen (Sequenzen
"s" von "T") auf dem Monitor sind in der Zeitdimension
("T"emporary) von Betrachtern/Leser/Subjekten "s"
durch Mausoperationen so modifizierbar, wie sie vom Autor/Subjekt "s"
programmiert und vom Rechner nach dem Code-Text "T" ausführbar/<executable>
sind: <(s)T(ex[e])T(s)>.
"Technotext"
Die Reduktion medienspezifischer
Charakteristika in Konzeptueller
(Text-)Kunst um 1970 wird im ebenfalls selbstbezüglich reflexiven
"Technotext" 21 "Lexia to Perplexia"
von einer exemplarischen Vorführung bestimmter medienspezifischer
Möglichkeiten abgelöst. Die Monitorpräsentationen der reflexiven
Textteile sind im zehnteiligen Quellcode von "Lexia to Perplexia"
als <Conceptual Performance> organisiert. 22 Relationen
zwischen Konzept und Präsentation erhalten in Netzprojekten auch
als Relationen zwischen Quellcode und Monitorpräsentationen neue
Bedeutungen. Die Thematisierung dieser Relationen führt nicht mehr
zu <armen>, Kunstbedingungen konzeptualisierenden Präsentationsformen,
sondern durch Involvierung des Betrachters/Lesers zur Auslotung von Teilbereichen
der äußerst vielfältigen Programmier- und Präsentationsweisen.
Gary Hink lehnt N. Katherine
Hayles´ Begriff "Technotext" ab, weil sie in "Writing
Machines" einen Hypertext-Begriff zugrunde legt, der Theodor Holm
Nelsons Kriterium der Nicht-Übersetzbarkeit in Druckmedien nicht
folgt. Hayles plädiert dennoch für eine Differenzierung der
"Materialität" beziehungsweise der Mediencharakteristika.
23 Allerdings können Eigenschaften eines Mediums
in anderen Medien sowohl in möglichst ähnlichen als auch in
modifizierten oder konterkarierten Formen wiederkehren. 24
Memmott integriert Verfahren literarischer Avantgarden, die für Druckmedien
entwickelt wurden; er wirft durch seine digitale Transformation ein neues
Licht auf die dort antizipierten hybriden Textformen zwischen Theorie
und Experiment (z. B. Kurt Schwitters, Oswald Wiener) sowie auf deren
Leseraktivierung durch typografische Experimente wie ungewöhnliche
Flächenaufteilungen und Kombinationen von Zeichenformen mit Bildzeichen.
Memmott thematisiert Monitor,
Maus und Manual des "I-Terminal" als Interface zum "X-Terminal".
Er verbindet die "Interface"-Debatte der neunziger Jahre, in
welcher der Zugang zur virtuellen Welt und der Umgang mit ihr in Realräumen
unter anderem in reaktiven Installationen modellhaft thematisiert wurde
25, mit der älteren, aber für Internetanwendungen
aktualisierten Hypertext-Diskussion. 26 Mit seinen browserabhängigen
Bildschirmansichten und Quellcodes aktualisiert und verknüpft Memmott
in "Lexia to Perplexia" diese Fragestellungen im Rückgriff
auf Klassiker wie Artaud, Bataille, Freud und Lacan. Mittels dieser Rückgriffe
gelingt es Memmott Betrachtungs- und Leseprozesse unter Bedingungen der
Telekommunikation, Digitalisierung und Vernetzung in überraschenden
Facetten zu reflektieren. Der Rezipient erfährt im Dechiffrieren
sozialpsychologische Aspekte, die skizzenhaft expliziert werden. Das Werk
ist zugleich Modellfall (Pragmatik) und rudimentäre Erklärung
des Falls (Konzeptualisierung).
Dr. Thomas Dreher
Schwanthalerstr. 158
D-80339 München.
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zahlreichen kunstkritischen Texte, u.a. zur Konzeptuellen Kunst und Intermedia
Art.
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given to the author and IASL online.
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Sie uns eine E-Mail.
Anmerkungen
1 Amerika, Mark: active/on Blur: an interview with Talan
Memmott. In: trAce Online Writing Centre. trAce/Alt-X New Media Competition,
January 2001. URL: http://trace.ntu.ac.uk/
newmedia/ interview.cfm (5.7.2004).
