Tipp der Woche

Die ersten E-Zeitschriften ziehen Bilanz. Das Journal of Artificial Intelligence Research (JAIR), "one of the first scientific journals distributed over the Web" bringt zum Fünfjährigen eine lehrreiche Rückschau: JAIR at Five.

JAIR bietet den Musterfall einer ebenso erfolgreichen wie vorsichtigen Redaktionspolitik. "Electronically-enabled features that JAIR has adopted (permanently or experimentally) include:

  • free distribution,
  • expanded scientific content, including the publication of source code, data, and demonstrations,
  • search tools,
  • avenues for reader feedback and discussion, and
  • fast publication of results and mutiple distribution channels.
"JAIR exemplifies the community-run, or »grass-roots«journal" – eine Zeitschrift von Wissenschaftlern für Wissenschaftler, die umsonst auf dem Netz angeboten wird. Die Wissenschaftler arbeiten ohne Honorar, die Kosten für die Redaktion werden von den Institutionen (Universitäten, Labors) getragen, in denen die Forscher tätig sind. Die Einrichtung der Texte geht zu Lasten der Autoren, die Elektronik läßt Publikations- und Distributionskosten auf ein Minimum schrumpfen. JAIR verfügt über "a web-based automated workflow system for managing the journal's review and publication processes", so daß die Redaktionsarbeit sich auf eine Stunde pro Tag reduziert. Ausgefeilte "Search Tools" entwickelten Spezialisten unter den Lesern.

Zum erfolgreichen Start trugen die Wahl des Formats und die parallele Druckversion von Morgan Kaufmann Publishers bei:

Selecting PostScript as the definitive format rather than HTML enabled us to make the hardcopy version of the article identical to the electronic version. This decision had the desirable effect that printed JAIR articles habe a standard appearance, and look just like reprints from traditional paper journals.
Mit dieser Entscheidung werden allerdings Möglichkeiten des Netzes verspielt. Scheiterten deshalb die Versuche, den Leser in eine Kommunikation einzubinden? So sieht es jedenfalls Tony Barry (Mailingliste arl-ejournal, 3. Juni 99), ein Pionier wissenschaftlicher E-Kommunikation (vgl. den archivierten Tip zu Library Link):
I suspect this is because the journal is an artificial construct. Trying to add discussion to it is getting the tail to wag the dog. The discussion and intellectual too and fro in the academic community is the »dog«. The result of the discussion, published papers, is the tail.
Andere Zeitschriften wie Earth Interactions haben sich zu "reactive e-journals" entwickelt. Wahrscheinlich muß man die Form der Druckzeitschrift, mit ihren periodisch erscheindenden Heften, zugunsten vernetzter Diskussionen aufgeben, um die Chancen von Fachgesprächen im neuen Medium voll nutzen zu können. Dafür spricht der Erfolg von Psycoloquy – einer reinen E-Zeitschrift, die bereits im Titel auf das Programm hinweist, mit der Netz-Pioniere wie Stevan Harnad ihre Vorstellungen verwirklichten. Derzeit konkurrieren somit mehrere Modelle von wissenschaftlichen E-Zeitschriften.

Die Anregung zu diesem Tip gab Georg Jäger. Wollen Sie dazu Stellung nehmen oder einen eigenen Tip geben? Dann schicken Sie uns ein E-Mail.

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