Viele der oben erwähnten biographischen Daten sind neu und wurden
von Memmott geliefert (e-mail 30.10.2004). zurück
2 Begriffe wie Betrachter, Leser, Rezipient, User u.
a. stehen auch für die femininen Formen Betrachterin, Leserin, Rezipientin,
Userin u. a. Dies geschieht aus praktischen Gründen, weil Alternativen
wie "der/die BetrachterIn" Sätze besonders dann unlesbar
machen, wenn die maskulin/feminin-Varianten mehrfach in einem Satz durchgespielt
werden müssen. zurück
3 Amerika, Mark: active/on Blur, s. Anm.1. zurück
4 Larsen, Deena/Higgason, Richard E.: An Anatomy of
Anchors. Primary References, Commentary [43]. International ACM Conference
on Hypertext and Hypermedia 2004. In: URL: http://www.sigweb.org/
conferences/ ht-conferences-archive/ht04/ hypertexts/ larsen/ flash/ memmott/
index.htm (31.7.2004).
Luesebrink, Marjorie C.: Of Tea Cozy and Link. In: Electronic Book Review.
Vol.3, 8.3.2003. URL: http://www.electronicbookreview.com/
v3/ servlet/ ebr?essay_id= luesebrink& command= view_essay (3.7.2004):
"Talan Memmott uses the mouseover as ongoing <Or>..."
zurück
5 Greg Ulmer zeigt im Gespräch mit Talan Memmott,
wie er Neologismen in der Analyse von Eigenschaften des Internet verwendet,
in: Memmott, Talan: Toward Electracy: a conversation with Greg Ulmer.
In: BeeHive. Vol.3/Issue 4, December 2000. URL: http://beehive.temporalimage.com/
content_maps/ 34a.html (8.7.2004). zurück
6 Hayles, N. Katherine: Writing Machines. Cambridge/Mass.
2002, S.54.
Die Themen der "Theory/Fiction" "Lexia to Perplexia"
kehren in anderen Arbeiten in modifizierter Form wieder: "The piece
is part of a larger group of works...which include Reasoned
Metagoria [1999], A
Machicolated Body [1999], Delivery
Machine 01 [1998], and Delimited
MEshings [2001]..." (Talan Memmott, Log of chat, 4.2.2001. In:
trAce/Alt-X New Media Competition. URL: http://trace.ntu.ac.uk/
newsmedia/ talanslog.cfm (3.8.2004)). zurück
7 Artaud, Antonin: Pour en finir avec le jugement de
dieu. Aufnahmestudios der Radiodiffusion Française, Paris, 22.-29.11.1947/CD
sub rosa, Brüssel 1995; Artaud, Antonin: Pour en finir avec le jugement
de dieu. Paris 1948/2003, S.21-61, Zitat S.61 (Text auf deutsch in: Artaud,
Antonin: Schluß mit dem Gottesgericht. In: Ders.: Schluß mit
dem Gottesgericht. Das Theater der Grausamkeit. Letzte Schriften zum Theater.
München 1980, S.7-29, Zitat S.29); Deleuze, Gilles/Guattari, Félix:
Tausend Plateaus. Berlin 1992 (i.O.m.d.T.
Mille plateaux. Paris 1980), S.205-227. Vgl. Über Artauds Konzeption
des "organlosen Körpers": Deleuze, Gilles/Guattari, Félix:
Anti-Ödipus. Kapitalismus und Schizophrenie I. Frankfurt am Main
1977 (i.O.m.d.T. L´Anti-OEdipe. Paris, nouvelle édition augmentée
1972), S.421f; Deleuze, Gilles: Anti-Oedipe et Mille Plateaux. Cours Vincennes
- 15/02/1972. In: Les Cours de Gilles Deleuze. URL: http://www.webdeleuze.com/
php/ texte.php?cle= 156&groupe= Anti%20 Oedipe%20 et%20Mille%20Plateaux&langue=1.
zurück
8 Amerika, Mark: active/on Blur, s. Anm.1. zurück
9 "eye/I": Abschnitt Metastrophe:
Temporary miniFestos, Minifesto 5, Fenster zu "Solipstatic Original".
Vgl. "I.eye" in Abschnitt Cyb|Organization
and its Dys|Contents Sign.mud.Fraud. Zur Vorgeschichte: Roughley,
A. R.: Textual Surveillance: The Double Eyes (and I´s) of George
Bataille´s "Story of the Eye". In: Rhizomes. Issue 6,
May 2003. URL: http://www.rhizomes.net/
issue6/ roughley.htm (8.7.2004). zurück
10 Talan Memmott, in: Amerika, Mark: active/on Blur,
s. Anm.1: "Osiris of Egyptian mythology is more accurately named
Ausere. In a simple, frivolous manipulation of the name you come up with
<A user>." zurück
11 Shelley, Jackson: Judge´s Remarks. In: trAce
Online Writing Centre. trAce/Alt-X New Media Competition, January 2001.
URL: http://trace.ntu.ac.uk./
newmedia/ remark.cfm (5.7.2004).
Vgl. Hayles, N. Katherine: Writing Machines, s. Anm.6, S.50: "He...creates
a CREOLE discourse compounded from English syntheses. (A creole, unlike
PIDGIN, is not an amalgam but a new language that emerges when two different
language communities come into contact.)" zurück
12 "Lexie": "große Leseeinheit"
(Barthes, Roland: Elemente der Semiologie. Frankfurt am Main 1983 (i.O.m.d.T.
Éléments de sémiologie. In: Communications 4/1964,
chap. II.2.3.), S.40. Vgl. Barthes, Roland: S/Z. Frankfurt am Main 1987
(i.Om.d.T. S/Z. Paris 1970), Kap.VII, S.18)
"Lexia": Landow, George P.: Hypertext. The Convergence of Contemporary
Critical Theory and Technology. Baltimore/Maryland 1992, S.4,7,11,23.
"Perplexia": Talan Memmott, in: Amerika, Mark: active/on Blur,
s. Anm.1: "There is a confusion of ontological, literary, and technical
application perplexia." zurück
13 Vgl. Habermas, Jürgen: Moralbewußtsein
und kommunikatives Handeln. Frankfurt am Main 1983, S.9ff.; Ders.: Der
philosophische Diskurs der Moderne. Zwölf Vorlesungen. Frankfurt
am Main 1985, S.29f.,350,353,356f. zurück
14 Leonardo da Vinci: Der
Mensch des Vitruv, ca. 1490, Venedig, Accademia. In: Chastel, André
(Hg.): Leonardo da Vinci. Sämtliche Gemälde und die Schriften
zur Malerei. München 1990 (i.O.m.d.T. Léonard da Vinci. Traité
de la peinture. Paris 1987), S.291ff.
Acéphale: Bataille, Georges:
Acéphale n° 1 à 5, 1936-1939. Paris 1995. Vgl. "Mapping
The Acephale" mit Beiträgen von John Attebury, David J. Beaulieu,
George Dunn, Talan Memmott, Don Socha. In: BeeHive. Vol.1/Issue 1, May
1998. URL: http://beehive.temporalimage.com/
content_apps/ mapping/ introduction/ ace_ chooser.html (8.7.2004).
zurück
15 Hayles, N. Katherine: Writing Machines, s. Anm.6,
S.52. zurück
16 Talan Memmott, in: Amerika, Mark: active/on Blur,
s. Anm.1: "...the {FACE},FACE is the result of some thick premediation
of an appropriated fragment from Freud´s <Civilization and its
Discontents>."
Freud, Sigmund: Das Unbehagen in der Kultur. Leipzig/Wien/Zürich
1930, Kap. IV, Anm.1 (Neu in: Ders.: Das Unbehagen in der Kultur und andere
kulturtheoretische Schriften. Frankfurt am Main 1994, S.64f.). zurück
17 Bataille, Georges: Le labyrinthe (1935-36). Neu
in: Bataille, Georges: Oeuvres complètes. Vol. I. Paris 1970, S.433-441;
vgl. Vol. V. Paris 1973, S.97ff. Das Labyrinth bei Georges Bataille und
André Masson: Hollier, Denis: Against Architecture. The Writings
of Georges Bataille. Cambridge/Massachusetts 1989, S.xii, 57-73; Wilk,
Michael: Within the Labyrinth (9.1.2003). In: McGill School of Architecture,
Montreal. History and Theory Graduate Studio 1996. URL: http://upload.mcgill.ca/
Architecture-theory/ 9597wilk.pdf (12.7.2004).
"Transgression": Bataille, Georges: Oeuvres complètes.
Vol. VIII. Paris 1976, S.75-103,265-270,375ff.; Foucault, Michel: Préface
à la transgression. In: Critique. August-September 1963, S.751-769
(auf deutsch in: Ders.: Schriften zur Literatur. Frankfurt am Main 1988,
S.69-89). zurück
18 Zur Rückprojektion: Lacan, Jacques: Le séminaire,
Livre XI: Les quatre concepts fondamentaux de la psychanalyse. Paris 1973,
S.79: «Ce regard que je rencontre...est, non point un regard vu,
mais un regard par moi imaginé au champ de l´Autre.»
Als «Le champ de l´Autre» kann Betrachtern/Lesern in
"Lexia to Perplexia" die modifizierbare Monitorpräsentation
erscheinen: Vgl. "the re:turned object" als Textteil vor der
Bildschirmlinie eines Röhrenquerschnitts im Abschnitt Ka
Space: encryption >book< of the dead.
Zum "porösen" Körper, in den sich die Monitorpräsentation
in der Imagination verwandeln können soll: Gilles Deleuze entwirft
in «Logique du sens» (Paris 1969) "die drei ersten Dimensionen
des schizophrenen Körpers": "Sieb-Körper, zerstückelter-Körper
und abgetrennter-Körper." (Deleuze, Gilles: Logik des Sinns.
Frankfurt am Main 1993, S.115f.). Wenn die Monitorpräsentation dem
Betrachter als (oder wie ein) "porös" gewordenes/werdendes
Stück Haut und/oder Fleisch erscheint, dann entspricht sie dem "Sieb-Körper".
zurück
19 Lacan, Jacques: Le séminaire, s. Anm.18,
S.85,97.
Über die Relationen zwischen Monitorbild, dort erscheinendem Röhrenquerschnitt
und Lacans Diagramm aus sich überlagernden/durchdringenden Dreiecken
äußert Talan Memmott, in: Amerika, Mark: active/on Blur, s.
Anm.1: "In <Lexia> I think I insinuate this [placing the gaze
on both sides] by the heavy horizontal of the interface -- plus, there
are a few direct diagrammatic references to the Lacanian diagram."
zurück
20 "Exit": zum Beispiel "ex it",
aus "Es", als Weg vom "Es" zum "Ich", vom
Unbewussten zum Bewussten. Vgl. Victor Burgins "xit!" in "Park
Edge", 1987, in: Dreher, Thomas: The Shadow of the Watchman
or: Memory Operations. Kap. Park Edge (1993). URL: http://dreher.netzliteratur.net/
3_Konzeptkunst_Burgin_Mem.html. zurück
21 Über die die (Unmöglichkeit der) Reduktion
der ästhetischen Seite konzeptueller Präsentationsformen: Dreher,
Thomas: Konzeptuelle Kunst in Amerika und England zwischen 1963 und 1976.
Dissertation Ludwig-Maximilians-Universität. München 1988/Frankfurt
am Main 1992, S.154ff.; Tragatschnig, Ulrich: Konzeptuelle Kunst. Interpretationsparadigmen;
ein Propädeutikum. Berlin 1998, S.21-25.
"Technotext": Hayles, N. Katherine: Writing Machines, s. Anm.6,
S.25,29,32f. zurück
22 Vgl. imnotatfault: Internet Writing & Society
Position Paper 6. (5.3.2004). In: URL: http://caxton.stockton.edu/
imnotatfault/ 2004/03/05#a100 (28.7.2004) über die Art, wie die
Performativität der Monitorpräsentationen im Quellcode von "Lexia
to Perplexia" angelegt ist: "Lexia to Perplexia is definitely
a hypertext. One could never realistically transfer its reading experience
into print. Narrative plays a big part in the work, even though a good
portion of the text can sometimes be rendered obscure or even unreadable,
but computation does not. Hypertext theorist Gary Hink [s. Anm.23] asserts
that there is no computational level to Lexia. All ten sections exist
from the beginning and the variable computation that Aarseth discusses
[Aarseth, Espen J.: Cybertext. Perspectives on Ergodic Literature. Baltimore
1997, S.75] does not come into play." zurück
23 Hayles, N. Katherine: Writing Machines, s. Anm.6,
S.17-45.
Hink, Gary: Reading Journal 6: Materiality of Caxton. In: http://caxton.stockton.edu/
Juxtaposition/ discuss/ msgReader$93 (19.7.2004).
Nelson, Ted: Computer Lib/Dream Machines. South Bend 1974. Neu in URL:
http://sunahweb.com/
wilbur/ demo/ xanadu.shtml. zurück
24 Hayles kontextualisiert gedruckte literarische Projekte
in einer von elektronischen Medien geprägten Medienlandschaft: "In
the tangled web of medial ecology, change anywhere in the system stimulates
change everywhere in the system." (Hayles, N. Katherine: Writing
Machines, s. Anm.6, S.33) zurück
25 Dreher, Thomas: Kontextreflexive Kunst: Selbst-
und Fremdbezüge in intermedialen Präsentationsformen. In: Weibel,
Peter (Hg.): Kontext Kunst. Kunst der 90er Jahre. Köln 1994, S.102-107
(Jeffrey Shaw, Peter Weibel). zurück
26 Ziegler, Henning: When Hypertext became uncool.
Notes on Power, Politics, and the Interface. In: Dichtung-Digital
Journal für digitale Ästhetik, Jg.5, Nr.27, 1/2003. URL: http://www.dichtung-digital.org/
2003/ issue/ 1/ ziegler/ (2.8.2004). zurück